Biden ruft nach Attentat auf Trump zum Zusammenhalt auf

US-Präsident Biden appelliert an Zusammenhalt der Nation © APA/GETTY IMAGES NORTH AMERICA/KEVIN DIETSCH

US-Präsident Joe Biden hat nach dem Attentat auf seinen Amtsvorgänger und politischen Konkurrenten Donald Trump eine Ansprache an die Nation angekündigt und das Land zum Zusammenhalt aufgerufen. „Wir müssen als eine Nation zusammenstehen“, sagte Biden am Weißen Haus und verkündete, er wolle sich am Sonntagabend in einer offiziellen Ansprache aus dem Oval Office dazu an die amerikanischen Bürger wenden. Biden appellierte an die Bürger, keine Vermutungen zur Tat anzustellen.

„Wir haben noch keine Informationen zu dem Motiv des Schützen“, sagte Biden. Man solle die Strafverfolgungsbehörden ihre Arbeit machen lassen, so der Präsident. Ein FBI-Vertreter sagte am Sonntagnachmittag, dass die Tat als mutmaßlicher Terroranschlag eingestuft werde. Man habe aber bisher keine Hinweise auf eine Ideologie oder psychische Erkrankung des mutmaßlichen Attentäters. Dieser habe alleine gehandelt, seine Waffe sei legal erworben worden, vermutlich vom Vater des Mannes. Ein im Auto des mutmaßlichen Täters sichergestelltes verdächtiges Gerät werde in einem Labor weiter untersucht.

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Der US-Präsident stellte eine unabhängige Untersuchung der Sicherheitsvorkehrungen bei der Wahlkampfveranstaltung in Aussicht Ziel sei es, genau zu beurteilen, was passiert sei. Die Ergebnisse der Untersuchung würden im Anschluss veröffentlicht. Biden ging damit auf Kritik der oppositionellen Republikaner an die Sicherheitsbehörden ein. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, hatte gesagt, dass es wesentlich mehr Fragen als Antworten zu dem Anschlag gebe. Er kündigte eine umfassende Untersuchung durch den Kongress an.

Biden wies den Secret Service auch an, die Sicherheitsmaßnahmen für den am Montag beginnenden Nominierungsparteitag der Republikaner zu überprüfen. Als ehemaliger Präsident und Kandidat der Republikaner genieße er bereits ein hohes Maß an Schutz. Er habe den Secret Service stets angewiesen, Trump alle nötigen Schutzmaßnahmen zur Verfügung zu stellen, um dessen Sicherheit zu gewährleisten, versicherte Biden. Trump kündigte an, noch am Sonntagnachmittag (Ortszeit) zum Parteitag in Milwaukee (US-Staat Wisconsin) reisen zu wollen.

Trump war am Samstagabend (Ortszeit) bei einem versuchten Mordanschlag verletzt worden. Der designierte Präsidentschaftskandidat der Republikaner wurde bei der Kundgebung in der Kleinstadt Butler im Staat Pennsylvania nach eigenen Angaben durch einen Schuss am Ohr getroffen. Der getötete Schütze wurde von Sicherheitskräften „neutralisiert“. Medienberichten zufolge soll er auch Material zum Bombenbau mitgehabt haben. Auch bei ihm daheim sei solches Material gefunden worden.

Biden brach nach dem Attentat einen Wochenendaufenthalt in seinem Heimatstaat Delaware ab und kehrte ins Weiße Haus zurück, wo die Tat umgehend scharf verurteilte. Nach einer Unterrichtung durch die Spitzen der Justiz- und Sicherheitsbehörden äußerte sich der US-Präsident am Sonntagnachmittag (Ortszeit) neuerlich. Zugleich ließ er eine für Montag geplante Reise in den Südstaat Texas absagen.

