Brecht und andere Irritationen

„Und küss mich nicht im Gehen“ in den Linzer Kammerspielen

Gunda Schanderer (vo) und Katharina Hofmann
Gunda Schanderer (vo) und Katharina Hofmann © Brunnader

Der Sonderspielplan bis zur Sommerpause im Landestheater besteht aus Einzelinitiativen von Ensemblemitgliedern. Am Freitag in den Kammerspielen „Und küss mich nicht im Gehen“, Gedichte und Lieder von Bertold Brecht von und mit Katharina Hofmann, Gunda Schanderer und Angela Waidmann, langjährige fixe Mitglieder des Schauspiel-Ensembles.

Musikalisch an ihrer Seite der feinfühlige Pianist Nebojsa Krulanovic. Er weiß mit den Kompositionen von Weill, Eissler, Bruinier und Dessau umzugehen, kennt die raffinierten Nuancen der Songs, weiß auf die Sängerinnen einzugehen. Wer Brechtlieder probiert, kommt zwangsläufig drauf, wie musikalisch anspruchsvoll und verdammt schwer sie zu singen sind. Ganz und gar im Sinne des Autors streben die Interpretinnen nach ungeahnten (Ton-)Höhen im Wissen um deren Unerreichbarkeit. Eine Art Entfremdung, vielleicht ungewollt und damit noch dichter am Geist ihres Textdichters. Obwohl als Frauentypen völlig unterschiedlich, agieren sie gleichartig in diesem Ringen. Zurückhaltend im Ausdruck, Brechts proletarischen Habitus und jegliche Selbstinszenierung hintanstellend.

Klassenkampf in dünne Gesänge aufgelöst. Kein Protest, kein ideologischer Subtext beim „Barbara Song“ vom Ja und Nein. Mädchenhaft klingen die bemüht hohen Stimmen. Frei von Dissonanzen in reinen, lieblichen Terzen tönt „Das Pflaumenlied“ aus „Herr Puntila und sein Knecht Matti“. Zur Freude des Publikums wird es als Draufgabe wiederholt. Beim Lesen von Lyrik blitzen die schauspielerischen Qualitäten auf. Sollen solche hastig entstandenen Produktionen auf eine Landesbühne? Ja! Die Freude, endlich wieder Theater zu erleben, wiegt alle Irritationen auf, und hoppla, führen nicht gerade Irritationen zu jenen Denkanstößen, die uns das Theater so wertvoll machen? Es tut aber auch einfach gut, den Künstlern wieder auf der Bühne zu begegnen, sie zu kritisieren und noch mehr zu bewundern.

Noch eine Vorstellung am 26. Juni

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