Italien gedenkt Schiffbruch mit 94 Toten vor einem Jahr

Tausende Menschen beteiligen sich an einem Kreuzweg in Andenken an die Opfer des Schiffbruchs in Cutro in Kalabrien. Am 26. Februar 2023 zerschellte ein Migrantenboot vor der Küste der süditalienischen Region Kalabrien. Dabei kamen mindestens 94 Personen ums Leben, darunter auch 35 Minderjährige. An der Veranstaltung am Sonntagnachmittag nahmen der Bischof der Crotone, der Bürgermeister von Cutro sowie der Imam der Moschee in Cutro teil.

„Wir sind hier, um für die Menschen zu beten, die in unserem Meer ihr Leben verloren haben. Wie auch für die Männer und Frauen, die immer noch der enormen Gefahr ausgesetzt sind, um ihren Kindern eine bessere Zukunft zu sichern. Viele glauben, das Problem der Migrationsströme lösen zu können, indem man Massen verzweifelter Menschen auf der Suche nach einer besseren Zukunft stoppt. Die Tragödie in Cutro beweist, dass diese Strategie nicht funktioniert, das Mittelmeer wird immer mehr zu einem immer größeren Friedhof“, so der Bischof der Crotone, Angelo Raffaele Panzetta.

Menschen aus allen Kirchen der Diözesen in Kalabrien folgten einem Kreuz, das aus dem Holz des Schiffes gefertigt wurde, am Sonntag. Während der verschiedenen Stationen des Kreuzweges wurden Aussagen von Migrantinnen und Migranten vorgelesen, die im Laufe der Jahre von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Caritas gesammelt wurden. An dem Kreuzweg nahmen neben dem Bischof auch der Bürgermeister von Cutro, Antonio Ceraso, sowie der Imam der Moschee von Cutro, Mustapha Achik, teil.

Der Kreuzweg endete am Strand von Steccato di Cutro, nicht weit von der Stelle entfernt, an der sich der Schiffbruch ereignete. Der Bischof bekräftigte in seiner Rede die Verantwortung, um „Respekt und Freundschaft um uns herum zu schaffen“. Der Fischer Vincenzo Luciano, der damals als erster den Schiffbrüchigen zur Hilfe eilte, appellierte an die Politik: „Es scheint, dass sich in den zehn Jahren von Lampedusa bis Cutro nichts geändert hat: Die Menschen sterben weiterhin im Meer. Ich sage nur eines: Lasst uns lernen, menschlicher zu sein.“

Ein italienisches Gericht hat vor zwölf Tagen einen Schlepper zu 20 Jahren Haft verurteilt, der für das Unglück vor Cutro mitverantwortlich wäre. Der Mann soll einer von vier Schleusern sein, die das Holzboot vergangenes Jahr nach Süditalien steuerten. Der Türke flüchtete nach dem Unfall und wurde am 8. März 2023 in Graz festgenommen. Der Angeklagte wurde im April 2023 von der österreichischen Justiz an Italien abgeschoben. Die Staatsanwaltschaft beantragte den Angeklagten zu einer Schadensersatzzahlung in Höhe von 2,1 Millionen Euro zu verurteilen, erklärte die Staatsanwälte laut Medienberichten von Mittwoch.

Nach dem Schiffbruch vor Kalabrien verabschiedete die italienische Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni das sogenannte „Dekrets Cutro“, mit dem Maßnahmen für einen verschärften Kampf gegen Schlepperei beschlossen wurden. Die Regierung arbeite zudem an einem internationalen Abkommen mit Herkunftsländern von Migrantinnen und Migranten, um vermehrt Rückführungen durchführen zu können.

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