Berührt vom Leidensweg Christi

Bachs Johannes-Passion mit bewundernswerten Leistungen

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Eine Aufführung von J. S. Bachs, dem gerade als neuer Thomaskantor in Leipzig bestellten, 1724 zum Karfreitag erstmals erklungenen Johannes-Passion, bedeutet immer eine große Herausforderung, diesmal besonders wegen der beschnittenen Probenzeit der Ausführenden.

Wunderbarer Animator jugendlicher Musiker

Das Musikgymnasium Linz stellte sich dieser Aufgabe mit viel Fleiß und großem Können. Dafür gab es nach einer zweistündigen Dauer begeisterten Applaus im gesteckt vollen Alten Dom am Sonntag in der Konzertreihe musica sacra. Es dirigierte Andreas Spering, derzeit Leiter des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg.

Seine Pultpräsenz konnte er also ausgiebig auskosten und erwies sich diesmal in der Betreuung jugendlicher Musiker als ein wunderbarer Animator. Immerhin hieß es, die über eine Hundertschaft hinausreichende Sängerschaft im Mozart-Chor des Gymnasiums nicht nur stimmlich anzufeuern, sondern Bachs biblische Auszüge und literarischen Texte mit Chorälen in ihrer Einchörigkeit, zum Unterschied vom doppelchörigen Schwesternwerk der Matthäus-Passion (1727 bis 1729), zu einem homogenen Klangbild eingehend mitzugestalten.

Das Instrumentalensemble AMANI (Alte Musik auf Neuen Instrumenten), erst 2013 gegründet, glänzte durch herausragende Leistungen, unter denen jene des Flöte-Oboe-Duos besonders auffiel. Vielleicht hätte das Monumentalwerk insgesamt etwas mehr Dramatik vertragen, die auch einmal Robert Schumann darin entdeckt hatte.

Die Sorgfalt bei der Besetzung der Solisten wurde leider vermisst, was weniger die Qualität der einzelnen Sänger betrifft, sondern das Versäumnis, im Programm ihre Rollen anzuführen. Mit Ausnahme der Jesus-Gestalt, gesungen vom Bass Ulfried Staber, fehlte dies am meisten bei dem Evangelisten Jan Petryka, dem Hauptträger der Soli mit der Aufgabe, die Handlung der Passion im epischen Tonfall auszubreiten.

So konnte anfangs der Eindruck einer Stimmschonung entstehen, den er allerdings im weiteren Verlauf zur Steigerung seines tenoral überlegenen Einsatzes korrigierte. Der Pilatus von Stefan Zenkl überzeugte von der Figur mit großer Charakterstimme, die Damen Ilia Staple, wie oft schon gehört und gesegnet mit strahlender, blitzsauberer Höhe, und die Mezzosopranistin Anna Alás Jové fügten sich mit starker Ausstrahlung in das Ensemble.

Das stimmungsvolle Eintauchen in das Passionsgeschehen, vor allem aber das bis zum Finale bewiesene Durchhaltevermögen aller Mitwirkenden verdient große Anerkennung des Unternehmens, mit dem das florierende musikalische Potenzial unserer heimischen Jugend wieder unter Beweis gestellt wurde.

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