27.000 Menschen in Österreich nicht krankenversichert

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27.000 Menschen sind in Österreich nicht krankenversichert. Der vergleichsweise kleinen Zahl stehen täglich erschütternde Situationen gegenüber, in denen die Wiener Initiative AmberMed (Diakonie in Kooperation mit dem Roten Kreuz) medizinische Hilfe, Beratung und Unterstützung bietet. Darauf verwiesen am Mittwoch AmberMed-Proponenten bei einer Pressekonferenz in Wien.

„Es gibt in Österreich Menschen, die unversichert sind. Warum? Das ist sehr vielfältig. Einige waren in Österreich nie krankenversichert, die meisten weisen temporäre Versicherungslücken auf. Kinder sind meist mit ihren Eltern mitversichert. Wenn die nicht versichert sind, sind es die Kinder auch nicht“, sagte AmberMed-Leiterin Carina Spak. Morgen, Donnerstag, ist Welttag der sozialen Gerechtigkeit.

AmberMed hat ambulant mit ehrenamtlichen Mitarbeitern im vergangenen Jahr 8.279 Behandlungen für nicht Krankenversicherte gewährleistet. Das bedeutete Hilfe für 3.312 Patienten, von denen 1.749 zum ersten Mal diese Unterstützung beanspruchten. 485 der Betreuten waren unter 18 Jahre alt, knapp 200 unter sechs Jahre. Hier schlage die Armut der Eltern direkt auf die Kinder durch.

„Man kann einen Menschen mit einer feuchten Wohnung mit Schimmel genauso töten wie mit einer Axt“, sagte Sozialexperte und stellvertretendere Diakonie-Direktor Martin Schenk. „Die Tatsache, dass wir in einem so reichen Land wie Österreich rund 400.000 arme und armutsgefährdete Kinder haben, ist eine Schande. Wir wissen, dass armutsgefährdete Kinder kränker sind und kränker werden. Die Ärztekammer fordert eine Stärkung des Gesundheitswesens. Wir geben 10,3 Prozent vom BIP für Gesundheit aus. Das sind umgerechnet vier Milliarden Euro weniger als Deutschland und acht Milliarden Euro weniger als die Schweiz“, betonte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Thomas Szekeres. Man müsse mehr Geld in die Hand nehmen, um auch den Ärmsten zu helfen.

AmberMed, auf die Mitarbeit vieler ehrenamtlich tätiger Ärzte angewiesen, ist dabei täglich erschütternden und für Österreich wohl inakzeptablen Situationen Hilfsbedürftiger konfrontiert. Die ärztliche Leiterin Monika Martal, eine Gynäkologin, schilderte einige Fälle. So hätte man nur aus Spenden die Versorgung eines Babys nach anonymer Entbindung und Freigabe zu Adoption mit einer angeborenen Hüftdysplasie gewährleisten können. Der Grund: Bis zur Abwicklung der Adoptionsbürokratie sind solche Kinder in Österreich nicht krankenversichert.

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Ein zweiter Fall betraf eine junge Asylwerberin, die schwanger wurde. Dann stellte sich bei der Mutter-Kind-Pass-Untersuchung auch noch eine HIV-Infektion heraus. Über die Aids Hilfe konnte sie medikamentös eingestellt werden. Wiener Krankenhäuser hätten aber mehrfach eine Anmeldung für die Entbindung abgelehnt, sagte die Gynäkologin. Im Mai 2019 erhielt sie einen negativen Asylbescheid. Ihr Partner wurde als Flüchtling anerkannt. Im Februar dieses Jahres wurde die Schwangere dann von Österreich trotz ihrer prekären Situation allein nach Portugal abgeschoben.

AmberMed mit im vergangenen Jahr rund 260.000 Euro an Finanzmitteln aus Förderungen und Spenden sowie einem Gesamtwert unentgeltlich erbrachter Leistungen und Sachspenden im Wert von 736.000 Euro würde rund 130.000 Euro zusätzlich benötigen, um für seine Aufgaben entsprechend gerüstet zu sein. Derzeit können in Wien nicht einmal genügend Kapazitäten für „Sozialgeburten“ in Spitälern bereitgestellt werden. Die kosten für Nichtversicherte 900 Euro. Sonst werden der Mutter laut Monika Matal Privattarife verrechnet, die bis zu 6.000 betragen können.

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