Innsbrucker Dreierkoalition unter Anzengruber steht

Anzengruber einigte sich in Innsbruck mit Grünen und SPÖ © APA/IKM/D. GIESINGER

Rund zweieinhalb Wochen nach der Innsbrucker Bürgermeisterstichwahl hat der designierte Stadtchef Johannes Anzengruber (JA – Jetzt Innsbruck) am Donnerstag seine Koalition mit Grünen und SPÖ unter Dach und Fach gebracht. Damit wurden vor der konstituierenden Gemeinderatssitzung am Freitag zumindest die Personalagenden fixiert, Inhaltliches soll erst später folgen. Ex-ÖVP-Staatssekretär und Bürgermeisterkandidat Florian Tursky (das Neue Innsbruck) zieht sich indes zurück.

Neben der Angelobung durch Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) am Freitag stehen auch Wahl und Angelobung der Vizebürgermeister an. Die Koalitionäre einigten sich demnach auf den scheidenden Stadtchef Georg Willi (Grüne) und Stadträtin Elisabeth Mayr (SPÖ) für diese Posten. Im siebenköpfigen Stadtsenat werden auch nur die Stadträte der Koalition eine Amtsführung bzw. Ressortzuständigkeit erhalten.

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Die beiden Stadträte vom bürgerlichen „das Neue Innsbruck“ sowie der FPÖ gehen damit leer aus, was den Rückzug von Ex-ÖVP-Staatssekretär Florian Tursky, der für „das Neue Innsbruck“ als Spitzenkandidat angetreten war, zur Folge hatte. Bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz gab er bekannt, nach der massiven Wahlschlappe seines bürgerlichen Wahlbündnisses „das Neue Innsbruck“ nicht in den Gemeinderat einzuziehen und die ÖVP-Stadtparteiobmannschaft abgeben zu wollen – er bleibe aber bis zu einer „geordneten Übergabe“. Franz Jirka (ÖVP) wird die Klubführung übernehmen, Markus Stoll (Für Innsbruck, FI) in den Stadtsenat einziehen.

Der Inhalt des Koalitionspakts soll indes erst nach Pfingsten am 28. Mai präsentiert werden. Es gelte noch „Detailfragen“ zu klären, hieß es. Anzengruber lobte in einer Aussendung der Stadt das Gesprächsklima, das von „gegenseitiger Wertschätzung, Sachlichkeit und dem Wunsch nach einer vertrauensvollen Kooperation geprägt“ gewesen sei. Willi ging von einer „kooperativen Arbeitsweise“ aus, Mayr sah in der Koalition einen „Neuanfang und ein konstruktives Miteinander“.

Einig war sich die Dreierkoalition bereits bei der Verteilung der Ressorts. Anzengruber sicherte sich neben den Personal-, Finanz- und Beteiligungsagenden u.a. die Bereiche Sport und Organisation. Willi wird sich für Soziales, Kultur, Wohnungsservice und Außenbeziehungen verantwortlich zeichnen. SPÖ-Stadträtin Mayr behält indes die Bildungs- und Frauenagenden. Sie wird auch für die Universitäten und Hochschulen sowie für die Agenden des Behindertenbeirates zuständig sein. Die künftige Stadträtin, JA-Listenzweite und ehemalige ÖVP-Mandatarin Mariella Lutz übernimmt Wirtschaft, Tourismus, Immobilien, Grünanlagen, Tiefbau und Straßenbetrieb. Die Grünen sicherten sich außerdem mit Janine Bex u.a. die Verkehrsagenden (Stadtplanung, Mobilität) sowie Integration und Klimaneutrale Stadt.

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Nach „intensiven Beratungen“ habe sich die Koalition darauf verständigt, weder der Tursky-Liste noch der FPÖ Ressortverantwortung zu übertragen, hieß es. Bei den „Bürgerlichen“ wurde dies mit den innerparteilichen Turbulenzen begründet, es sei „nach wie vor unklar, wer zukünftig die handelnden Personen in den Gremien sein werden.“ Man wolle der Fraktion „Zeit für einen Neuanfang geben“. Auch bei der FPÖ sei dies „nach langen Abwägungen negativ entschieden worden“ – eine nähere Begründung wurde indes nicht genannt. Die beiden nicht-amtsführenden Stadträte, die aufgrund des in Innsbruck verankerten Proporzsystems Anspruch auf einen Sitz im Stadtsenat haben, werden „dem Stadtrecht entsprechend mit reduzierten Bezügen“ ausgestattet. Neben Stoll wird dies der FPÖ-Spitzenkandidat und bisherige Vizebürgermeister Markus Lassenberger sein.

Anzengruber sendete indes Signale in Richtung Opposition aus. Er wolle „alle im Gemeinderat vertretenen Fraktionen zukünftig in die Sacharbeit“ einbinden und „deren Expertise“ nützen. „Die Fraktion Jetzt-Innsbruck wird in Ausschüssen je einen Sitz an die Fraktionen ALI, Liste Fritz, KPÖ, das Neue Innsbruck und FPÖ abgeben“, hieß es. Dadurch sei Einfluss und Stimmrecht sowie die Einsicht in alle nötigen Unterlagen gewährleistet. Der designierte Stadtchef erhoffte sich dadurch „mehr Transparenz in der Zusammenarbeit zwischen Koalition und Opposition“.

Der von seiner Partei ausgeschlossene Anzengruber hatte sich in der Stichwahl gegen Amtsinhaber Willi klar mit 59,59 Prozent der Stimmen durchgesetzt. Willi kam auf 40,41 Prozent und muss damit nach nur einer Amtsperiode seinen Sessel räumen. Bei der Gemeinderatswahl am 14. April waren die Grünen mit 18,87 Prozent und acht Mandaten auf Platz eins gelegen, obwohl sie mehr als fünf Prozentpunkte gegenüber der letzten Wahl einbüßten. Anzengruber rangierte bei seinem ersten Antreten mit seiner Liste auf Platz zwei: 16,83 Prozent und ebenfalls acht Mandate waren das Ergebnis. Dahinter landete die FPÖ mit 15,21 Prozent und sieben Mandaten (2018: 18,56 Prozent und acht Mandate). Auf Platz vier kam die SPÖ mit 13,58 Prozent und sechs Mandaten – was ein schönes Plus bedeutete, denn bei der letzten Wahl war man auf 10,32 Prozent und vier Mandate gekommen.

Enttäuschend das Abschneiden von Turskys „das Neue Innsbruck“: Es reichte lediglich für 10,15 Prozent und vier Mandate. Im Stadtparlament landete die Liste Fritz mit 5,5 Prozent und zwei Mandaten (2018: 3,23 Prozent und ein Mandat). Einen gewissen Mitte-Links-Rutsch verdeutlichten nicht nur die – mit Abstrichen – Erfolge von Grünen und SPÖ, sondern auch das Abschneiden von linken „Kleinparteien“: Überraschend den Sprung in den Gemeinderat und über die Vier-Prozent-Hürde schafften die Kommunisten mit 6,72 Prozent und drei Mandaten. Knapp in den Gemeinderat gelangte erneut die Liste „ALI“, eine Art frühere Grünen-Abspaltung, mit 4,83 Prozent und zwei Mandaten. Beim letzten Urnengang hatte es nur für ein Mandat gereicht.

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