Als ein Zeigefinger Geschichte schrieb

Streaming-Dienst Sky zeigt ab 21. Oktober „Die Ibiza-Affäre“

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Wer, bitte, hat nicht mehr das Bild von Johann Gudenus, u.a. ehemaliger FPÖ-Klubobmann, im Kopf, wie er seinen Zeigefinger geschichtsträchtig zum Pistolen-Lauf streckt, um zu verdeutlichen, wer Gaston Glock sei?

Was folgt, ist längst Geschichte, Gudenus tritt zurück, Vizekanzler Heinz-Christian Strache tritt zurück, die Koalition zwischen FPÖ und ÖVP wird beendet, Österreich bekommt eine Übergangsregierung, am 29. September 2019 finden vorgezogene Nationalratswahlen statt.

Und das alles nur, weil … Ja, weil Strache und Gudenus gerne Urlaub auf Ibiza machen? Weil sich ein Privatdetektiv Gedanken über Moral macht? Weil ein Wiener Anwalt einen Bundeskanzler Strache verhindern will?

Regisseur Christopher Schier liefert Ansätze, entscheidet nicht. Die Basis ist klar, „Die Ibiza Affäre“, als vierteilige Serie ab 21. Oktober auf Sky zu sehen, verschleiert nicht, deutet nicht um: Strache ist Strache, Gudenus Gudenus und die FPÖ die FPÖ.

An jenen Stellen, die bis heute unklar sind, wird die Serie fiktiv, rechtlich wohl abgesichert mit Texttafeln zu Beginn und zwischendurch. Dreh- und Angelpunkt ist Julian H., jener Privatdetektiv, der eineinhalb Jahre nach der Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ in Berlin festgenommen wurde.

Schier besetzt ihn grandios mit Nicholas Ofczarek, der aus dem Detektiv einen schmierigen und gefährlichen Türsteher-Typen macht, dem jedoch die eigene Schneid immer unheimlicher wird und der, spätestens als Kickl Innenminister wird, um seine Freiheit, wenn nicht gar sein Leben fürchtet.

Die anderen Darsteller sind da schon mehr an die realen Vorbilder gebunden, überzeugen bei dieser Nachahmung aber ungemein. Andreas Lust wird zu HC Strache, auch wenn er mit dem Kopf nach unten auf der balearischen Massageliege liegt und der Zuschauer erst nur seine Stimme hört. Julian Looman ist ein Gudenus, der seinem Herren dient, das aber nicht immer recht geschickt.

Dass der Ausgang der Story, die zu einem Stück österreichische Zeitgeschichte wurde, hinlänglich bekannt ist, tut der Spannung der Mini-Serie keinen Abbruch. Hat man Gudenus´ Gangster-Auftritt oder diverse Strache-Sprüche à la „Journalisten sind sowieso die größten Huren auf dem Planeten“ oder „Zack, zack, zack“wohl noch im Kopf, so sind es die genauen Abläufe sicher nicht — und Unbekanntes hat Schier perfekt ins Bekannte drapiert.

Von Mariella Moshammer

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