Abgang einen Tag nach der Wahl

Thüringens mit Hilfe der AfD gewählter Ministerpräsident macht Weg für Neuwahl frei

Obwohl seine FDP bei der Landtagswahl in Thüringen nur fünf Prozent erreicht hat, war Thomas Kemmerich am Mittwoch im Erfurter Landtag überraschend mit den Stimmen von CDU und AfD zum Ministerpräsidenten gekürt und Amtsinhaber Bodo Ramelow (Linke) abgewählt worden. Es folgte ein nationaler Aufschrei — auch aus der Berliner FDP- bzw. CDU-Zentrale.

Donnerstagfrüh trotzte Kemmerich dem Sturm noch, wies Rücktrittsforderungen zurück und verkündete, mit CDU, SPD und Grünen eine Minderheitsregierung bilden zu wollen.

Da war FDP-Bundeschef Christian Linder schon auf dem Weg nach Erfurt, um den Parteifreund ins Gebet zu nehmen.

Merkel: Kemmerichs Kür „unverzeihlich“

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Aus dem fernen Südafrika kritisierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Kemmerichs Kür als „unverzeihlich“ und forderte auch an die Adresse der Thüringe-CDU, das Ergebnis müsse rückgängig gemacht werden.

So geschah es dann. Keine 24 Stunden nach der Wahl erklärte Kemmerich den Rücktritt — und machte den Weg für Neuwahlen frei. Er wolle den Makel der Unterstützung durch die rechtspopulistische AfD vom Amt des Ministerpräsidenten nehmen, begründete er seine Entscheidung und sah sich plötzlich als Opfer. „Gestern hat die AfD mit einem perfiden Trick versucht, die Demokratie zu beschädigen“, sagte er nach dem Gespräch mit Lindner, der selbst unter Druck geraten ist und heute im FDP-Vorstand die Vertrauensfrage stellen wird. „Demokraten brauchen demokratische Mehrheiten. Die sich offensichtlich in diesem Parlament nicht herstellen lassen“, so Kemmerich, der das zuvor noch anders gesehen hatte.

Thüringer CDU (noch) gegen Neuwahlen

Die FDP-Fraktion Thüringen will einen Antrag auf Auflösung des Landtags zur Herbeiführung einer Neuwahl stellen. Um die Auflösung zu beschließen, bedarf es aber einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Um diese zu erreichen, müssten neben Linken, den Sozialdemokraten, Grünen und FDP auch CDU oder AfD dafür stimmen. Die Erfurter CDU kündigte allerdings an, keine Neuwahlen unterstützen zu wollen. In diesem Fall will Kemmerich die Vertrauensfrage stellen, bei der die Stimmen von FDP, Grünen, SPD und Linkspartei reichen. Man dürfe „Bürgerinnen und Bürger nicht so lange an die Wahlurnen bitten, bis das Ergebnis passt“, argumentiert die Landes-CDU, die wohl noch mit Überzeugungsarbeit der Berliner Zentrale konfrontiert sein wird.

Ramelow hofft auf Comeback

Der abgewählte Bodo Ramelow steht für eine weitere Amtszeit bereit. „Der gewählte Ministerpräsident sei zwar legal ins Amt gekommen, aber politisch nicht legitimiert“, sagte Linke-Vizechef Steffen Dittes.

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