Ausschreitungen in Stuttgart: Politik und Polizei beraten über Folgen

In der Innenstadt von Stuttgart ist kaum noch etwas zu sehen von den Schäden, die in der chaotischen Nacht aus Randale und Plünderei entstanden sind. Gewaltige Spuren hat die Randale dennoch hinterlassen. Politisch werden Konsequenzen gefordert, im Stuttgarter Rathaus wird über die Folgen beraten und die Polizei bringt ein Alkoholverbot für Teile der City in die Debatte.

Stuttgarts Polizeivizepräsident Thomas Berger beziffert den Schaden durch die marodierenden Gruppen auf einen sechs- bis siebenstelligen Betrag. Unter anderem wurden in der Nacht auf Sonntag 40 Läden beschädigt und zum Teil geplündert, zudem zwölf Streifenwagen demoliert, sagte der Leiter des Polizeieinsatzes während der nächtlichen Randale in einem Interview mit dem Journalisten Gabor Steingart. 19 Polizisten seien infolge „total enthemmter Gewalt“ verletzt worden, einer davon brach sich das Handgelenk, sagte Berger.

Auslöser für die Auseinandersetzungen sei die Drogenkontrolle bei einem 17-Jährigen gewesen, mit dem sich gleich mehrere Hundert Menschen solidarisierten. An den Krawallen in der Nacht auf Sonntag waren nach Angaben der Polizei 400 bis 500 Menschen beteiligt. 24 Menschen wurden vorläufig festgenommen.

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verurteilte die gewaltsamen Ausschreitungen scharf und stellte sich demonstrativ hinter Polizeibeamte. „Gewalt, Vandalismus, schiere Brutalität – wie am Wochenende in Stuttgart gesehen – müssen mit aller Härte des Rechtsstaats verfolgt und bestraft werden“, sagte Steinmeier in Berlin. „Wer Polizistinnen und Polizisten angreift, wer sie verächtlich macht oder den Eindruck erweckt, sie gehörten “entsorgt„, dem müssen wir uns entschieden entgegenstellen.“

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Nach wie vor ist unklar, wie sich die Gewalt so sehr entladen konnte. Festzustehen scheint für die Polizei, dass die Randale nicht politisch motiviert war. Es seien vielmehr Menschen aus der sogenannten Party- und Event-Szene gewesen, die sich in den vergangenen Wochen immer wieder draußen getroffen und sich in den sozialen Medien mit ihrem Handeln inszeniert hätten.

Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel verurteilte die Krawalle in Stuttgart scharf. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin, die Szenen seien „abscheulich“ gewesen und mit nichts zu rechtfertigen. Sie seien gegen die Stadt und ihre Bürger gerichtet gewesen. Seibert dankte zugleich der Polizei. Die Bundesregierung wisse sehr wohl, was die Polizisten tagtäglich leisteten. Den Verletzten wünschte Seibert baldige Genesung.

Der deutsche Innenminister Horst Seehofer bezeichnete die Ausschreitungen in Stuttgart als „Alarmsignal für den Rechtsstaat“. Er erwarte, dass die Justiz gegen die beteiligten Täter eine „harte Strafe“ ausspreche, sagte Seehofer am Montag vor Journalisten in der baden-württembergischen Hauptstadt. Es gehe dabei um die „Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats“. Nach den Ereignissen dürfe es nun „nicht bei Entrüstung bleiben“, sagte der Minister.

Die Vorgänge in Stuttgart müssten zudem in die Entwicklung in der Bundesrepublik insgesamt eingebettet werden, ergänzte Seehofer bei einer Pressekonferenz mit Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl. Seit einiger Zeit nehme die Gewalt gegen Polizei und Rettungskräfte „stetig“ zu. Die ganz große Mehrheit der Bürger stehe hinter der Polizei. Es gebe aber offenbar Menschen, die „nicht repräsentativ seien“ und die Beamten als „Feinde“ sähen.

Auch nach Einschätzung von Polizeivize Berger wollten sich die Täter in sozialen Medien in Pose setzen und skandierten unter anderem „Endlich ist in Stuttgart was los“. Zudem hätten die Corona-Einschränkungen dazu geführt, dass junge Menschen sich zunehmend im öffentlichen Raum träfen. Diese Gruppe reagiere auf normale polizeiliche Ansprache sehr aggressiv.

Nach Ansicht der Polizeigewerkschaft kann sich die Stadt Stuttgart nach der Randale nicht mehr gegen ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen sperren. „Jugendliche haben auch außerhalb der derzeit gesperrten Clubs ausreichend Gelegenheit, sich Alkohol zu kaufen“, sagte der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer. Auch eine Sperrstunde zum Beispiel zwischen 3.00 und 7.00 Uhr müsse diskutiert werden, forderte er.

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