Der Vorfall ereignete sich, als Trump bei der Wahlkampfveranstaltung gerade mit seiner Rede begann. Nach den Schüssen rissen Beamte des Secret Service den Ex-Präsidenten zu Boden. Kundgebungsteilnehmer schrien und warfen sich zu Boden. Nach einer Weile stand Trump umringt von Sicherheitsbeamten auf, rund um sein rechtes Ohr war Blut zu sehen. Der Polizei zufolge wurden durch die Schüsse ein Zuschauer getötet und zwei weitere männliche Zuschauer schwer verletzt. Wie der demokratische Gouverneur von Pennsylvania, Josh Shapiro, sagte, starb ein Zuschauer, als er sich vor seine Familie warf. Er sei „als Held gestorben“, so Shapiro. Die beiden Schwerverletzten befanden sich laut der Polizei am Sonntagnachmittag (Ortszeit) in stabilem Zustand.

Während Trump von der Bühne zu seinem Wagen eskortiert wurde, reckte er unter den Rufen seiner Anhänger immer wieder kämpferisch die Faust. Der Secret Service, der für den Schutz von amtierenden und ehemaligen US-Präsidenten zuständig ist, teilte anschließend mit, dass Trump in Sicherheit sei. Trumps Kampagnen-Sprecher Steven Cheung erklärte, Trump gehe es gut.

Auf seiner Online-Plattform Truth Social schilderte Trump, eine Kugel habe „den oberen Teil meines rechten Ohres durchbohrt“. „Es ist unglaublich, dass sich in unserem Land solch eine Tat ereignen kann.“ Später stieg Trump ohne Hilfe aus seinem Flugzeug, wie auf einem von seinem Presseteam veröffentlichten Video zu sehen war. Das verletzte Ohr war darauf nicht zu erkennen.

Der Angreifer feuerte mehrere Schüsse „von einer erhöhten Position“ außerhalb des Versammlungsortes ab, wie der Secret Service auf X mitteilte. Es soll sich um das Dach eines Firmengebäudes in dem Gewerbegebiet gehandelt haben. Der Schütze sei daraufhin „neutralisiert“ worden. Das FBI teilte mit, dass die Schüsse als „Mordversuch“ eingestuft werden. Der Schütze sei als der 20-jährige Thomas Matthew Crooks aus Bethel Park in Pennsylvania identifiziert worden. Er sei registriertes Mitglied von Trumps Republikanischer Partei gewesen. Laut der Polizei von Butler waren ihr vor den Schüssen mehrmals „verdächtige Aktivitäten“ gemeldet worden.

US-Präsident Biden nannte die Tat in seiner ersten Reaktion „krank“. In den USA gebe es „keinen Platz für diese Art von Gewalt“, sagte er. Zuvor hatte der Präsident bereits erklärt, die USA müssten „als eine Nation zusammenstehen, um dies zu verurteilen“. Laut Weißem Haus telefonierte Biden nach den Schüssen mit Trump.

Die Schüsse dürften die ohnehin bestehenden Spannungen in dem gespaltenen Land vor der Präsidentschaftswahl am 5. November weiter anheizen. Der als Trumps Vizepräsidenten-Kandidat gehandelte US-Senator J. D. Vance zeigte mit dem Finger auf Trumps Rivalen Biden. „Die zentrale Prämisse von Bidens Kampagne ist, dass Präsident Donald Trump ein autoritärer Faschist ist, der um jeden Preis gestoppt werden muss“, schrieb Vance auf X und fügte hinzu: „Diese Rhetorik hat direkt zur versuchten Ermordung von Präsident Trump geführt.“

Ex-Vizepräsident Mike Pence erklärte, dass er für die Genesung Trumps betet. „Politische Gewalt hat keinen Platz in Amerika“ und müsse „allgemein verurteilt werden“, betonte Pence, der sich im Zuge des von Trump verursachten Kapitol-Sturms mit dem Politiker überworfen hatte und ihn dann bei der Vorwahl der Republikaner erfolglos herausforderte.

Trumps Ehefrau Melania bezeichnete den Täter als „Monster“. Der bei dem Anschlag getötete Schütze sei ein „Monster“ gewesen, das versucht habe, „Donalds Leidenschaft, sein Lachen, seinen Einfallsreichtum, seine Liebe zur Musik und seine Begeisterung auszulöschen“, erklärte die ehemalige First Lady der USA am Sonntag im Onlinedienst X.

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