Tobias Lehmkuhl: Der doppelte Erich. Kästner im Dritten Reich

Der Journalist Tobias Lehmkuhl nimmt den bald anstehenden 125. Geburtstag von Erich Kästner zum Anlass, sich mit dem Wirken des Schriftstellers im Nationalsozialismus zu beschäftigen.

Der überaus populäre Autor wurde von den Nazis als verhasster „Asphaltliterat“ mit Publikationsverbot belegt und von der Gestapo sogar zweimal verhört. Mit dem ebenfalls verfemten Heinrich Mann stand er als Beispiel für angebliche Dekadenz und Verfall.

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Lehmkuhl sucht nach Antworten auf die Frage, warum Kästner trotzdem in Deutschland geblieben ist. Kästner gelang es, zur Nazi-Zeit unter einem Pseudonym weiterzuarbeiten. Propagandaminister Goebbels höchstpersönlich setzte mit einer Ausnahmegenehmigung durch, dass Kästner unter Pseudonym das Drehbuch zum Film „Münchhausen“ schreiben konnte.

War Kästner ein Opportunist? Der Autor hält sich zurück mit allzu moralisierenden Bewertungen. Den schwierigen Drahtseilakt, trotz Publikationsverbot wirtschaftlich zu überleben, meisterte Kästner erstaunlich souverän, ohne sich zu sehr zu kompromittieren. Sein komödiantisches Talent half ihm dabei, unverdächtige Nischen zu finden. Es spricht für Kästner, dass er nach dem Krieg nicht der Versuchung erlag, sich als heimlicher Widerstandskämpfer zu inszenieren.

Tobias Lehmkuhl: Der doppelte Erich. Kästner im Dritten Reich. Rowohlt, 304 S., € 24,70

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