Vom „Sex im Flug“ bis zum Wunder-Rüssel

Wunder und Kuriositäten im Tierreich

Verfügen über außergewöhnliche Fähigkeiten: Giraffe, Seepferdchen und Mauersegler.
Verfügen über außergewöhnliche Fähigkeiten: Giraffe, Seepferdchen und Mauersegler. © Wim — stock.adobe.com

„Es gibt mehr Dinge im Himmel und auf Erden als Eure Schulweisheit sich träumt“, lässt schon der gute alte Shakespeare seinen Hamlet sagen. Das gilt auch für das Tierreich. Hier sind es gerade die modernen wissenschaftlichen Methoden, die erstaunliche bis kuriose Erkenntnisse zu Tage gefördert haben.

Die englische Autorin Katherine Rundell hat jetzt zahlreiche Kuriositäten aus dem Tierreich in dem neuen Buch „Warum die Giraffe nicht in Ohnmacht fällt“ (Diogenes Verlag, 208 S., € 25,70) zusammengetragen.

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Kleiner Rekordflieger

Da ist etwa ein kleiner Vogel namens „Mauersegler“. Er erledigt alles im Flug, fressen, schlafen und waschen, indem er durch sanfte Regenschauer fliegt. Ja selbst Liebe und Fortpflanzung werden bei einem kurzen Zusammentreffen in der Luft absolviert. Kein Wunder, dass der Mauersegler etwa 200.000 Kilometer im Jahr zurücklegt und Zeit seines Lebens locker auf zwei Millionen Kilometer kommt, wobei er bis zu 170 km/h erreicht.

Rekordverdächtig ganz anderer Art ist der Grönlandhai, er gilt heute als das langlebigste Wirbeltier der Welt. Mit neuen wissenschaftlichen Methoden ist es relativ exakt möglich, das Alter dieser Meeresbewohner zu ermitteln, wobei deren Größe als Indikator für die Lebenszeit gilt. Es existieren Grönlandhaie von bis zu sieben Metern Länge, deren Alter demnach über 500 Jahre beträgt. Ein Haiweibchen muss erst einmal 150 Jahre alt werden, ehe es sich überhaupt fortpflanzen kann.

Geboren auf Eis

Bleiben wir in Grönland, aber über dem Wasser: Hier leben die Robben, deren Jungen auf dem ewigen Eis geboren werden. Ihr Leben ist von der ersten Minute an ein Wettlauf gegen die Zeit, müssen sie doch abgestillt sein und schwimmen können, ehe das Eis schmilzt. Der Klimawandel wird dabei zunehmend zum Problem, ganze Generationen von jungen Robben ertrinken, weil das Eis frühzeitig verschwindet.

Das Stichwort Eis führt zu einer ganz anderen Kuriosität – zum Waldfrosch. Dieser übersteht den Winter, indem er sich vollständig gefrieren lässt, das Wasser, das seine Organe umgibt, wird zu Eis.

Sein Herz schlägt immer langsamer und steht schließlich ganz still. Mit Beginn des Frühlings taut der Waldfrosch auf, sein Herz beginnt ganz von selbst wieder zu schlagen. Dazu Autorin Rundell: „Wir verstehen immer noch nicht, woher es weiß, dass es erneut schlagen soll.“

Blut im Kopf

Vom kleinen Frosch zur großen Giraffe. Um zu trinken, muss sie sich mit gespreizten Beinen zur Erde beugen. Dabei schießt der Giraffe naturgemäß viel Blut in den Kopf. Und hier hat Mutter Natur clever vorgesorgt: Das Blut wird in besonderen Gefäßen im Kopf gespeichert und versorgt dann beim Aufrichten das Gehirn mit Sauerstoff, damit die Giraffe nicht in Ohnmacht fällt!

Von der Giraffe zu einem anderen Geschöpf von ebenso beachtlichen Ausmaßen: dem Elefanten! Dessen Rüssel besteht aus nicht weniger als 40.000 Muskeln, der Mensch hat im Vergleich nur 650 im ganzen Körper! Der Rüssel kann als ein „Werkzeug“ der Extraklasse eingestuft werden.

Der Elefant kann mit seiner Spitze einen einzelnen Grashalm ergreifen, er kann mit dem Rüssel aber auch bis zu 350 Kilogramm heben oder einen Menschen in die Luft schleudern. Seine 2000 Geruchsrezeptoren lassen den Elefanten Wasser auf eine Distanz von mehr als drei Kilometern erschnuppern. Freilich ist der Rüssel auch der Grund, warum sich der Elefant vor Bienen fürchtet, denn diese lieben es, ihn gerade in dieses weiche Gewebe zu stechen.

Bekannt ist die Intelligenz der Krähen. Die Größe ihres Gehirns in Relation zur Körpermasse ist nur wenig geringer als beim Menschen. Krähen können aus Zweigen Werkzeuge herstellen, Futterautomaten bedienen, vor allem aber zeigen sie Reaktionen, um nicht zu sagen Emotionen.

Experimente machten deutlich, dass Krähen, die zum Beispiel von Studenten kurzzeitig eingefangen und dann wieder freigelassen wurden, dies nicht „verzeihen“, im Gegenteil, sie griffen auch später die Studenten immer wieder an und beschimpften sie. Freilich, Krähen, die besonders gut behandelt wurden, stellten sich mit kleinen „Geschenken“ wie zum Beispiel einer Büroklammer oder einem Legostein ein.

„Schwangere“ Männchen

Seepferdchen sind die einzigen Tiere, bei denen die Männchen den Nachwuchs zu Welt bringen! Das Weibchen deponiert die Eier in der Bauchtasche des Männchens, wo sie befruchtet und zwei bis sechs Wochen ausgetragen werden.

Bei der Geburt schießen eruptionsartig unzählige winzige Seepferdchen aus dem Bauch des Männchens hervor, von denen freilich kaum ein Prozent überlebt. Das dürfte auch der Grund sein, warum die Männchen die Schwangerschaft übernehmen. Auf diese Weise können die Weibchen sofort die nächsten Eier produzieren, was insgesamt mehr Schwangerschaften und damit mehr Jungtiere ermöglicht.

Wie gesagt, es gibt „mehr Dinge zwischen Himmel und Erde…“. Wobei die Kuriositäten nur ein, und gar nicht der wichtigste Aspekt sind. Vielmehr ist es die enorme Vielfalt an Lebensformen, die staunen lässt und deren Erhaltung gerade in Zeiten des Klimawandels und der Umweltprobleme ein zentrales Anliegen sein muss!

Von Werner Rohrhofer

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