Bäcker-Dynastie Ströck bekämpft heimtückische Erkrankung

Doppelt betroffene Familie setzt nicht nur eine Million Euro für ME/CFS-Forschung ein

Bäcker Gerhard Ströck (r.) mit seinen Söhnen (v. l.) Christoph, Michael und Philipp, als die heimtückische Krankheit noch nicht präsent war.
Bäcker Gerhard Ströck (r.) mit seinen Söhnen (v. l.) Christoph, Michael und Philipp, als die heimtückische Krankheit noch nicht präsent war. © Ströck

Nicht erst seit dem Coronavirus gibt es die heimtückische Erkrankung Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom (ME/CFS), eine schwere neuroimmunologische Erkrankung, die oft zu einem hohen Grad körperlicher Behinderung führt.

Schwer Betroffene klagen über Schmerzen am ganzen Körper, sind extrem empfindlich gegen Lärm und Licht und können ihr Bett nicht mehr verlassen. Selbst das Atmen und Sprechen kann massive Probleme bereiten.

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Die Behandlung der durch SARS-CoV-2 steigenden Zahl an Betroffenen – geschätzt 26.000 bis 50.000 – steckt in Österreich aber noch in den Kinderschuhen.

Das will die Bäcker-Dynastie Ströck, die 1.700 Mitarbeiter beschäftigt, tatkräftig ändern. 2019 wurde die WE&ME Foundation gegründet, kommenden Montag gibt es im Unternehmen in Wien ein Treffen, an dem Vertreter aus dem Gesundheitswesen, darunter von der MedUni Wien, der ÖGK und der Stadt Wien, teilnehmen werden. Ziel ist, bei der Behandlung endlich vorwärts zu kommen.

„Denn wie dramatisch und unbefriedigend die Situation für betroffene Personen und deren Familien ist“, schildert Gerhard Ströck im Gespräch mit dem VOLKSBLATT. Sein jüngster Sohn Christoph entwickelte bereits 2014 – lange vor Covid 19 – nach einer Virusinfektion verschiedenste Symptome, erst 2016 wurde in den USA ME/CFS diagnostiziert.

Weil es zu wenig Wissen gab und nach wie vor gibt, dürfte bei ihm auch eine Reihe von Behandlungen, bei denen der Körper aktiviert werden sollte, genau das Gegenteil bewirkt haben, wie man mittlerweile weiß. Mediziner sind zur Erkenntnis gekommen, dass das sogenannte Pacing, die Einhaltung der durch die Erkrankung vorgegebenen individuellen Belastungsgrenzen, das Wichtigste ist, um eine Chance auf Verbesserung der Symptome zu haben.

37-Jähriger ist mittlerweile ein kompletter Pflegefall

„Heute ist Christoph (37) ein kompletter Pflegefall, er schottet sich in seinem verdunkelten Zimmer mit Kopfhörern ab“, schildert Gerhard Ströck. 2018 traten auch bei seinem Bruder Philipp (39) erste Symptome auf, auch er ist, so sein Vater, mittlerweile nicht mehr arbeitsfähig, weil ihm die Kraft fehlt. Ein Test hatte keine genetische Ursache ergeben.

„Nach einer Phase von Trauer, Verzweiflung und Hoffnung“ hat die Familie Ströck 2019 die WE&ME Foundation ins Leben gerufen und will mit einer Million Euro zur Erforschung des chronischen Erschöpfungszustandes beitragen. Im Beirat sind auch die Oberösterreicher Ex-Gesundheitsminister Rudolf Anschober für gesundheits- und sozialpolitische Fragen und Backaldrin-Eigentümer Peter Augendopler vertreten.

Biobank seit Herbst im Aufbau

Unterstützt durch eine Anschubfinanzierung der WE&ME Foundation wird nun seit September 2023 an der MedUni Wien die erste österreichische ME/CFS Biobank aufgebaut. Das Ziel ist die standardisierte Sammlung von Proben und Patientendaten für wissenschaftliche Projekte in Abstimmung mit den ME/CFS Biobanken im Vereinigten Königreich, in Deutschland und den Niederlanden. Damit ist die Teilnahme an großen internationalen Studien möglich. Die ME/CFS Biobank Austria, geleitet von Prof. Eva Untersmayr-Elsenhuber, Fachärztin für klinische Immunologie am Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung der MedUniWien, ist ein wichtiger Beitrag dazu, die ME/CFS-Forschung im Bereich Krankheitsmechanismen, Diagnostik und kausalen Therapien zu intensivieren.

Im Dezember 2023 erhielten zudem vier Forscher für das Projekt „Unvraveling ME/CFS“ das mit 100.000 Euro dotierte Johadamis ME/CFS-Forschungsstipendium. Ziel der kontrollierten Querschnittsstudie ist es, die Rolle versteckter oder zurückliegender Virusinfektionen im darmspezifischen lymphatischen Gewebe bei der Entstehung von ME/CFS besser zu verstehen.

Von Michaela Ecklbauer

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