Politstreit zu Verantwortung bei Familiennachzug an Schulen

Wiederkehr kritisierte erneut den Bund © APA/TOBIAS STEINMAURER

Der Familiennachzug hat die Wiener Schulen zusätzlich zu Personalmangel und vielen Schülern mit Deutschförderbedarf zuletzt weiter unter Druck gebracht. NEOS-Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr hat deshalb wiederholt mehr Geld vom Bund gefordert, Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) reagierte am Donnerstag sichtlich enerviert und verwies u.a. auf Sondermittel, von denen Wien besonders profitiere. Deren Verteilung sei jedoch „absurd“, kritisierte wiederum die SPÖ.

In der aktuellen Situation seien sowohl Wien als auch der Bund gefordert, betonte Wiederkehr zuletzt in der ZiB2 vom Mittwoch. Er habe auch seit einem Jahr öffentlich und in direkten Gesprächen darauf hingewiesen, was es für Wien brauche, nahm er Polaschek in die Pflicht. Von diesem sei hier allerdings „keinerlei Unterstützung“ gekommen, während Wien 2015 bei der Flüchtlingsbewegung noch „ein massives Unterstützungspaket“ mit über 230 zusätzliche Lehrerposten und psychosoziale Unterstützungskräften vom (damals SPÖ-geführten) Bundesministerium bekommen habe. Aus dem Sondertopf anlässlich der Corona-Pandemie und für die aus der Ukraine geflüchteten Kinder seien 377 zusätzliche Stellen bewilligt worden, wie Wiederkehr am Donnerstag in einer Aussendung ergänzte.

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Die finanziellen Mittel zur Bewältigung von Familiennachzug und Ukraine-Krise seien bereits „rasch und umfassend aufgestockt“ worden und Wien habe dabei „mehr Mittel bekommen als jedes andere Bundesland“, wehrte sich Polaschek am Donnerstag per Aussendung. 47 Mio. Euro bzw. über 390 Planstellen stünden im Schuljahr 2024/25 für alle Bundesländer zusätzlich zur Verfügung, um etwa Schülergruppen zu teilen oder mehr Stützpädagoginnen und -pädagogen im Unterricht einzusetzen.

Davon „profitiert vor allem auch die Stadt Wien“, wurde in der Aussendung betont. Konkret gebe es für die Bundeshauptstadt 6,9 Mio. Euro bzw. 85 Planstellen zusätzlich. Außerdem seien die Ressourcen für die Deutschförderung zuletzt um 30 Prozent auf 40 Mio. Euro aufgestockt worden, für Wien seien das 18,7 Mio. Euro bzw. 231 Planstellen zusätzlich. Die Stadt Wien bekomme somit 40 Prozent aller zusätzlichen Ressourcen für die Deutschförderung.

Darüber hinaus sei die Zahl der Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter an Wiener Schulen seit 2020 von 22 auf 70 und in der Schulpsychologie auf 40 Personen aufgestockt worden (wobei sich hier Bund und Land die Kosten teilen, Anm.). „Natürlich können wir die Herausforderungen in unserem Bildungssystem nur ganzheitlich und gemeinsam lösen“, so Polaschek. „Das funktioniert aber nicht, wenn Vizebürgermeister Wiederkehr andauernd versucht seine politische Verantwortung auf den Bund abzuwälzen.“

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Wiederkehr beharrte wiederum per Aussendung darauf, „dass Wien bis dato keinerlei zusätzliche Ressourcen aufgrund der Familienzusammenführung erhalten hat“. Die Bundeshauptstadt bekomme nur 21,5 Prozent der österreichweit bereitgestellten zusätzlichen Planstellen, es fänden dort aber knapp 80 Prozent der Familienzusammenführungen statt. Lehrkräfte könnten angesichts der besonderen Herausforderungen Wiens beim Familiennachzug nicht einfach fast ausschließlich nach der reinen Schüleranzahl verteilt werden. „Das ist, als würde man die Mittel für U-Bahnen auch auf ganz Österreich verteilen, obwohl es U-Bahnen nur in Wien gibt“, kritisierte auch SPÖ-Integrationssprecher Christian Oxonitsch – einst selbst Wiener Bildungsstadtrat – in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

Diese Art der Sondermittelzuteilung zeige einmal mehr, „dass die Bundesregierung bei aktuellen Herausforderungen wegschaut und nicht mehr arbeitet“, kritisierte Wiederkehr. Wegen der Deckelung für außerordentliche Schüler bekomme Wien aktuell für fast 3.500 Schüler mit Deutschförderbedarf keine Mittel. „Das Gebot der Stunde sollte sein, dass besonders herausgeforderte Regionen mehr Mittel erhalten, und nicht weniger“, beklagte Wiederkehr.

Aus dem Bildungsministerium wurde hingegen auf APA-Anfrage betont, dass die Posten aus dem Sondertopf nach denselben Kriterien verteilt würden, wie jene für aus der Ukraine geflüchtete Kinder und Jugendliche: nämlich „im Wesentlichen“ nach der Zahl außerordentlicher Schülerinnen und Schüler, die wegen mangelhafter Deutschkenntnisse dem Unterricht nicht ausreichend folgen können. Die Zuteilung der Sondermittel für die ukrainischen Schüler habe sich allerdings nur zu einem kleinen Teil nach der Zahl der a.o. Schüler gerichtet, widersprach die SPÖ gegenüber der APA und sah sich in ihrer Kritik bestätigt. Laut Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der SPÖ von Mitte Juli durch den Minister wurden nämlich nur zehn Prozent nach der Zahl der außerordentlichen Schüler vergeben.

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