Eisbaden ist angesagt: Für den Spaßfaktor beim frostigen Trend

Beim Eisbaden gilt es sich langsam heranzutasten: Wichtig ist, dass Kopf, Hände und Füße gut gegen die Kälte geschützt sind.
Beim Eisbaden gilt es sich langsam heranzutasten: Wichtig ist, dass Kopf, Hände und Füße gut gegen die Kälte geschützt sind. © Big Shot Theory - stock.adobe.com

Eisbaden im See, an der Donau oder im eigenen Pool ist voll im Trend. Dabei taucht man mit dem Körper mehr oder weniger lang in kaltes Wasser mit zumindest unter 15 Grad ein. Das soll gesund und besonders gut für Immunsystem, Fettverbrennung und Regeneration nach dem Sport sein.

Noch gibt es wenige Studien und diese meist mit kleiner Teilnehmerzahl und ohne Kontrollgruppe. Aber am besten wissenschaftlich nachgewiesen ist aus medizinischer und trainingswissenschaftlicher Sicht die Reduktion von Körperfett beziehungsweise die Umwandlung von weißem in braunes Fettgewebe, was für die Wärmeproduktion essenziell ist. „Das könnte wiederum schützende Effekte auf die Entwicklung von Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen haben“, sagt Primar Priv.-Doz. Martin Martinek, Leiter der Kardiologischen Abteilung am Ordensklinikum Linz Elisabethinen.

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Auch was das Immunsystem und vor allem Atemwegsinfekte sowie die Stresstoleranz und die mentale Gesundheit betreffe, gebe es vielversprechende Ergebnisse. „Da belastbare Daten aus großen wissenschaftlichen Studien fehlen, kann man dem Eisbaden durch die positive Beeinflussung unserer Psyche einen nicht zu vernachlässigenden Placebo-Effekt zuschreiben, ähnlich wie bei der Sauna“, so Martinek. Seine Empfehlung für die ersten Versuche lautet: „Halten Sie das Eisbad unter drei Minuten, um Unterkühlungen zu vermeiden.“

Für die Regeneration im Spitzensport werden kalte Tauchbäder direkt nach der Belastung schon lange angewendet. „Hier gibt es Hinweise auf schnellere Erholung und weniger Muskelverletzungen durch eine kältebedingt reduzierte metabolische Aktivität bei gleichzeitiger Durchblutungsförderung der tiefen Muskelpartien und schnelleren Abtransport von Stoffwechsel-Verbrauchsprodukten“, erklärt der Kardiologe.

Positive Effekte und Gefahren bei Bluthochdruck

Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie koronarer Herzerkrankung, Herzrhythmusstörungen oder Herzschwäche rät Martinek aber vom Eisbaden ab. „Bei Bluthochdruck hat es über längere Zeit jedoch einen positiven Effekt.“ Beim Eisbaden verengen sich zuerst die Hautgefäße, vor allem an Armen, Beinen und Kopf, um den Wärmeverlust zu minimieren.

Nach längerem Eisbad kommt es wieder zur Erweiterung der Gefäße, da der Körper versucht, die Unterkühlung durch eine höhere Blutzufuhr auszugleichen. Danach kommt es zyklisch zu Gefäßverengung und -erweiterung. „Bei den ersten Durchgängen steigt dabei auch der Blutdruck signifikant, deshalb sollte man mit unkontrolliertem Bluthochdruck nicht Eisbaden. Erst nach einer Adaptation über mehrere Tauchgänge verliert sich dieser Effekt“, weiß der Mediziner. Sein Tipp: „Seien Sie anfangs eher vorsichtig, baden Sie kürzer und bringen Sie nur die unteren Extremitäten unter Wasser.“

Vorsicht vor Unterkühlung

Für Anfänger empfiehlt er eine Verweildauer im kalten Wasser von unter drei Minuten, denn so schnell passiere keine Unterkühlung. Danach könne man sich langsam steigern bis zu einer Obergrenze von 30 Minuten. „Das Risiko einer Unterkühlung hängt auch deutlich von der Konstitution ab, da Körperfett ein guter Isolator ist. Ebenfalls entscheidend ist, ob es nur ein Bad ist oder ob tatsächlich geschwommen wird“, sagt der Mediziner. Schwimmen produziere einerseits Wärme, man verliere diese aber durchs Wasser auch schnell wieder und das könne man nicht ausgleichen. „Deshalb brauchen Winterschwimmer einen Neopren-Anzug und eine Kopfbedeckung.“

