Alpines Glücksgefühl zum Gipfelsieg

„Die Geierwally“ in der Regie von Sara Ostertag am Landestheater Linz

Gunda Schanderer — mit dem Jungadler (Elisabeth Baehr) — ragt in der Inszenierung als Wally heraus.
Gunda Schanderer — mit dem Jungadler (Elisabeth Baehr) — ragt in der Inszenierung als Wally heraus. © Petra Moser

Märchen, Jux und viele ernsthafte Überlegungen ranken sich um die respektvoll erzählte Original-Story. „Die Geierwally“ in der Regie und Bühnenfassung von Sara Ostertag feierte am Freitag in den Kammerspielen Linz einen umjubelten Gipfelsieg.

Mehr Mut als die Männer

Mutiger als alle Männer nimmt die Tochter des reichen Höchstbauern ein Adlernest aus, weigert sich, den Mann, den ihr Vater für sie ausgesucht hat, zu heiraten, weil sie den Bärenjosef liebt. Der Vater verjagt sie vom Hof. In der Bergeinsamkeit lernt sie Freiheit und Unabhängigkeit zu schätzen. Nach dem Tod ihres Vaters kehrt sie zurück in eine unverändert von Traditionen gesteuerte Welt.

Auf vielen Ebenen tummelt sich diese „Geierwally“. Einen Gipfel erklimmt auch Jelena Poprzan als Komponistin und Life-Musikerin. Zum Bauerndrama klingt Musik aus den Bergen, aus allen Kontinenten, von Eigenkompositionen bis zur klassischen Oper. Eine Augenweide dazu die Kostümkreationen von Nanna Neudeck vor allem für Adler und Bär, gelungen auch die Trachten-, Arbeits- und Festtagskleider mit traditionellen Elementen, die jedoch nie ins Lächerliche driften. Die abstrakte Bühne (ebenfalls von Nanna Neudeck) führt über schräg-schroffes Gelände. Gefährliche Eisfelder reißen so manchen in die Tiefe. Hof, Stall, Wirtshaus bieten Zuflucht für Mensch und Tier.

Tiere sind neben der Wally die einzigen weiblichen Gestalten, alle anderen Frauenfiguren werden von Männern gespielt. Traditionsgesteuerte „richtige“ Männer folgen Choreografien zu anzüglich männlichen Gesten. Überhaupt fliegen Metaphern, Analogien, Zitate dem Publikum nur so um Augen und Ohren. Wiederkehrende Eisbrocken stehen für Kälte wie Zerbrechlichkeit. Den Eisklotz etwa, der Wallys Mitte schützt, zerdrischt sie auf dem Schädel vom Vinzenz als der dran züngeln will.

Gunda Schanderer ragt als Wally heraus. In Seilen aus dem Schnürboden schwebend, erringt sie das Adlernest, rettet das Junge. Sie bleibt als einzig realistische Frau klar im Denken und Reden. Menschenscheu, aber unbeirrbar wie die Wally agiert die elfjährige Elisabeth Baehr als kleiner Adler. Der Bär des Bärenjosef (Sabine Rechberger) ist Wallys zweiter bedingungsloser und wärmender Begleiter.

„Mei Tochter ghert mir!“

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Den Höchstbauern vulgo Daniel Klausner treibt die Tradition. „Mei Tochter ghert mir!“ Widerspruch bricht er mit dem Prügel. „In die Berg bini gern und da gfreit si mei Gmüad“, unter süßer Zweistimmigkeit spielt sich brutale Gewalt ab. Als Bärenjosef stellt Helmut Häusler weniger seinen Mann als machomäßige Unsicherheit. Märchenhaft weibliches Hexenstigma verkörpert Markus Ransmayr als Josefs Mutter. Ein spürbar homogenes Ensemble sprengt das versteinerte Gebirgsdrama.

Dem Publikum im Landestheater bleibt ein alpines Glücksgefühl zum Gipfelsieg von Regie, Schauspiel, Bühne und Musik.

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Nächste Vorstellungen am 4., 16., 27. Februar; Karten: Tel. 0732/7611-400

 

Von Eva Hammer

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