Bald Aus für Extremisten-Literatur?

Nach VOLKSBLATT-Bericht Ermittlungen gegen türkische Buchhandlungen in Wien und Bayern

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verkaufs von Büchern des zu 5200 Jahren Haft verurteilten Hamas-Terrorist Bergusi (o.) und andere Extremisten in türkischen Buchhandlungen in Wien.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verkaufs von Büchern des zu 5200 Jahren Haft verurteilten Hamas-Terrorist Bergusi und andere Extremisten in türkischen Buchhandlungen in Wien. © 2022 Google/Street View, AFP/KAHANA, Montage: Volksblatt

Erst ein VOLKSBLATT-Bericht machte Justiz und Politik in Österreich, aber auch in Deutschland auf ein brisantes Literaturangebot aufmerksam: Türkische Buchhandlungen verkaufen Bücher von Antisemiten, Holocaust-Leugnern, Dschihad-Ideologen und sogar Terroristen.

In Wien etwa bieten solche Bücher die Buchhandlungen MGV und Aziziye an. Die mediale Berichterstattung bremste das extremistische Angebot nur marginal. Lediglich zwei Werke des französischen Holocaust-Leugners Roger Garaudy, welche MGV selbst auf der Homepage damit beworben hatte, dass sie in den USA und Europa verboten seien, sind aus dem Online-Angebot verschwunden.

Weiter zu haben ist die zweibändige Autobiografie des in Israel wegen zigfachen Mordes zu 5200 Jahren Haft verurteilten Hamas-Bombenbauers Abdullah Barghouti (türkisch: Bergusi). Ebenso das Buch „Globale Geheimorganisationen streben nach Weltherrschaft“, das unter anderem der Frage nachgeht, „wie die Zionisten Hitler unterstützten“.

Weiter im Angebot ist die türkische Übersetzung des vom früheren Muslimbruder-Chefideologen Seyyid Qutb 1964 veröffentlichten Buches „Meilensteine“, das bis heute als ideologische Basis des islamistischen Terrorismus gilt. Aziziye verkauft zudem weiter das Buch „Küresel Musibet Siyonizm“ (Globale Katastrophe Zionismus).


„Äußerst bedenklich für Demokratie“

Antisemitisches Bücherangebot: Staatsanwaltschaft wird nach VOLKSBLATT-Bericht tätig


Laut Buchbeschreibung „sieht die globale Geißel Zionismus keinen Schaden darin, die Welt in Übereinstimmung mit ihren perversen Überzeugungen in ein Meer von Blut und Tränen zu verwandeln“.

Die Staatsanwaltschaft Wien hat nach einer Prüfung des VOLKSBLATT-Berichtes inzwischen formell Ermittlungen aufgenommen, wie eine Sprecherin mitteilte. Die Antisemitismus-Meldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde befasst sich ebenfalls mit den Büchern. SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim will in einer Parlamentarischen Anfrage an Justizministerin Alma Zadic (Grüne) wissen, was zu tun ist, „um Antisemitismus und Extremismus effizient strafrechtlich zu verfolgen und diesbezügliche Publikationen einzuziehen“.

Kein Verkaufsverbot für Terroristenbücher

Laut Justizministerium könnten Straftatbestände nach dem Verhetzungsparagrafen 283 StGB, nach dem Verbotsgesetz oder im Zusammenhang mit Terrorismus in Frage kommen. Allerdings, so Sprecherin Sina Bründler: „Generell ist der Verkauf von Büchern keiner Beschränkung per se unterworfen. Es geht um den Inhalt.“ Konkret heißt das: Obwohl Barghouti die in der EU als Terrororganisation gelisteten Qassam-Brigaden angeführt und Dutzende Menschen ermordet hat, sind Bücher, in denen er sein Terroristenleben beschreibt und sich als „Märtyrer“ inszeniert, nicht grundsätzlich mit einem Verkaufsverbot belegt.

Ähnlich sieht es das deutsche Justizministerium: „Grundsätzlich ja“, sagt eine Sprecherin auf die Frage, ob der Verkauf der Barghouti-Bücher in türkischen Buchhandlungen in Deutschland zulässig sei. Denn: „Es ist tatsächlich nicht so, dass, wenn man in einer Terrororganisation ist, einem dann nicht das Grundrecht auf Meinungsfreiheit zusteht.“ Es komme auf den Inhalt an.

Extremisten-Literatur aus der Türkei auch in Bayern

Wie in Wien wird das nun auch in Bayern geprüft, wo die türkische Online-Handlung tikla24.de im unterfränkischen Niedernberg Barghoutis Autobiografie, Qutbs „Meilensteine“, Werke des Holocaust-Leugners Garaudy und antisemitisch konnotierte Bücher wie „Der große Chaosplan des Zionismus“ anbietet. Die Staatsanwaltschaft Bamberg ermittelt im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach § 86 StGB (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen).

Die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier findet es „erschreckend, dass solche extremistischen Bücher voll mit antisemitischen und hasserfüllten Botschaften weiterhin zu kaufen sind“. Bei solcher Literatur dürfe „es nur eine Null-Toleranz-Strategie geben“, so die CSU-Politikerin zum VOLKSBLATT.

Langer Weg auf den Index

Wie langwierig der Weg zum Verbot ist, zeigt sich an einem anderen Buch, das die deutschen Behörden im vergangenen Jahr ebenfalls nach einem Volksblatt-Bericht auf den Plan gerufen hat: Der vom Istanbuler Uysal-Verlag auf Deutsch und Türkisch herausgegebene Islamisten-Katechismus „Ilimihal für Frauen“ rechtfertigt die Tötung von Islam-Kritikern und enthält ein Kapitel über „Leichtes Schlagen“ von Ehefrauen. Mehrere Behörden, darunter die Verfassungsschutzämter in Bayern und Baden-Württemberg, hatten schon im April 2021 bei der Bonner Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) eine Indizierung dieses Buches angeregt.

Obwohl die Sachlage angesichts des Inhaltes klar ist, steht die BzKJ-Entscheidung noch immer aus. Das Buch wird weiter in mindestens zwei türkischen Buchhandlungen in Deutschland verkauft. In Österreich ist der ursprünglich auch bei Aziziye und sogar auf Amazon angebotene Islamisten-Katechismus inzwischen verschwunden.

Von Manfred Maurer

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