Am „Golden Circle“ im Süden Islands

Wieder rumort es in Island. Schon 2011 legte der Gletschervulkan Grímsvötn den Flugverkehr lahm. Jetzt befürchtet man wieder einen Ausbruch des aktivsten Vulkans auf der Insel im Nordatlantik. Manche Isländer sehen darin weniger die Gefahr, denn das Wikingervolk im hohen Norden lebt seit seiner Ankunft im 9. Jahrhundert tagtäglich mit Vulkanen und Geysiren, mit heißen Quellen und Gletscherzungen. Heute kurbeln Feuer und Eis vielmehr Islands Tourismus an.

Puffins — putzige Bewohner Islands © Farbwerk/Liz Blur

Es dämmert nach der Ankunft am Flughafen bei Reykjavík, schon auf der Fahrt zur Unterkunft fallen mir in der Gegend weiße Wölkchen nah am Boden auf. Es ist Wasser, das verdampft, denn unter der Erde ist es warm.

Das Vulkanische sorgt für das beste Heizungssystem auf der Welt, denn der Großteil der Energie für Strom, Heizung und Warmwasser kommt in Island aus geothermalen Kraftwerken.

Die „Blue Lagoon“ (Blaue Lagune), ein Thermalfreibad bei Grindavík, macht aus dem heißen Wasser ein attraktives Spa-Resort. Bei der Fahrt durchs Land bekommt man sowieso immer wieder die Möglichkeit, sich in einen der unzähligen „Hotspots“ zu hocken, kleine Pools für sechs, acht Leute, die wie ein privates Mini-Freibad angeboten werden. Man genießt das warme Wasser und lässt bei einem gemütlichen Bier den Tag ausklingen.
Meine Tour folgt dem „Golden Circle“ (Goldene Rundfahrt), auf dem man die gesamte Insel umrunden kann.

Ich bleibe im Süden, der „Große Geysir“ ist mein erster Haltepunkt. Alle paar Minuten spuckt die Erde eine heiße Wasserfontäne mit der Höhe von 30 Metern aus, rundherum begeisterte Touristen.

Eiskalter Wassernebel schlägt einem dagegen beim Wasserfall Gullfoss ins Gesicht, auch hier herrscht fast ein Gedränge. Der behäbige Fluss Hvítá fräst seit der Eiszeit Stufen aus, in der das Wasser mächtig in eine tiefe lange Schlucht stürzt.

Eiszeit mit Trollen und Pferden

Wandert man ein wenig in der Gegend herum, kann man eine Herde Islandpferde beobachten, die von einem Reiter im Tölt (Anm., Schnellschritt, für Islandpferde typisch) auf eine Wiese getrieben wird. Das Gras kurz, würzig, wie auf der Alm. Auch Schafe kann ich immer wieder entdecken, die im Sommer viel Freiheit genießen, denn sie sind alleine im Land der Trolle unterwegs. Zäune entdeckt man kaum. Vor dem Wintereinbruch werden sie zusammengebtrieben, härter im Nehmen sind die Pferde, so manche Herde überwintert draußen.

Abseits der Touristen-Haltepunkte am „Golden Circle“ eröffnet sich eine vielfältige Landschaft. Sie erzählt in den Farben und Formen von Vulkanen. Schwarze Erde, rote Erde, versteinerte Lavasäulen, die wie kleine Figuren auf Bergkämmen stehen. „Das sind die Trolle“, denke ich beim Aufstieg auf einen Gipfel im Hochland Landmannalaugar, in der sich faszinierende Farbkontraste bieten. Am Fuß bunter Berge schiebt sich ein schwarzer Obsidianstrom in eine breite Ebene, in der man auch campieren kann.

Paddeln zwischen den Eisbergen

Das Eis spielt am Wassergletscher Vatnajökull, übrigens der größte Gletscher Islands und zudem außerhalb des Polargebiets auch der größte Europas, die Hauptrolle. Man kann die bizarren Eisfelder, die auf den Bergen wie Lebewesen hocken, nicht nur beobachten, sondern auch bei einer geführten Tour besteigen. Für die Gletschertour bekomme ich Steigeisen, Helm und Pickel. Dann beginnt mein Aufstieg in die Eiswelt, die unter der Sommersonne nicht nur blaues Eis, sondern auch viele Bäche hervorbringt. In kleinen Eishöhlen funkelt es, als hätte ich einen Diamanten betreten.

Auch Gletscher kalben. Eismassen brechen in Gletscherseen ein, sorgen dort für schwimmende Eisberge. Ich bin ein wenig ängstlich als ich, ausgestattet mit einem Trockenanzug, in das Kajak klettere. Das Wasser in der Gletscherlagune ist braun vom aufgewühlten Schlamm, ich sehe nicht zum Grund. Auch wie weit Eisberge sich unter der Oberfläche ausbreiten, ist nicht zu sehen. Doch die glitzernde Welt strahlt Ruhe aus und ich genieße bald die Fahrt durch das ewige Eis, das sich auf den Weg gemacht hat, um zu Schmelzen.

Diamanten im schwarzen Sand

Der kalbende Gletscher macht Jökulsárlón, die Gletscherlagune im Süd-Osten Islands, zur berühmtesten Sehenswürdigkeit des Landes. Die Lagune liegt wie ein Fjord unterhalb des Gletschers und ist mit dem Meer verbunden. Riesige Eisberge treiben ins Meer hinaus, tanzen wie Wale auf starken Wellen, bis sie im schwarzen Sand der „Diamond Beach“ (Diamantenbucht) stranden. Ein Naturschauspiel, an dem der Mensch nicht unbeteiligt ist. Denn auch in Island schmelzen die Gletscher schneller als je zuvor. In nur 200 Jahren könnte der gesamte Vatnajökull mit dem geschätzten Eisvolumen von 3000 Kubikmetern verschwunden sein, mit ihm auch eine der wichtigsten Wasserversorger Islands. Dann wird wieder das pulsierende Feuer im Erdinneren die Oberhand gewinnen.

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