Spaßfaktor für Vater und Sohn

Einer, der das Eisbaden seit vergangenem Herbst für sich entdeckt hat, ist Johannes Mayrhofer, Facharzt für Orthopädie und Traumatologie in Linz. Gemeinsam mit seinem Sohn Mateo, der sich dieses Thema für seine vorwissenschaftliche Arbeit auserkoren hat, steigt er mittlerweile drei bis vier Mal pro Woche in den Pool.

„Angefangen haben wir bei 15 Grad im Herbst, jetzt liegt die Wassertemperatur zwischen 0 und 5 Grad“, schildert Mayrhofer im Gespräch mit dem VOLKSBLATT: „Ich dachte gar nicht, dass wir so viel Freude daran haben, es ist zu einem richtigen Family-Event geworden. Anfangs hatte das Reingehen so etwas wie einen Schockmoment, mittlerweile schaffen wir mit der passenden Atemtechnik, an der wir zwar noch etwas feilen, bereits zehn Minuten stehend im Pool ohne dass unsere Körper zittern.“

Wichtig sei, den Kopf, Füße und Hände zu schützen. Ausgerüstet mit Haube und Neopren-Füßlingen begeben sich die beiden Linzer ins Wasser, die Hände halten sie unter den Achseln warm. Eine Alternative wäre, sie in die Höhe zu halten, damit sie nicht mit dem kalten Wasser in Kontakt kommen. „Wichtig ist, tief Luft zu holen und aus dem Bauch heraus zu atmen, das bringt einen auch innerlich zur Ruhe. Es geht um keinen Wettbewerb, wer es länger aushält, sondern um den Spaßfaktor. Körperlich fühle ich mich dadurch auch sehr fit und ich habe seither keinen Husten oder Schnupfen gehabt“, erzählt der Orthopäde. Die Maturaarbeit wird daher nicht nur aus reiner Theorie bestehen, sondern die persönlichen Erkenntnisse fließen mit ein.

Tipps fürs Eisbaden vom Kardiologen

Langsam starten: Anfangs nur mit den unteren Extremitäten ins Wasser gehen und sich von Mal zu Mal steigern, um sich gut an die Kälte anzupassen. Bei den ersten Versuchen sollte das Eisbad unter drei Minuten gehalten werden, um eine Unterkühlung zu vermeiden. Beim Auftreten von Kältezittern – außerhalb der ersten Versuche – sollte man das Eisbad beenden, da dies ein Zeichen ist, dass der Körper nicht mehr genügend Wärmeenergie bereitstellen kann. Um Wärmeverlust zu vermeiden, kann man sich eventuell mit Neopren-Handschuhen und -Schuhen schützen und vor allem eine Haube tragen.

Kopf nicht unter Wasser: Beim sogenannten Tauchreflex entsteht ein starker parasympathischer Reiz. Dies bewirkt eine Verlangsamung des Pulses, eine Unterdrückung des Atemreizes und eine Reduktion auf lebenswichtige Organe. Das kann bedrohlich werden, zu Herzrhythmusstörungen, Schwindel oder Kollaps führen.

Nie allein Eisbaden: Bei Anzeichen von Verlangsamung, Lethargie oder Desorientiertheit sollte man unbedingt in Begleitung das Wasser verlassen.

Nach dem Eisbad ist Wärmeerhaltung mit Kleidung und Decken angesagt. Man kann auch warme Getränke ohne Alkohol trinken. Eine aktive oder passive äußerliche Erwärmung kann gefährlich werden, wenn kaltes Blut aus der Peripherie abrupt in den Körperkern gelangt. Das kann wiederum zu Herzrhythmusstörungen, ähnlich wie beim sogenannten Bergungstod bei Lawinenopfern führen. Ein Eisbad ist maximal einmal täglich sinnvoll, besser zwei bis drei Mal pro Woche.

Von Michaela Ecklbauer

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