Christoph Leitl – Ihm ist keine Polit-Ebene fremd

Vor fast genau 30 Jahren wurde Christoph Leitl vom damaligen Landeshauptmann Josef Ratzenböck in die Landesregierung berufen. Bereits fünf Jahre zuvor war der Startschuss für eine Polit-Karriere auf Landes-, Bundes-, europäischer und weltweiter Ebene erfolgt. Sein weiterer politischer Werdegang führte Leitl an die Spitze der Wirtschaftskammer Österreich. Derzeit ist er Präsident der europäischen Kammerorganisation sowie Ehrenpräsident der weltweiten „World Chamber Platform“. Vor allem aber ist er ein glühender Vertreter der europäischen Idee.

Christoph Leitl begeht dieser Tage ein außergewöhnliches Jubiläum: Vor 35 Jahren kam er in den oö. Landtag (Mit seinem Mentor, dem damaligen Landeshauptmann Josef Ratzenböck), vor 30 Jahren wechselte er in die Landesregierung. © Landespresse/Scheucher

„Es war keine einfache Zeit, als ich am 6. November 1990 in die oberösterreichische Landesregierung berufen wurde“, erinnert sich Christoph Leitl im VOLKSBLATT-Gespräch an die Zeit vor fast genau 30 Jahren.

Der Unternehmer konnte zu dieser Zeit bereits auf eine fünfjährige Tätigkeit als Landtagsabgeordneter zurückblicken und übernahm auf Geheiß seines Mentors Josef Ratzenböck die Wirtschaftsagenden – in einer Phase, als die Verstaatlichtenkrise, Probleme in der Grundstoffindustrie oder etwa die Schließung der oberösterreichischen Kohlebergwerke die Politik und die öffentliche Wahrnehmung prägten.

Fünf Jahre später wurde er Landeshauptmann-Stellvertreter und verantwortete die Finanzagenden des Bundeslandes.

„Gemeinsam“ lautet das Zauberwort

Wenn Leitl über die Bewältigung all dieser Herausforderungen spricht, dann wird schnell klar, dass schon damals „gemeinsam“ jenes Zauberwort war, das ihn in seiner politischen Arbeit bis heute begleiten sollte. Weil „alle gemeinsam zusammengehalten haben“ – Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Kultur –, habe man die Probleme lösen können. Und selbstverständlich dank internationaler Kooperation über die Grenzen, was für ein Export-Bundesland wie Oberösterreich lebensnotwendig ist. Diese Zusammenarbeit über die Grenzen ist ein weiterer fester Grundsatz, an dem Leitl bis heute voller Überzeugung festhält.

„Verteidiger braucht man nur im Fußball“

„Das Schauen über den Tellerrand ist wesentlich. Wir brauchen keine Bedenkenträger, Verteidiger braucht man nur im Fußball“, sagte er einst in einem VOLKSBLATT-Interview. Die Rechnung ging bereits damals auf: „Als ich im Jahr 2000 in die Wirtschaftskammer Österreich wechselte (deren Präsident blieb er bis 2018, Anm.), war Oberösterreich ein Vorzeigebundesland“, ist Leitl stolz.

Fragt man ihn nach dem Höhepunkt seiner politischen Tätigkeit im Land ob der Enns, kommt die Antwort sofort: „Das war definitiv das Durchsägen des Grenzbalkens zwischen Österreich und Bayern nach dem EU-Beitritt unseres Landes 1995“, ist der Oberösterreicher überzeugt.

Kein europäisches Land kann wirtschaftlich im Konzert der Großen allein überleben. So lautet eines der wirtschaftspolitischen Credos Leitls. Und auch Europa als Ganzes habe etwa gegenüber China, den USA, und Indien nur eine Chance, wenn es als Einheit seine Stärken bündelt. Dies hat Leitl unter anderem in seinem neuesten Buch „China am Ziel! Europa am Ende?“ (Ecowin Verlag) dargelegt.

Den Blick stets nach vorn gerichtet

Darin richtet er den Blick nach vorn – übrigens auch eine Eigenschaft, die den 71-Jährigen bis heute auszeichnet. Im Buch zeigt er in einem Gedankenspiel, wie eine Zukunft im Jahr 2049 aussehen könnte, wenn sich Europa auseinanderdividieren lässt und in Nationalismen verfällt. So viel sei verraten: Es ist eine aus europäischer Sicht keineswegs wünschenswerte Zukunft. Aber Leitl wäre nicht Leitl, würde er nicht auch wesentlich lohnenswertere Zukunftsvarianten aufzeigen.

Die Zukunft und die Stärkung Europas ist es auch, die weiterhin im Fokus seines politischen Arbeitens stehen: Er ist derzeit als Chef der europäischen Wirtschaftskammer-Organisation Eurochambres Europas oberster Wirtschaftsvertreter. Er hatte das Amt bereits von 2001 bis 2005 zwei Perioden lang bekleidet und war der Erste in der Geschichte der Organisation, der erneut – im Jahr 2017 – gewählt und 2019 auch noch für eine weitere Amtszeit bestätigt wurde. Eurochambres vertritt rund 1700 Kammern sowie 20 Millionen Betriebe mit gut 100 Millionen Beschäftigten. „Wir sind das Rückgrat Europas“, betont Leitl. Als Ehrenpräsident der weltweiten „Global Chamber Platform“ setzt er sich auch außerhalb Europas dafür ein, dass Wirtschaft „ein Türöffner wird, der zu gegenseitigem Verständnis und Frieden“ führen kann.

Seine Leidenschaft für Europa sowie für die Zukunft zeigen sich auch in einer weiteren Tätigkeit: Leitl ist Präsident der Europäischen Bewegung Österreich, eine Plattform aller Europa-orientierten Organisationen unterhalb der Regierungsebene. Und Leitl engagiert sich für die Jugend Europas: Er organisiert internationale Treffen in Oberösterreich. Und erst vor wenigen Tagen wurde eine Aufstockung der Mittel für das europäische Jugend-Austausch-Programm Erasmus erreicht.

Der Blick auf das große Ganze hat die Wurzeln aber nie gekappt: „Ein Baum braucht umso tiefere Wurzeln, je höher die Äste wachsen. Ich habe mich daher Oberösterreich noch nie so sehr verbunden gefühlt wie heute.“

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