Letzte „Elefantenrunde“ zeigt Unterschiede zwischen Parteien

Die Spitzenkandidaten vor ihrem Auftritt im ORF © APA/GEORG HOCHMUTH

Die Unterschiede in ihren Positionen haben die Spitzenkandidaten der Parlamentsparteien bei der letzten „Elefantenrunde“ vor der Nationalratswahl am Donnerstagabend im ORF hervorgestrichen. Größtenteils sachlich wurden die Themen Wirtschaft, Integration und Klima abgearbeitet – mit zunehmender Zeit wurde die Diskussion dann hitziger. Am emotionalsten wurde es bei der Neutralität, wo man einander teils „Heuchelei“ vorwarf. Auch in Sachen Koalition wurde man deutlich.

Am staatstragendsten ging es beim Thema Wirtschaft zu. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) setzte bei der Budgetsanierung auf ein Durchforsten aller Ressortbudgets sowie auf einen Weg vom System der Direktförderungen hin zu Garantien und Steuergutschriften wie in den USA beim Inflation Reduction Act. Durch Lohnnebenkostensenkungen sollen außerdem Investitionen nach Österreich geholt und keine Steuern auf Überstunden gezahlt werden. So würde die Wirtschaft auch wieder wachsen.

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Ähnlich auch FPÖ-Chef Herbert Kickl, der einen Teil der nötigen Entlastungen durch Wachstum hereinbekommen will. Einsparungen soll es durch einen Verzicht auf Sky Shield, das Herunterfahren der Ukraine-Unterstützung sowie bei der Entwicklungshilfe geben. Gespart werden soll auch in der Verwaltung. Er verwies auch auf die letzte ÖVP-FPÖ-Regierung, die gesamtstaatlich ein Plus geliefert habe – die „Abwärtsspirale“ habe erst Nehammer ausgelöst.

Nicht an der großen Diskussion über Abgabensenkungen teilnehmen wollte Kogler. Angesichts der großen Dimensionen wäre es unseriös, solche zu in Aussicht zu stellen: „Wir versprechen keine großen Abgaben- und Steuersenkungen.“ Stattdessen soll es Umschichtungen im System geben, etwa durch Streichungen von umweltschädlichen Subventionen wie dem Dienstwagenprivileg. Außerdem sei es völlig unnötig, um 20 Mrd. Euro Autobahnen für ausländische Lkws zu betonieren.

Babler wiederum will sich Geld vor allem von den „Superreichen“ holen – etwa durch Erbschafts- und Vermögenssteuern sowie durch die Rücknahme der Senkung von „Profitsteuern“. Eine anderer Möglichkeit werde es nicht geben, um Investitionen zu finanzieren – immerhin brauche man ja Kindergartenpädagoginnen, Lehrkräfte und Polizisten. Allen anderen warf er Marktgläubigkeit vor – diese Gläubigkeit sei „retro“. Besonders abgesehen hatte er es dabei auf NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger.

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Diese wiederum sprach sich für die Senkung von Lohnnebenkosten sowie Lohn- und Einkommenssteuern aus. Dafür brauche es offenbar die NEOS. „Sie alle hatten schon ihre Chance in der Regierung“, sagte Meinl-Reisinger.

Beim Klimathema stieg Nehammer einmal mehr auf die Bremse. „Klima ist global“, Österreich sollte daher am besten seine Umwelttechnik exportieren, um die großen CO2-Emittenten mitzunehmen. Hierzulande müsse mehr in Straßenbauten investiert werden, denn: „Auch die Autos der Zukunft brauchen Straßen.“ Auch Kickl sprach sich gegen strenge Klimaziele aus, denn niemand könne garantieren, dass bei einer Zielerreichung kein Hochwasser mehr komme.

Kogler sprach sich für Entsiegelungen aus, kritisierte die Bundesländer als Blockierer, ließ sich bei der Frage, ob er gegen den Bau neuer Einfamilienhäuser sei, aber nicht aufs Glatteis führen. Babler sprach von wissenschaftlicher Evidenz und Kipppunkten beim Klimawandel. Schutzmaßnahmen kosteten Geld, dieser Wahrheit müsse man sich stellen. Meinl-Reisinger zeigte sich optimistisch, beim Bodenschutz mit den Bürgermeistern eine Lösung schaffen zu können. In Wien hätten die NEOS mit der SPÖ gezeigt, was möglich sei, und auf Landesebene ein Klimaschutzgesetz erreicht.

