Außergewöhnliches Paar

„Meine Eltern sind ein ganz außergewöhnliches Paar“, erzählt Erika H. die besondere Geschichte ihrer Eltern: „Trotz der herausfordernden Situation sind sie nicht verbittert geworden.“ Vor 47 Jahren verunglückte Vater Leopold (85) mit dem Traktor und ist seither querschnittsgelähmt und auf die Hilfe ihrer Mutter angewiesen.

Trotz Traktorunfall mit Folgen meistert die Familie aus dem Bezirk Perg ihr Leben ohne Verbitterung. Leopold H. ist seit Jahrzehnten auf die Hilfe seiner Frau angewiesen. © privat

Ein Traktorunfall ließ die Welt von Familie H. aus dem Bezirk Perg zusammenbrechen: „Ich war zwei Jahre alt und meine Mutti erst 32, als mein Vater mit dem Traktor auf steilem, nassen Gelände ins Rutschen kam und sich das Gefährt überschlug“, erinnert sich Erika.

Die Mutter stand quasi über Nacht mit ihren damals vier Kindern und einer kleinen Nebenerwerbslandwirtschaft mit zehn Kühen alleine da. Sie musste, um den Alltag meistern zu können, zuerst einmal den Führerschein machen.

„Als Papa aus dem Koma erwachte, war die erste Aussage, dass er im Rollstuhl wieder heim kommen wird. Von gestern auf heute hat sich in der Familie alles geändert“, sagt Erika.

Ins Leben zurückgekämpft

Doch Vater Leopold kämpfte sich Schritt für Schritt zurück ins Leben, sodass er nach der Rehabilitation auf Krücken gehen konnte. „Für uns Kinder war es natürlich wunderbar, dass beide Eltern jetzt immer zu Hause waren. Vor seinem Unfall arbeitete Leopold in der Molkerei Baumgartenberg“, erzählt die Tochter.

Bemerkenswert fand sie immer, dass sich in der Familie nie der Gedanke festsetzte wie „Was wird der Papa nie wieder tun können“, sondern beide Elternteile immer das Positive sahen und betonten, was doch alles funktioniert. Doch das Schicksal hielt für die Familie noch weitere Prüfungen bereit: Anna, eine Schwester von Erika verstarb unerwartet vor sechs Jahren. Vor elf Jahren stürzte Leopold und erlitt einen Schulterbruch, von dem er sich nie mehr ganz erholte. Seither sitzt er im Rollstuhl und ist ein Pflegefall.

„Ein wacher Geist gefangen in einem Körper, der nicht mehr funktioniert. Und doch hat er immer ein positives Wort auf der Lippe und ein kleines Lächeln im Gesicht – er lässt sich nicht unterkriegen“, bewundert Erika ihren Vater. Für ihre Mutter ist die Pflege ihres Mannes zur Lebensaufgabe geworden.

Eine 24-Stunden-Betreuerin unterstützt die mittlerweile 78-Jährige, so dass der Alltag leichter fällt. „Mutti schätzt die kleinen Dinge, jedes Gespräch, Telefonat oder jeden Besuch“, schildert ihre Tochter.

Dass der Austausch von pflegenden Angehörigen wichtig ist, weiß Erika. Deshalb organisierte sie 2019 mit ihrer Mutter ein Treffen von pflegenden Angehörigen in der Region. Weil Erika mit der Geschichte ihrer Eltern anderen Betroffenen Mut machen möchte und einen Einblick in den Alltag einer pflegenden Angehörigen geben wollte, machte sie bei der Ausschreibung der Caritas-Servicestelle für pflegende Angehörige mit.

„Wir haben aufgerufen, den Alltag von Betroffenen – mit allen Herausforderungen, schönen und schweren Momenten aufzuzeigen. Es sind zahlreiche berührende Geschichten eingetroffen, die einen Einblick in das Leben von pflegenden Angehörigen geben. Diese werden auch auf unserer Homepage www.pflegende-angehoerige.or.at veröffentlicht, um auf die Situation von pflegenden Angehörigen aufmerksam zu machen“, sagt Stefanie Weigerstorfer, Leiterin der Caritas-Servicestelle für pflegende Angehörige.

Erika wurde als Gewinnerin eines Urlaubsgutscheines gezogen. „Wir bedanken uns für die gesponserten Gutscheine bei Sozial-Landesrätin Birgit Gerstorfer und dem Entdeckerviertel“, so Weigerstorfer.

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