Kapitalismus-Kritik, die die Lachmuskeln strapaziert

Schrille Komödie „Bezahlt wird nicht“ beim Theaterspectacel Wilhering

Diebische Elstern in Schwierigkeiten: Johanna Berger und Nora Dirisamer (r.)
Diebische Elstern in Schwierigkeiten: Johanna Berger und Nora Dirisamer (r.) © Reinhard Winkler

Wenn ein Theatermacher in Zeiten wie diesen die Komödie „Bezahlt wird nicht“ von Dario Fo auf den Spielplan setzt, hat er schon halb gewonnen. Kommen dann noch eine einfallsreiche Regie und bestens disponierte Darstellerinnen und Darsteller dazu, dann kann nichts mehr schiefgehen. So geschehen bei der Premiere im Rahmen des diesjährigen Theaterspectacel Wilhering. Der Premierenabend am Mittwoch wurde zum vollen Publikumserfolg.

Der spätere Nobelpreisträger Dario Fo (1926-2016) aus Mailand schrieb die Komödie „Bezahlt wird nicht“ 1974, damals vor dem Hintergrund der ersten Energiekrise in Italien, durch die alles teurer wurde. Die weniger begüterten Schichten wussten nicht mehr, wie sie Strom und Gas bezahlen und ihre Einkäufe finanzieren sollten. Hier setzte Dario Fo an: Die Leute beschlossen vorerst, im Supermarkt nur mehr die Hälfte und schließlich gar nichts mehr zu bezahlen, dafür aber die Regale leer zu räumen. Was natürlich nicht ohne Folgen bleibt und ausreichend Stoff für eine turbulente Komödie liefert.

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Ungewollt aktuell

Dass auch heute viele unter der Teuerung leiden, macht „Bezahlt wird nicht“ ungewollt aktuell. Hier stehen zwei Frauen im Mittelpunkt, die bei der Plünderung des Supermarkts kräftig hingelangt haben, nun aber nicht wissen, wie sie das ihren Männern beibringen sollen. Der Mann von Antonia arbeitet bei der Müllabfuhr, ist überzeugter Sozialdemokrat und würde „lieber sterben als stehlen“.

Margherita ist mit einem abgehobenen Schriftsteller verheiratet, der mit einem Buch die Welt verbessern will. Das Verstecken der Lebensmittel wird für die Frauen zum komödiantischen Horrortrip, nachdem sie beschließen, das Nicht-Bezahlte unter der Kleidung zu verbergen und so eine Schwangerschaft vorzutäuschen. Endgültig aus den Fugen gerät die Sache, als sich die Polizei einschaltet.

Pralle Komik

Regisseur Joachim Rathke und Dramaturgin Doris Happl haben das ohnehin an Wortwitz und Situationskomik pralle Stück noch weitergedreht, immer neue Wendungen und Verwicklungen halten das Geschehen am turbulenten Laufen. Das Publikum muss darauf achten, vor Lachen gelegentlich auch zum Durchatmen zu kommen. Die Musik von Charly Schmid sorgt für italienisches Flair. Das Ensemble leistet komödiantische Schwerarbeit, wiederum sehr zum Gaudium des Publikums. Nora Dirisamer als Antonia ist eine quirlige, durch und durch „italienische“ Hausfrau, die aber ihren Mann bei Bedarf auch schon mal durch die Küche schmeißt.

Johanna Berger gibt die Margherita fein zurückhaltend und katholisch, wird aber in den Strudel der Ereignisse hineingezogen und brilliert als Scheinschwangere mit der Nudelpackung unterm Kleid. Ferdinand Kopeinig und Henry Mason starten machomäßig, werden aber zusehends zu Opfern, eine erzwungene Verwandlung, die die Schauspieler bestens bewältigen. Stefan Wunder ergänzt in mehreren Rollen, u. a. als weinender Polizist, kongenial das komödiantische Team.

Was noch anzumerken ist: Man sollte zumindest wissen, dass Dario Fo zeit seines Lebens ein Autor war, der Komödie mit linker Gesellschaftskritik verband. Das ist aus seiner Sicht durchaus legitim. In der Wilheringer Inszenierung — die auch erfreulich heutige Bezüge enthält — hätte man gerade im zweiten Teil in manchen Passagen die Ideologie etwas zurücknehmen können.

Von Werner Rohrhofer

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