Nicht grün war man einander in Sachen Migration. Kickl warb einmal mehr für seine Festungs-Ideen: „Wenn die EU nicht draufkommt, dass es eine Festung Europa braucht, dann werden die Nationalstaaten für ein Umdenken sorgen.“ Das passiere jetzt ja auch überall – von der irregulären Migration unterscheiden will er „Zuwanderer, die man braucht“. Das brachte ihm von Nehammer die Kritik ein, dass er ständig Reizworte einbaue, aber keine Lösungsansätze biete. In der Sache plädierte er unter anderem für Asylverfahren in sicheren Drittstaaten eine Reduzierung der Sozialleistungen, wenn man noch keine fünf Jahre im Land lebt.

Babler wiederum hatte wenig Lust auf eine Diskussion, in der Arbeitsmigration, Asylwerber und Asylberechtigte vermischt werden. Er will Maßnahmen setzen, die zur Reduktion von Fluchtzahlen führen und darauf schauen, dass andere Staaten Flüchtlinge registrieren. Am meisten würde die Österreicher aufregen, dass Menschen nicht arbeiten dürfen und in Parks sitzen. Stattdessen brauche es Deutschunterricht und Kompetenzchecks.

Meinl-Reisinger und Kogler plädierten zur besseren Integration unisono für ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr. Die NEOS-Chefin konzedierte, beim Thema Migration umgedacht zu haben. Irreguläre Migration überfordere Menschen und Sozialsysteme. Aber auch bei der Integration und beim Deutschlernen von Kindern habe man die Positionen geändert. Man müsse etwa klarmachen, welche Werte es in Österreich gebe – mit einem Fach Demokratie. Kogler warnte davor, alle Zuwanderer in einen Topf zu werfen.

Am emotionalsten wurde es bei der Neutralität, die alle außer Meinl-Reisinger vehement verteidigen wollten. Vor allem Kickl warf ÖVP und NEOS vor, in die NATO zu drängen. Die Neutralität sei kein Auslaufmodell, sondern ein Zukunftsmodell. Irgendwann würden auch die größten Hitzköpfe draufkommen, dass es Orte zum Verhandeln braucht. Meinl-Reisinger wehrte sich dagegen, eine Kriegstreiberin zu sein. Aber: „Wir müssen leider, weil es Aggressoren wie Putin gibt, wieder wehrhaft sein.“ Am besten gehe das in Europa. Nehammer wiederum verteidigte Sky Shield als „Einkaufsgemeinschaft“, womit wiederum Babler Probleme hatte. Wäre es das, werde die SPÖ wenig Probleme haben, dort zuzustimmen. Wenn aber plötzlich in Österreich Abschussrampen stehen würden, werde es das mit der SPÖ nicht spielen. Man warte bis heute auf ein entsprechendes Gutachten.

Altbekannte Positionen tauschte man zur Koalitionsfrage aus: Nehammer schloss einmal mehr eine Zusammenarbeit mit Kickl aus, nicht aber mit der FPÖ. Der FPÖ-Chef wiederum verlangte, dass die stimmenstärkste Partei den Regierungsauftrag erhält. Ein Auf-die Seite-Treten stellte er nicht in Aussicht. Nehammer habe ohnehin „jede Position für mich ausgeschlossen, am besten sollte ich mich in Luft auflösen“. Diesen Gefallen werde er ihm aber nicht tun. Babler wiederum wollte sich den „Paarlauf“ von ÖVP und FPÖ nicht anschauen und setzte darauf, dass nicht Umfragen und Kommentare, sondern Menschen Wahlen entscheiden und deshalb auch die SPÖ die Wahlen gewinnen könne.

Meinl-Reisinger machte klar, dass die NEOS ohne Umsetzung ihrer Reformpläne in keine Regierung eintreten wollen. Kogler setzt weiter auf Gewessler, die Grünen würden als Team antreten. Weder der ÖVP noch der SPÖ glaubte er ihre Abgrenzung von Kickl bzw. der FPÖ – so wisse er etwa nicht, was den niederösterreichischen Landeshauptfraustellvertreter Udo Landbauer von Kickl unterscheide, und im Burgenland habe die SPÖ ja schon mit der FPÖ zusammengearbeitet.