Hochauflösende Klimasimulationen geben Einblicke in Stadtklima

Aufbau eines Mikroklimamessnetzes für Linz - 50 Standorte identifiziert

Linz will bis 2024 klimaneutral werden. 2021 wurde daher die Abteilung Stadtklimatologie und Umwelt vom Gemeinderat mit dem Aufbau eines meteorologischen Messnetzes beauftragt. Damit soll ein flächendeckenderes Monitoring klimatologischer Indikatoren (z.B. Hitzetage und Tropennächte) ermöglicht werden. Zudem sollen Anreize für klimatologische Forschungsprojekte in Linz gesetzt werden.

Zu den sechs bereits geschaffenen städtischen Messstationen wurden nun weitere Standorte identifiziert und hochauflösende Stadtklimasimulationen für Linz erstellt. Diese zeigen das städtische Mikroklima in einem nie dagewesenem Detailreichtum.

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„Die letzten Tage und Wochen haben uns einmal mehr auf dramatische Weise aufgezeigt, dass wir alles unternehmen müssen, um unsere Stadt klimagerecht umzubauen. Jetzt müssen die Maßnahmen gesetzt werden, die unseren Wohlstand und unsere Lebensqualität langfristig sichern. Das heißt, dass wir auf der einen Seite mit aller Kraft daran arbeiten müssen, dass Linz 2040 eine klimaneutrale Industriestadt ist. Auf der anderen Seite müssen wir unser Klimaanpassungskonzept ‚Zukunft Linz‘ Schritt für Schritt umsetzen und unsere Stadt auf eine weitere Zunahme von Hitze, Trockenheit aber auch Starkregen vorbereiten“, sagte Klimastadträtin Eva Schobesberger am Mittwoch.

Die wissenschaftliche Studie des AIT Austrian Institute of Technology und deren Simulationen bieten eine einzigartige Datengrundlage und eine beispiellose Detailtiefe, die wertvolle Informationen für die Stadtentwicklung, Klimaanpassung und Verbesserung der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger liefern kann, hieß es.

Vergabeverfahren für Messtechnik bis Jahresende

Darauf aufbauend sei die Einrichtung eines mikroklimatischen Messnetzes von entscheidender Bedeutung, um die Hitzebelastung in Linz besser zu verstehen, gezielte Maßnahmen zur Klimaanpassung zu ergreifen und Mikroklimasimulationen weiter zu evaluieren. Der Start des Vergabeverfahrens für die Messtechnik sei bis Ende des Jahres avisiert.

„Die detaillierten Simulationen bilden das Mikroklima der Stadt in einer Auflösung von bis zu 5 x 5 Quadratmetern ab. Diese Daten ermöglichen es, die Auswirkungen von Bebauung, Grünflächen und anderen Faktoren auf die Temperatur und Luftzirkulation in den verschiedenen Stadtteilen genau zu analysieren“, so Johannes Horak, Abteilungsleiter der Stadtklimatologie und Umwelt der Stadt Linz.

Ein weiterer zentraler Aspekt des Projekts ist die Identifikation optimaler Standorte für ein städtisches Mikroklimamessnetz. Durch die Kombination der Simulationsergebnisse mit detaillierten Daten zu städtischen Strukturen wurden 50 potenzielle Standorte für meteorologische Messstationen ausgewählt, um langfristig eine flächendeckende Überwachung des Stadtklimas zu ermöglichen.

„Die hochauflösenden Simulationen liefern uns wertvolle Erkenntnisse, um die komplexen städtischen Klimaphänomene besser zu verstehen und gezielte Anpassungsstrategien zu entwickeln“, erklärte Marianne Bügelmayer-Blaschek, Expertin für Klimafolgenforschung und Projektleiterin des AIT.

Abkühlungseffekt von grünen Innenhöfen sichtbar

Die Analyse der maximalen Lufttemperatur in 2 Metern Höhe zeigt deutlich höhere Temperaturen in versiegelten Gebieten sowie auf Straßen und Brücken. Dank der hohen Auflösung von bis zu 5 Metern wird auch der lokale Abkühlungseffekt grüner Innenhöfe und Parks in der Innenstadt sichtbar.

