Islamismus-Expertin für Burka-Verbot in der Schweiz

Schweizer stimmen über ein Burka-Verbot à la Österreich ab — Islamismus-Expertin Keller-Messahli ist sehr dafür

Soll das in der Schweiz wie in Österreich verboten werden?
Soll das in der Schweiz wie in Österreich verboten werden? © ricky martin/EyeEm - stock.adobe.com

Was in Österreich seit 2017 verboten ist, könnte auch in der Schweiz bald untersagt sein: Die Eidgenossen stimmen am 7. März über die Volksinitiative „Ja zum Verhüllungsverbot“ ab.

Das VOLKSBLATT sprach darüber mit der Schweizer Islamismus-Expertin Saida Keller-Messahli.

VOLKSBLATT: Regierung und Parlament lehnen ein Verhüllungsverbot unter anderem deshalb ab, weil in der Schweiz nur 20 bis 30 Frauen verschleiert seien. Wird hier nur viel Lärm um fast nichts gemacht?

Saida Keller-Messahli: Widerstand gegen den Politischen Islam ist angesagt! ©Stanislav Jenis
Saida Keller-Messahli: Widerstand gegen den Politischen Islam ist angesagt! ©Stanislav Jenis

SAIDA KELLER-MESSAHLI: Die Vollverschleierung der muslimischen Frau ist nicht eine Frage der Arithmetik, sondern primär der Ethik. Die Vollverschleierung möchte die Frau unsichtbar machen im öffentlichen Raum. Die Frau wird im Koran (Sure 24) als „awra“ bezeichnet, was „unanständig“ bedeutet. Gestützt auf diese Bezeichnung sind Hadithe entstanden, die Eingang in die islamische Rechtsprechung (Scharia) gefunden haben und äußerst diskriminierend sind. Nach diesem Konzept hat die Frau ihren Körper zu verhüllen, weil er Quelle von Sünde und Versuchung für den Mann ist. Das ist das Frauenbild, das hinter jeder Verschleierung im Namen des Islams steckt, egal ob Kopftuch oder Vollverschleierung.

Eine Selbstverständlichkeit

Wie geht es Ihnen damit, dass Sie eine feministische Initiative der rechtspopulistischen Volkspartei (SVP) unterstützen, die 1990 noch gegen das Stimmrecht für Frauen im Kanton Appenzell-Innerhoden mobil gemacht hatte?

Bei einer Initiative ist nicht die Gesinnung der Initianden relevant, sondern allein der Initiativtext. Dieser lässt keine Mehrdeutigkeit zu: Es geht darum, zu verhindern, dass Vermummte im öffentlichen Raum erscheinen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit in einer offenen Gesellschaft wo man sich unverhüllt zu erkennen gibt.

Auch der „Rat der Religionen“, in dem die großen Religionsgemeinschaften vertreten sind, lehnt das Verhüllungsverbot als Einschränkung der Religionsfreiheit ab. Ist das kein Argument?

Der Rat besteht zu 99 Prozent aus Männern, die kein Interesse an der Emanzipation von muslimischen Frauen haben. Sie argumentieren mit der Religionsfreiheit, wohlwissend, dass die höchste Instanz des sunnitischen Islams, die Al Azhar-Universität in Kairo, festgehalten hat, dass ein Niqab kein religiöses Gebot darstellt. Auch hat der EGMR in Straßburg entschieden, dass ein Niqab-Verbot nicht gegen die Religions- oder Gewissensfreiheit verstößt. Das wird aber geflissentlich ignoriert.

Zynischer Vergleich

Farhad Afshar, Koordinator der Islamischen Organisationen in der Schweiz sagte, dass seit Beginn der Corona-Pandemie Millionen von Menschen faktisch einen Niqab tragen würden. Was sagen Sie dazu?

Er muss es ja wissen, als Mann… Der Vergleich ist an Zynismus nicht zu überbieten: Gerade er als Iranstämmiger sollte wissen, wie sehr iranische Frauen darunter leiden, dass die Verschleierung in ihrem Land vorgeschrieben ist und von der Sittenpolizei strikt kontrolliert wird.

Die Sozialdemokraten argumentieren auch mit dem Selbstbestimmungerecht der Frauen gegen ein Verhüllungsverbot. Sollten Frauen nicht wirklich selbst entscheiden, was sie sich über den Kopf ziehen oder nicht?

