64 Österreicher zum Sterben in die Schweiz

Vereine bieten auch Ausländern Sterbehilfe

Der deutsche Bundestag wollte mit dem vom Verfassungsgericht gekippten Gesetz nicht zuletzt Schweizer Sterbehilfevereine stoppen, die ihre in der Eidgenossenschaft legalen Dienste auch im Ausland anbieten.

Schweizer Ärzten ist es unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, eine tödliche Dosis eines Barbiturates (Schlafmittel) zu verschreiben, welches sich der Sterbewillige — instruiert von „Freitodbegleitern“ — per Infusion selbst zuführt.

Reger Todestourismus

Während der Zürcher Verein „Exit“ diese Dienste nur Schweizer Staatsbürgern anbietet, verhilft „Lifecircle“ in Basel und „Dignitas“ in Forch (Kanton Zürich) auch Ausländern in den Tod. Auch Österreicher nehmen diese Dienste in Anspruch. So hat „Dignitas“ einer dem VOLKSBLATT vorliegenden Statistik zufolge im vergangenen Jahr sieben Österreichern Sterbehilfe geleistet. Seit Gründung des Vereins vor 22 Jahren haben sich 64 Österreicher auf den letzten Weg in die Schweiz gemacht.

Rückflugticket empfohlen

Das im November 2015 in Deutschland beschlossene Gesetz gegen geschäftsmäßige Sterbehilfe hat zumindest bei „Dignitas“ keinen nachhaltigen Rückgang des Freitodtourismus bewirkt: 2016 und 2017 reisten 73 bzw. 71 Deutsche zur „Freitodbegleitung“ in die Schweiz, nach 86 im Jahr 2015. 2018 und 2019 waren es aber schon wieder 87 bzw. 85. Insgesamt hat „Dignitas“ seit der Gründung 1322 Deutschen zum Tod verholfen. 43 Prozent aller Suizidhilfen durch „Dignitas“ entfielen auf Deutsche, 2,1 Prozent auf Österreicher.

Für die Selbstmordassistenz werden rund 10.000 Euro fällig. Zahlbar im voraus. Reisekosten sind nicht inkludiert, wobei „Lifecircle“ einen geradezu makaberen Spartipp gibt: Empfohlen wird die Buchung eines Retourfluges, weil das oft billiger sei als ein One-way-Ticket…

Von Manfred Maurer


Warnung vor Dammbruch auch in Österreich

Vor dem Hintergrund des deutschen Höchstgerichtsentscheides und angesichts einer auch in Österreich bevorstehenden Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zur Sterbehilfe warnt der katholische Familienverband vor der „Gefahr eines Dammbruches“: In Ländern, in denen vor einigen Jahren Sterbehilfe für unheilbar Kranke erlaubt wurde, debattiere man mittlerweile über Sterbehilfe bei psychischen Erkrankungen, für Kinder und Jugendliche, für Häftlinge oder für Demenzkranke, so Verbandspräsident Alfred Trendl. „Eine Erlaubnis zum assistierten Suizid würde massiven Druck auf ältere, pflegebedürftige Menschen ausüben“, ist seine Befürchtung.

„Der gute österreichische Weg ist charakterisiert durch den Ausspruch: An der Hand, nicht durch die Hand eines anderen dieses Leben zu verlassen“, betont Trendl und erwartet, dass der Verfassungsgerichtshof diesen guten österreichischen Weg nicht zerstören wird. Dem VfGH liegt ein Antrag vor, mit dem die „Österreichische Gesellschaft für ein humanes Lebensende” (ÖGHL) das strikte Verbot der Sterbehilfe zu kippen versucht. Die Verfassungsrichter werden sich frühestens in ihrer nächsten Session im Juni damit beschäftigen.

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