Zudem zeigt sich eine klare Temperaturabnahme mit zunehmender Höhe, geringerer Bebauung und vorhandenen Grünflächen. Besonders deutlich treten auch die Unterschiede zwischen Straßenraum und Dachniveau hervor. Während Dächer großen Temperaturschwankungen ausgesetzt sind, verbleiben insbesondere die Straßenräume abseits von Grünflächen während sommerlicher Hitzeperioden auf hohem Temperaturniveau. Die exemplarisch dargestellten Ergebnisse repräsentieren jedoch nur einen kleinen Teil der möglichen Auswertungen.

Ein weiterer relevanter Aspekt für den sommerlichen Komfort in der Stadt ist der Kaltlufthaushalt. Hierfür wurden verschiedene Parameter betrachtet. Die Simulationsergebnisse zeigen, dass im Norden der Stadt die Kaltluft, die an den unbebauten Hängen entsteht, beispielsweise über Gräben wie den Haselgraben, den Dießenleitengraben, aber auch entlang der Altenbergerstraße oder von Außer- und Mittertreffling kommend in Richtung Stadt strömt.

Bei nordwestlicher Windrichtung wird zudem kühle Luft über die Donau bis ins Stadtzentrum transportiert. Im Süden profitieren die Stadtteile Ebelsberg, Neue Heimat, Kleinmünchen und Bindermichel-Keferfeld aufgrund ihrer lockeren Bebauung und zahlreichen Grünflächen vom Kaltlufthaushalt.

Aufgrund der sehr kleinräumigen Struktur und der hohen Bevölkerungsdichte wurden die statistischen Bezirke Innere Stadt, Franckviertel, Bulgariplatzviertel, Teile des Kaplanhofviertels sowie angrenzende Stadtteile zusätzlich mit einer noch höheren Auflösung von 5 x 5 m² simuliert. Weiters können die hochaufgelösten Simulationen als Basis eines Mikroklimamonitorings im Pionierstadtprojekt „Linz mit Ambitio3xn“ dienen.

Auswahl der Standorte für das Messnetz

Die Auswahl der optimalen Standorte erfolgte in einem mehrstufigen Prozess. Zunächst wurden Local Climate Zones (LCZ) bestimmt, um die Linzer Stadtregion nach objektiven Bebauungskriterien zu charakterisieren. Diese Klassifizierung ermöglicht es, unterschiedliche städtische Strukturen und deren spezifische klimatische Eigenschaften zu identifizieren. Parallel wurde ein repräsentativer Sommertag mit dem hochentwickelten Simulationsmodell PALM-4U simuliert. Dieses Modell lieferte für Linz hochaufgelöste Daten und ermöglicht eine detaillierte Analyse des städtischen Mikroklimas.

Auf Basis definierter Standortkriterien wurden die Simulationsergebnisse mit den LCZ kombiniert, um jene Regionen zu identifizieren, die sich besonders für Messungen eignen. Diese wurden schließlich mit möglichen Standorten, beispielsweise Betonmasten oder städtischen Gebäuden, verschränkt. Schließlich erfolgte ein Austausch mit Herstellern von Messgeräten, um Empfehlungen zu geeigneten Messgeräten abzuleiten und die technischen Anforderungen des Messnetzes zu optimieren.

Aufbau eines mikroklimatischen Messnetzes

Diese detaillierten Erkenntnisse flossen direkt in die Standortauswahl für das Messnetz ein. Insgesamt wurden 50 mögliche Standorte identifiziert, die es ermöglichen, das städtische Mikroklima präzise zu überwachen. Die zugrunde liegenden Datensätze stehen der Stadt Linz zur Verfügung, und die erarbeitete Methodik wurde im Endbericht dokumentiert. Dies ermöglicht es der Stadt Linz, künftig selbstständig zusätzliche Standorte zu identifizieren und das Messnetz flexibel zu erweitern.

Die Einrichtung eines mikroklimatischen Messnetzes ist von entscheidender Bedeutung, um die Hitzebelastung in Linz besser zu verstehen, gezielte Maßnahmen zur Klimaanpassung zu ergreifen und Mikroklimasimulationen weiter zu evaluieren.

Die Ergebnisse der PALM-4U-Simulationen liefern wertvolle Grundlagen für die Stadtentwicklung und unterstreichen die Wichtigkeit präziser Klimamessungen, um die städtischen Klimaeffekte umfassend zu erfassen.

Als zusätzliche Fragestellung, deren Ergebnisse nicht in die Standortauswahl eingeflossen sind, wurde eine Durchlüftungssimulation durchgeführt. Diese zeigt auf, an welchen Orten es an Tagen mit höheren Windgeschwindigkeiten zu erhöhter Exposition kommt.