„Bei Umweltförderungen lassen Firmen viel zu viel Geld liegen“

Der Fokus auf Nachhaltigkeit berge Chancen für Banken und könne deren Kunden bares Geld bringen, sagt Oberbank-General Gasselsberger

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VOLKSBLATT: Die Politik hat die Notwendigkeit von Nachhaltigkeit erkannt, die Wirtschaft zieht mit. Wie steht es mit den Banken?

GASSELSBERGER: Das Thema ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Banken sind dazu auserkoren worden, ein wichtiger Stellhebel in der Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen zu sein.

Wird sich das auf das Geschäftsmodell positiv auswirken?

Ich denke, dass die grüne Transformation für uns Banken eine große Chance darstellt, weil dafür große Investitionen nötig sind. Und wir müssen dafür sorgen, dass diese Investitionen gestemmt werden.

Orten Sie bei Ihren Kunden Aufgeschlossenheit für dieses Thema?

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Die Kunden stehen dem sehr positiv und offen gegenüber. Aber das Thema wird in seiner Komplexität mitunter unterschätzt. Viele verweisen bei der Frage nach der Nachhaltigkeit auf die Photovoltaik-Anlage am Dach. Es geht aber um mehr. Unternehmen sind gut beraten, aktiv auf dieses Thema zuzugehen und nicht darauf zu warten, bis etwa ein Regulator sie dazu zwingt. Es wird die gesamte Wertschöpfungskette betreffen. Wir als Oberbank möchten hier bei der Beratung eine Vorreiterrolle einnehmen.

Worauf kommt es bei der Beratung besonders an?

Es wird beim Thema Umweltförderung von den Unternehmen viel zu viel Geld liegen gelassen. Es gibt etwa für Luftverbesserung, Abfallvermeidung, E-Mobilität, Energiesparen, Lärmreduktion viele, viele Förderungen und Barzuschüsse bis zu 40 Prozent der Investitionskosten. Bei der Beratung im Förderbereich wollen wir die klare Nummer eins sein.

Wie bekommen die Bankmitarbeiterinnen und -mitarbeiter Expertise in Sachen Nachhaltigkeit?

Wir haben einen unglaublichen Schulungs- und Ausbildungsbedarf. Einfacher ist es bei den Private Bankern in punkto Veranlagung. Deren Zertifizierung wird schon heuer abgeschlossen, bis Jahresende haben wir in jeder Filiale in Österreich und Deutschland eine zertifizierte Person. Bei den Firmenkunden-Beratern wird das bis 2022 dauern. Ich bin da optimistisch, das haben wir auch bei der Digitalisierung gut geschafft.

Wie nachhaltig ist Ihre Bank als Unternehmen?

Die Oberbank hat kürzlich ein Prime Rating von der Agentur ISS ESG bekommen. Wir zählen mit unserem Nachhaltigkeitsmanagement und unserem Nachhaltigkeitsbericht zu den besten zehn Prozent aller europäischen Banken. Die Oberbank hat beim Thema Nachhaltigkeit einen Exzellenzstatus erreicht.

Gibt es auch Ziele hinsichtlich sozialer Kriterien?

Ja, denn es braucht immer harte, quantifizierbare Ziele. Im sozialen Bereich geht es etwa um Fortbildungsmöglichkeiten, Anteil von Frauen in Führungspositionen – unser Ziel: bis 2025 wollen wir 30 Prozent Frauenanteil in Führungspositionen –, Anteil an Vätern, die in Karenz gehen, die Mitarbeiterbeteiligung, aktives Gesundheitsmanagement und die Unterstützung karitativer Projekte.

Wie spiegelt sich das im Produktportfolio wider?

Wir haben als erste Bank Österreichs Pionierarbeit geleistet, indem wir einen Green Covered Bond im Ausmaß von 250 Mio. Euro emittiert haben. Die Erlöse dienen ausschließlich zur Finanzierung von energieeffizientem Wohnbau. Wir haben vor, bis 2025 die Hälfte unserer Anleihen zur Wohnbau-Refinanzierung als grüne Anleihen zu gestalten und wir wollen bis dahin nachhaltige Wohnbaufinanzierungen im Ausmaß von 1,5 Mrd. Euro tätigen.

Werden grüne Produkte im Veranlagungsbereich gut nachgefragt?

Wir haben seit 2001 grüne Fonds aufgelegt. Dieses Thema hat seit 2019 eine große Dynamik bekommen. Wir haben unseren Fonds „Mensch & Umwelt“ extrem verbreitert. Derzeit fließen rund 30 Prozent unserer Veranlagungen in nachhaltige grüne Fonds. Unser Ziel ist es, die nachhaltigen Anlagen unserer Kunden bis zum Jahr 2025 zu verdoppeln auf 2,5 Mrd. Euro.

Was bewirkt der Fokus auf Nachhaltigkeit im Firmenkundengeschäft?

Das Kommerzkundengeschäft ist für die Oberbank extrem wichtig, hier sind 75 Prozent unseres Finanzierungsgeschäfts. Wir möchten dieses Kreditportfolio mehr in Richtung Nachhaltigkeit ausrichten. Eine Maßnahme ist, dass wir gewisse Branchen, etwa Braunkohle oder Atomkraft und Export geschützter Tiere, ausschließen. Dann gibt es Positivkriterien in Form nachhaltiger Finanzierungen: Bei Gewerbeimmobilien schauen wir bei Neufinanzierungen darauf, ob die Emmissionsziele eingehalten werden. Und wir schauen uns auch den Bestand an.

Könnten für Kunden mit Nachhaltigkeitsrisken Kredite teurer werden?

Im Moment sehen wir nicht, dass Finanzierungen für Kunden teurer werden. Aber langfristig werden die EU-Nachhaltigkeitskriterien mit Konsequenzen verknüpft sein. Und das Thema Nachhaltigkeit muss in die Bonitätsbeurteilung einfließen. Eine erste grobe Analyse hat aber schon gezeigt, dass es bei unseren Kunden nur geringe Nachhaltigkeitsrisken gibt.

Wie halten Sie es persönlich mit Umweltschutz?

Ich will kein Greenwashing und auch keinen Etikettenschwindel betreiben. Ich bin sicher nicht jemand, der seine Bergtouren nach der Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln aussucht. Auch kann ich nicht immer aufs Flugzeug verzichten. Aber ich glaube durchaus schon, dass unsere Familie ein großes Umweltbewusstsein hat. Das beginnt bei der Mülltrennung und reicht bis hin zur Weitergabe der Ressourcen-schonenden Haltung an die Enkelkinder.

Könnten Sie sich vorstellen, auf ein Elektroauto umzusteigen?

Ja, absolut.

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