Nach der siebenten Parlamentswahl innerhalb von dreieinhalb Jahren zeichnet sich in Bulgarien eine schwierige Regierungsbildung ab. Zwei rivalisierende prowestliche Lager haben in dem südöstlichen EU-Land bei der vorgezogenen Wahl am Sonntag die beiden ersten Plätze belegt.
Das Mitte-Rechts-Bündnis Gerb-SDS des dreimaligen Regierungschefs Boiko Borissow erhielt 26,38 Prozent der Stimmen, gefolgt vom liberal-konservativen Bündnis PP-DB mit 14,2 Prozent, wie die Zentrale Wahlkommission nach Auszählung aller Wahlprotokolle mitteilte. Acht politische Kräfte überwanden die Vier-Prozent-Hürde und schafften den Einzug ins Parlament.
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Diese nie dagewesene Zersplitterung der Volksversammlung dürfte die Regierungsbildung erschweren. „Es wird keinen Ausweg aus der politischen Krise geben“, sagte der Politologe Slawi Wassilew dem Staatsradio in Sofia. Wahlsieger Borissow sei nicht in der Lage, eine stabile Regierung zu bilden.
Das prowestliche PP-DB-Lager lehnt Borissow als künftigen Regierungschef ab, da es ihm korrupte Amtsführung bei seinen drei Regierungen bis 2021 vorwirft. Dennoch hatten beide prowestlichen Lager etwas weniger als ein Jahr lang gemeinsam regiert – allerdings ohne Koalitionsvertrag. Ob sich eine derartige Koalition jetzt wiederholen könnte, war auch am Tag nach der Wahl offen. Zudem wäre ein dritter Regierungspartner notwendig, um die nötige Mehrheit von 121 der insgesamt 240 Parlamentarier zu erreichen.
Borissow zeigte sich in der Wahlnacht entschlossen, eine Regierung zu bilden. „Ich werde mit jedem regieren, der unser Programm unterstützt“, sagte er. Dabei schloss er die prorussische, nationalistische und populistische Partei Wasraschdane (Wiedergeburt) als Regierungspartner aus. Diese schaffte es mit 13,35 Prozent auf den dritten Platz.
Ein populistischer Quereinsteiger landete auf Anhieb mit 4,59 Prozent auf dem achten Platz. Mit 3,99 Prozent verfehlte eine weitere populistische Partei ohne prowestliches Profil, Welitschie, knapp den Einzug ins Parlament. Sie stand bis kurz vor Auszählung aller Wahlprotokolle auf der Kippe. Beide Parteien seien symptomatisch für ein Protestvotum gegen die anderen Parteien, kommentierte die Soziologin Ewelina Slawkowa im TV-Sender Nova.