Mordversuchsprozess nach Messerstich in Linzer Innenstadt

Ein Urteil wird erst Ende November erwartet © APA/THEMENBILD/HELMUT FOHRINGER

Ein 22-Jähriger, der in der Nacht auf den 1. Mai in der Linzer Innenstadt einen ihm unbekannten Nachtschwärmer mit einem Messerstich in den Bauch lebensgefährlich verletzt haben soll, muss sich seit Montag wegen Mordversuchs vor Gericht verantworten. Das Motiv ist unklar, im Raum steht, dass das Opfer einen Streit schlichten wollte. Der Angeklagte bekannte sich nicht schuldig: „Ich werde den Stich nicht abstreiten, aber ich habe ihn in Notwehr gesetzt“, behauptete er.

Der 22-Jährige – ein in Afghanistan geborener Österreicher – hat bereits vier Vorstrafen und war erst im Jänner 2024 aus der Haft entlassen worden. Am Tattag war er ebenso wie das spätere Opfer in einem Lokal im Bereich Schillerpark. Wie die Tat kurz nach der Sperrstunde genau abgelaufen ist, ist nicht ganz klar und muss mit Zeugenaussagen und Überwachungsvideos bestmöglich rekonstruiert werden.

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Laut Staatsanwaltschaft habe es einen handfesten Streit vor dem Lokal gegeben, an dem mehrere Leute, darunter der Angeklagte und ein Bekannter des Opfers, beteiligt gewesen seien. Die angeklagte Tat wenig später hat sich aber auf der anderen Straßenseite abgespielt. Eine Überwachungskamera filmte, dass der Bekannte des Opfers und der Angeklagte einander gegenüberstanden und das Opfer sich offenbar zwischen die beiden stellen wollte. Daraufhin soll der 22-Jährige ein Messer gezückt, es dem anderen in den Bauch gerammt und die Flucht ergriffen haben.

Nur dank Notoperation überlebt

Das Opfer habe den Flüchtenden noch verfolgt und sei schließlich zusammengebrochen. Durch den Stich habe der Mann eineinhalb bis zwei Liter Blut verloren und er habe nur dank einer raschen Rettungskette und einer Notoperation überlebt, so die Staatsanwältin. Der Täter sei wenig später geschnappt worden und habe die Tat gegenüber der Polizei auch zugegeben. Im Ermittlungsverfahren schwieg er aber weitgehend. Sein Verteidiger Andreas Mauhart spricht von Notwehr, sein Mandant habe nur einen einzigen Stich gesetzt und diesen in den Bauch, wo „die Wahrscheinlichkeit zu überleben relativ hoch ist“, glaubt der Anwalt.

Der Angeklagte selbst pochte ebenfalls auf Notwehr: Die Tatwaffe gehöre nicht ihm – er habe ja ein Waffenverbot – sondern er habe das Messer bei der Rangelei zuvor gefunden – es sei seiner Ansicht nach dem späteren Opfer runtergefallen – und aufgehoben, damit niemand verletzt wird, meinte er. Das spätere Opfer sei aggressiv gewesen und habe gesagt „Gib das Messer her, sonst bekommst du Probleme“. „Ich habe einfach Angst gehabt.“ Er räumt ein, zugestochen zu haben, aber „ich habe nichts gespürt, ich wusste nicht, ob ich ihn getroffen habe“, behauptet er.

Opfer schilderte Vorfall anders

Das Opfer, das zunächst nicht zum Prozess erschienen war und von der Polizei geholt werden musste, schilderte den Vorfall im Zeugenstand komplett anders: Es habe einen Streit zwischen seinem Bekannten und dem Angeklagten gegeben. Er habe seinen Freund aus der Situation wegholen wollen. Da habe der 22-Jährige ein offenbar vorbereitetes Messer aus dem Ärmel geholt und zugestochen. „Er war sehr schnell.“ Dass er selbst aggressiv gewesen sei oder gar ein Messer dabei gehabt habe, bestritt der Ungar: „Das ist eine Lüge“, Nachsatz: „Ich bin kein Terrorist, so wie der.“

Im Laufe des Prozesses sollen noch mehrere Zeugen sowie ein medizinischer Sachverständiger und eine psychiatrische Gutachterin gehört werden. Ein Urteil ist am Montag nicht zu erwarten. Zumindest für den 27. November ist noch ein weiterer Verhandlungstermin anberaumt. Im Fall eines Schuldspruchs im Sinne der Anklage drohen dem 22-Jährigen zehn bis 20 Jahre Haft oder lebenslang.