5/8erl in Ehr’n wieder „auf Spielplatz geschickt“

Sie verbinden Wiener Lied mit ebensolchem Schmäh, sind stilistisch aber längst nicht mehr zu fassen: 5/8erl in Ehr’n bieten nämlich Soul ebenso wie intelligenten Pop. Auf ihrem neuen Album „Yeah Yeah Yeah“ zeigt sich das Quintett jedenfalls so vielseitig wie selten zuvor.

Die APA sprach mit Sänger Robert Slivovsky und Pianist Clemens Wenger über Corona, neue Sounds und musikalische No-Gos.

 

Das Kulturleben ist durch das Coronavirus zum Stillstand gekommen. Wie geht es Ihnen in dieser Situation?

Clemens Wenger: Privat geht es mir gut, aber als Band ist es schwierig. Wir haben uns beraten, ob wir das Album verschieben sollen. Geplant war, dass zum Release auch die Tour beginnt.

Und wie man sich vorstellen kann, bringt das jetzt eine jahrelange Planung zum Stillstand. Eine Tour lässt sich nicht so schnell organisieren. Hoffentlich können wir einige Konzerte in den Herbst retten. Aber wir haben uns letztlich für die Veröffentlichung entschieden.

Video
Ich möchte eingebundene Social Media Inhalte sehen. Hierbei werden personenbezogene Daten (IP-Adresse o.ä.) übertragen. Diese Einstellung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in der Datenschutzerklärung oder unter dem Menüpunkt Cookies geändert werden.

Es soll im kulturellen Leben und in den Medien nicht nur das Coronavirus dominieren. Es tut gut, wenn es ein bisschen Normalität gibt.

Wie hart ist der finanzielle Einschnitt, den die Band verkraften muss? Hoffen Sie auf Unterstützung durch die öffentliche Hand?

Robert Slivovsky: Momentan bleibt man optimistisch. Pessimistisch kann man immer noch sein, wenn etwas gar nicht kommt. Ich kann das noch gar nicht abschätzen. Man kennt ja auch die Dauer nicht. Dass wir Verluste haben, ist mal klar. Wie die Unterstützung sein wird, da müssen wir uns auch selber schlaumachen.

Wenger: Man muss das auch bewerten: Wir können zwar Konzerte verschieben, aber wahrscheinlich wird der ganze Kulturbetrieb im Herbst kulminieren. Der Kartenverkauf wird nicht so groß sein, wie wenn es eine normale Situation wäre.

Also ist ein Konzert durch die Verschiebung nicht gerettet. Und natürlich ist die Liquidität ein Problem. Ein Album kostet in etwa 30.000 Euro, wenn man das so macht. Das gibt man im Vorfeld aus, spielt ein bisschen weniger und schiebt die Konzerte zum Release. Man schaut einfach auf die strategische Planung.

Das ist alles verloren. Wir sind zwar eine sehr positive Band, aber wenn man genau darüber nachdenkt, ist es schlimm.

Jedenfalls dürfen sich Ihre Fans auf das Album freuen. Wie ist der Titel „Yeah Yeah Yeah“ als Klammer zu sehen?

Slivovsky: Es ist ein durchwegs sehr positives, schönes, helles Album geworden, mit einem Punch an Energie und einer neuen Aufstellung, wie wir uns soundtechnisch bewegt haben. Inhaltlich findet man auch immer ein „Yeah“, etwa in der „Political Message“ – mehr Inhalt in einem Lied ist wohl nicht zu finden.

Da haben wir uns sprachlich angenähert, wie die Kultur in Österreich funktioniert. Eine Schlagzeile jagt die andere. Das darf man natürlich nicht im Zusammenhang mit dem Virus sehen, das Album war ja davor. Rausgehen und laut sein, dafür stehen diese Songs auch. Sie versuchen alles, um Lautstärke zu gewinnen, auch wenn es nicht laut ist.

Nach fast 15 Jahren als Band und nun sechs Alben, da kennt man sich gut. Haben Sie Ihre Herangehensweise diesmal verändert?

Wenger: Wir haben uns schon bewusst entschlossen, gewisse einstudierte Muster aufzubrechen. Wir wollten uns herausfordern, auch soundtechnisch. Inhaltlich wird man ja von der Gesellschaft gefordert.

Wenn man als Künstler versucht, ein Spiegel zu sein, dann muss man sich fordern lassen, Themen suchen und Probleme anschauen. Aber wir als Gruppe wollten etwas verändern. Wir haben uns ein Homestudio eingerichtet, uns viel Zeit gelassen und experimentiert. Das hört man. So sind auch viele verschiedene Versionen der Lieder entstanden.

Etwa bei „Jessica“ – bis wir das dann gefunden haben, da hatten wir früher ein ganzes Album beieinander. (lacht) Diese Soundfindung hat uns jedenfalls gut getan. Wir haben fünf Alben gemacht und wissen, wie das geht – schauen wir mal, was wir noch nicht wissen.

Wie findet man denn die „richtige“ Version?

Slivovsky: Das vermeintlich flockigste Lied „Jessica“, das so dahin groovt, war das schwierigste. Wir sind schon basisdemokratisch, also gibt es immer irgendwo einen Kompromiss.

Aber bei „Jessica“ ist wirklich jeder happy. Das war eine sehr schwere Geburt. Das ein Lied so lange dauert, das kann man sich gar nicht vorstellen.

Wenger: Es ist schon eine kollektive Entscheidung. Man spürt es: Das ist jetzt ein Sound, da kann jetzt 5/8erl in Ehr’n drüberstehen. Das muss von allen abgesegnet sein.

Slivovsky: Man hat außerdem seine eigenen Hörgewohnheiten, die einen beeinflussen. So stellt man es sich vor. Bis man da aber hinkommt, ist der Weg oft länger als gedacht. Auch wenn wir alle gut an unseren Instrumenten sind, die perfekten Reggae-Spieler sind wir nicht. Da müssen wir uns schon hineinknien.

Damit sprechen Sie den „Vaporizer“ an. Ein anderer, sehr spezieller Song ist „OE24“, der wie ein Kunstlied daherkommt…

Slivovsky: Wenn wir so etwas machen, versuchen wir das natürlich auch stilistisch zu bedienen. Selbst wenn es am Ende des Tages vielleicht wie eine Persiflage klingt, versuchen wir schon so schön zu singen, wie es geht und das nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.

Auf der Suche nach der Schönheit, das ist auch ein bisserl der Weg von 5/8erl in Ehr’n. Dieses Album ist, als ob man uns – die es nun auch schon seit 14 Jahren gibt – wieder auf einen Spielplatz geschickt hat. Es ist schön, wenn man nicht nur in seiner Gasse fährt und nur reproduziert, was man eh gut kann.

Gibt es noch musikalische No-Gos für die Band?

Wenger: Manche Dinge brauchen länger. Die wirken vielleicht wie ein No-Go, sind aber einfach noch nicht ausgegoren. Aber es gibt schon No-Gos auch. Es gibt auf jeden Fall Streitpunkte. (lacht) Oft sind es musikalische Soli, die gefallen dem einen, aber dem anderen nicht. „Wenn das auf die Platte kommt, steig ich aus!“ Das gibt’s! (lacht)

Andererseits gibt es Lieder oder Ideen, die nicht für die Gruppe geeignet sind. Man versucht es bei der Probe, aber es geht sich nicht alles aus. Da hört man dann keinen 5/8erl-Sound. Aber vielleicht in ein paar Jahren.

Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA

Das könnte Sie auch interessieren