Alle Jahre wieder: Islam-Vereine huldigen einem Antisemiten

Auch in Österreich Gedenkveranstaltungen für Milli-Görüs-Gründer Necmetin Erbakan, der Juden und Demokratie als Feindbild pflegte

Unbeeindruckt von Kritik organisiert die islamisch-fundamentalistische Milli-Görüs-Gemeinschaft (IGMG) auch heuer wieder in aller Welt Gedenkveranstaltungen für den türkischen Ex-Premier und Gründer der Milli-Görüs-Bewegung, Necmettin Erbakan. In Australien, USA und Europa laden IGMG-Vereine in den kommenden Tagen zu insgesamt 44 „Önden Gidenler“-Gedenkevents für neun „Pioniere des Islam“.

An erster Stelle der Geehrten steht der am 27. Februar 2011 verstorbene Erbakan, den der oberösterreichische IGMG-Ableger — die Austria Linz Islamische Föderation (Alif) — als „großen islamischen Vordenker“ betrachtet.

In sozialen Netzwerken verbreitete Einladung zum Gedenken an den Antisemiten Erbakan (vorne) und andere „Pioniere des Islam“ am kommenden Sonntag in Traun.
In sozialen Netzwerken verbreitete Einladung zum Gedenken an den Antisemiten Erbakan (vorne) und andere „Pioniere des Islam“ am kommenden Sonntag in Traun. © Screenshot: Facebook

Was Erbakans „Vordenken“ in den Köpfen türkisch-stämmiger Muslime bewirkt, bereitet Politikern und Verfassungsschützern Kopfzerbrechen. Denn der Mann war nicht nur überzeugt, dass „Juden seit 5700 jahren die Welt regieren“. Er predigte auch eine „gerechte islamische Ordnung“ (Adil Düzen), die die westliche Ordnung ersetzen sollte. Das „’Adil Düzen’-Konzept als Ziel der politischen Bewegung Milli Görüs ist mit den Grundprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht vereinbar“, heißt es in einem deutschen Verfassungsschutzbericht. Erbakans Antisemitismus hatte IGMG-General Bekir Altas im Dezember bei einem Besuch in Wien nicht bestritten, aber gemeint, es brauche zur Aufarbeitung „noch etwas Zeit“.

Erbakan-Feier in Traun

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Erbakans Saat trägt auch in Österreich hässliche Früchte — sichtbar etwa im vergangenen Jahr in antisemitisch konnotierten Facebook-Postings eines Trauner Alif-Funktionärs. Nach einem VOLKSBLATT-Bericht darüber nahm die Stadt den örtlichen Alif-Verein unter die Lupe. In einem nicht veröffentlichten Bericht an den Integrationsausschuss wird festgehalten: „Erbakan lehnte säkulare Demokratien ab“. Alif wurde ein Bekenntnis zu Menschenrechten, Verfassung und humanistischem Gedankengut abverlangt. „Nach einem klärenden und konstruktiven Gespräch … konnten diese Punkte abgehakt werden“, so der Bericht.

Kampf gegen Ungläubige

Es gibt erneut Gesprächsbedarf. Denn die oberösterreichische „Önden Gidenler“- Feier findet am Sonntag im Trauner Alif-Zentrum statt. Den aus der Türkei anreisenden Referenten Geylani Akan, der am Vortag bei der Islamischen Föderation Wien (IFW) auftreten wird, hatten deutsche Verfassungsschützer schon vor Jahren im Visier: Bei einem Vortrag in Braunschweig habe Akan gefordert, jeder Muslim solle „in seinem Leben einen sichtbaren Fußabdruck im Kampf gegen die Ungläubigen hinterlassen“, heißt im niedersächsischen Verfassungsschutzbericht 2011.

Das VOLKSBLATT bat Alif, den Vorsitzenden der Islamischen Religionsgemeinde Linz, Binnur Mustafi, und auch Akan selbst um eine Stellungnahme, erhielt aber keine Antwort.

Traun bleibt im Dialog

Dass Erbakan antisemitische Sprüche getätigt hat, „ist ein Fakt“, räumt der Trauner Integrationsbeauftragte Jürgen Plank ein. Gegen das Erbakan-Gedenken am Sonntag wird sich die Stadt aber nicht positionieren: Plank verweist auf eine „schwierige Gratwanderung“: „Wir werden etwas sensibler sein, was gemeinsame Projekte anbelangt, aber wir halten den Dialog aufrecht.“

Von Manfred Maurer

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