Meinung

von Manfred Maurer

Boris, der Hasardeur

Nomen est omen: Die Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU beginnen in einem Klima, das ganz dem Namen des britischen Chefunterhändlers David Frost entspricht.

Sein Regierungschef Boris Johnson geht es — wenig überraschend — höchst konfrontativ an. Noch vor dem Beginn der Verhandlungen mit deren Abbruch zur Halbzeit zu drohen, zeugt von einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein oder auch Selbstüberschätzung.

Die Überraschung wird sich in Brüssel und den Hauptstädten der 27 verbliebenen EU-Staaten in Grenzen halten. Johnsons ganze Karriere ist ein einziges Hasardspiel. Er tut nur, womit er bislang persönlich gut gefahren ist, auch wenn es letztlich darauf hinauslaufen könnte, dass er damit sein Land an die Wand fährt und in der EU eine Massenkarambolage verursacht.

„Mit dem Schüren postimperialen Illusionen weckt Johnson bei seinen Landsleuten unrealistische Erwartungen.“

Es wäre allerdings fahrlässig, Johnsons aggressives Vorspiel bloß als Theaterdonner an der Themse abzutun. Denn so einfach kommt er aus dieser Nummer nicht mehr raus: Mit dem Schüren postimperialen Illusionen weckt Johnson bei seinen Landsleuten unrealistische Erwartungen. Umso geschlossener wird die EU vom Start weg auftreten müssen. Nur so besteht die Chance auf eine Befreiung der Johnson-Truppe von dem trügerischen Gefühl, mit einer ehemaligen Kolonie zu verhandeln.

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