Die Sozialdemokraten – nicht alle! – suchen verzweifelt nach Argumenten, weil die Initiative vom falschen Absender kommt. Würden ihnen die Menschenrechte von muslimischen Frauen am Herz liegen, wäre die Initiative von ihnen gekommen. Ich bin auch für das Selbstbestimmungsrecht der Frauen, das in islamischen Ländern konkret inexistent ist. Mir geht es darum aufzuzeigen, warum die Verschleierung des weiblichen Körpers im Islam ein Thema ist und was für ein diskriminierendes Frauen- und Männerbild dahintersteckt.

Gespaltene Linke

Ist die Linke in dieser Frage geschlossen?

Die Linke ist fast hälftig gespalten in dieser Frage. Die hohe Zustimmung zur Initiative belegt das und die Spaltung geht durch alle liberalen und linken Parteien hindurch.

Wie schaut es bei den Muslimen aus – haben Sie dort auch Verbündete?

So ist es auch unter Muslimen. Der in Moscheen organisierte Islam folgt meistens der Linken, sie hat ihn immer schon hofiert. Da gibt es strukturelle und personelle Verbindungen. So ist etwa der Pressesprecher der Föderation der islamischen Dachverbände der Schweiz (FIDS) gleichzeitig auch Lokalpolitiker der Grünen. Hingegen die große Mehrheit der Muslime, die mit den konservativen Moscheen nichts zu tun hat, wird für die Initiative stimmen, weil sie die Vollverschleierung der muslimischen Frau als extremistisches Statement verstehen und ablehnen.

Wundert Sie angesichts des großen Widerstandes der Institutionen die sich abzeichnende deutliche Mehrheit für die Initiative?

Nein. Die Stimmberechtigten erkennen sehr wohl, dass ein Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum begründet und sinnvoll ist. Es ist auch legitim, in der Verfassung festzuhalten, dass wir in der Schweiz mit unverhülltem Gesicht miteinander kommunizieren.

Politischer Islam hofiert

Was haben Sie in Ihrem Kampf für einen fortschrittlichen Islam gewonnen, wenn der Politische Islam symbolisch von den Köpfen, aber nicht aus den Köpfen verschwindet?

Der Politische Islam hat sich fast in allen demokratischen Ländern ausgebreitet, weil man ihn in den letzten 50 Jahren hat machen lassen und ihn hofiert hat. Heute ist Widerstand angesagt. Nur mit Widerstand und Aufklärung kann verhindert werden, dass sich die Situation zusätzlich verschlimmert.

Schockierende Vergleiche

Könnte der Streit um die Verschleierung muslimischen Extremisten nicht dabei helfen, ihre Thesen von „Islamophobie“ und „antimuslimischem Rassismus“ unter die Leute zu bringen?

Diese Gefahr wird aufgebauscht. Extremisten, allen voran Vertreter der Muslimbruderschaft, werfen seit Jahren ihren Kritikern „Islamophobie“ vor, damit diese eingeschüchtert werden und schweigen.

Nach dem Mord am Lehrer Samuel Paty hat Frankreich das „Kollektiv gegen Islamophobie in Frankreich“ (CCIF) verboten, weil eine Verbindung zwischen Islamisten des CCIF und dem Mord bestand. Es hat sich übrigens inzwischen in Brüssel installiert, diesmal als „Kollektiv gegen Islamophobie in Europa“ (CCIE). (https://www.lefigaro.fr/actualite-france/dissous-le-ccif-se-reconstitue-en-belgique-20210214) Man sollte also immer zuerst klären, wer „Islamophobie“ schreit.

Auch das Wort „antimuslimischer Rassismus“ ist ein Widerspruch in sich. Rassismus bezieht sich auf eine Rasse und deutet an, dass man eine Person aufgrund ihrer Herkunft oder Hautfarbe diskriminiert. Es ist zu beobachten, dass Islamisten versuchen mit einem Opferdiskurs ein Narrativ zu erfinden, das suggeriert, die Muslime seien heute in Europa das, was die Juden in den 30er Jahren waren. So hat der Islamwissenschaftler Farid Hafez eine Razzia der Polizei gegen mutmaßliche Muslimbrüder und Hamas-Aktivisten in Österreich mit der „Kristallnacht“ in Verbindung gebracht.

Dasselbe tut ein muslimischer Kandidat der Grünen in der Schweiz indem er das Verhüllungsverbot auf Twitter wie folgt kommentiert: „Gestern ein Minarettverbot, heute ein Burkaverbot, morgen die Bücherverbrennung und die Kristallnacht in unseren Straßen.“

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Es sind solch unverfrorene, schockierende Vergleiche die letztlich zu Islamfeindlichkeit führen können.

Mit Islamismus-Expertin SAIDA KELLER-MESSAHLI sprach Manfred Maurer

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