Neuer Rising Star aus Jekaterinburg: So lebendig kann Cello klingen

Umjubelter Auftritt von Anastasia Kobekina bei den OÖ Stiftskonzerten in Kremsmünster

Anastasia Kobekina verzauberte mit ihrem Spiel das Publikum. © Reinhard Winkler

Sie ist der neue Rising Star ihrer Musikergeneration, gerade einmal 30 Jahre alt, davon hat sie bereits 24 Jahre lang Violoncello gespielt. Für ihr jüngstes Programm im ehrwürdigen Kaisersaal des Stifts Kremsmünster hat Anastasia Kobekina einen bunten musikalischen Blumenstrauß zusammengestellt, der das Publikum mit überwiegend italienischer Barockmusik, etwa von Antonio Vivaldi, erfreuen sollte, neben zahlreichen anderen Kompositionen, die die Künstlerin mit Venedig verbindet.

Als Barockensemble hatte sie sich dazu das mehrfach preisgekrönte Schweizer Kammerorchester Basel geholt, mit dem sie jüngst auch ihr neues Album „Venice“ eingespielt hat.

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Und dieses eröffnet den italienischen Abend mit einem furiosen „Concerto a cinque“ in B-Dur von Tomaso Albinoni, das zum Einstieg gleich richtig gute Laune macht. Aber es geht noch viel lebendiger! Dann nämlich, wenn Anastasia Kobekina wie ein Springinkerl mit ihrem Stradivari-Cello aus dem Jahr 1698 auf die Bühne springt und mit jugendlichem Elan dem ehrwürdigen Instrument Gas gibt, dass die Saiten sinngemäß zu glühen beginnen.

Das über 300 Jahre alte Instrument hat sicher schon viel gesehen und erlebt, aber jetzt muss es sich auf seine alten Tage nochmals ganz schön anstrengen, um mit der Jugend mithalten zu können. Und so rockt sich der russische Jungstar durch Vivaldis Cello-Konzert in g-moll RV 416 mit ungezügeltem Körpereinsatz quer durchs Allegro, schneidet leidenschaftliche Grimassen und schnauft beim Luftholen bisweilen laut im Takt.

Alles sehr theatralisch, technisch ausgefeilt und gut in Szene gesetzt, Insta-Generation eben, fällt einem dazu unwillkürlich ein. Das alles auf einem hohen Niveau, besonders gelungen dabei im Adagio das innige Zwiegespräch mit der Theorbe, und fortgesetzt wird die wilde Jagd gemeinsam mit Konzertmeisterin Julia Schröder, dass einem beinahe Hören und Sehen vergeht.

Denn wie ein rasender Gewittersturm bricht das finale Allegro über die Zuhörer herein, die mit lautem Jubel und Beifall die Darbietung beklatschen und dem jugendlichen Temperament der Cellistin aus Jekaterinburg von Beginn an erlegen sind.

Weiter geht es mit Barbara Strozzis Komposition „Che si puo fare“ bei der das Violoncello die Funktion einer Singstimme innehat, begleitet von einer Theorbe, sehr eingängig und leidenschaftlich interpretiert von Kobekina. Ein Stück welches nahtlos und wieder erfrischend rasant in ein neuerliches Vivaldi-Allegro übergeht, diesmal aus dem Konzert in g-Moll RV 405.

Dazwischen eingestreut Werke der modernen Konzertliteratur, wie etwa „Limestone & Felt“, ein avantgardistisches Stück für Violoncello und Viola von Caroline Shaw, das Kobekina im Duett mit Solo-Bratschistin Mariana Doughty in einem spannenden und rythmisch anspruchsvollen Diskurs vorträgt.

Schließlich erlebt das Publikum noch die Uraufführung von „Aufbrechen“, einer Encore für Kobekina, ihr gewidmet von der jungen Komponistin Jadwiga Frej. Ein Werk, das von den Stiftskonzerten gemeinsam mit der Anton Bruckner Privatuniversität in Auftrag gegeben wurde.

Hier hat Kobekina einmal mehr Gelegenheit ihr Ausnahmetalent auch als zeitgenössische Musikerin erfolgreich unter Beweis zu stellen, das experimentelle Stück erfordert viel Fingerfertigkeit und Körpereinsatz, den Frej in ihren Kompositionen nachgerade von den Künstlern einfordert.

Mit leichterer Kost wie Valentin Silvestrovs „Abendserenade“ und Niccolo Paganinis „Moses Variationen“ neigt sich der Konzertabend beschwingt dem Ende zu, frenetisch gefeiert und bejubelt vom zahlreich erschienenen Publikum. A Star is born am Cello-Himmel, den man sich wird merken müssen.

Von Barbara Duftschmied

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