Keine nachweislichen Hirnschäden bei Havanna-Syndrom

Female Medical Research Scientist Working with Brain Scans o

Bei US-Diplomaten mit dem sogenannten Havanna-Syndrom haben Forscher keine längerfristigen körperlichen Veränderungen festgestellt. Das geht aus zwei parallel veröffentlichen Studien im Fachblatt „Jama“ hervor.

Als Havanna-Syndrom werden rätselhafte Symptome wie Kopfschmerzen, Hörverlust, Schwindel und Übelkeit zusammengefasst, über die ab 2016 zahlreiche in der kubanischen Hauptstadt Havanna lebende US-Diplomaten und ihre Angehörigen klagten.

Später wurden auch an anderen Orten ähnliche Beschwerden gemeldet. Betroffene gaben an, dass die Symptome begannen, nachdem sie etwa ein seltsames Geräusch hörten oder starken Druck in ihrem Kopf spürten. Die Wissenschafter hatten für die Studien Dutzende Betroffene intensiv durchgecheckt und auch auf Hirnschäden untersucht.

Die US-Regierung schloss anfangs nicht aus, dass es sich dabei um eine Art Angriff handeln könnte. Vor etwa einem Jahr ging die Mehrheit der US-Geheimdienste laut einem offiziellen Bericht dann davon aus, dass kein „ausländischer Gegner“ für das sogenannte Havanna-Syndrom verantwortlich ist. Die gemeldeten Beschwerden seien stattdessen wahrscheinlich das Ergebnis von Vorerkrankungen, anderer Krankheiten oder Umweltfaktoren.

Keine signifikanten Unterschiede zu Vergleichsgruppe

Ein Forscherteam um Leighton Chan von den National Institutes of Health (NIH) mit Sitz in Bethesda im US-Staat Maryland analysierte über mehrere Jahre 86 Patienten – Regierungsangestellte und deren erwachsene Familienangehörige. Die Untersuchungen fanden dabei einige Wochen bis Monate nach dem Einsetzen der Symptome statt.

Chan und sein Team unterzogen die Betroffenen unter anderem Hör-, Seh- und Gleichgewichtstests. Sie machten zudem Blutanalysen und befragten die Teilnehmer unter anderem zu Erschöpfung, Depressionen und Schwindel. Die Daten wurden dann mit denen einer Vergleichsgruppe verglichen.

Das Ergebnis: „Es gab keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf die meisten Werte, außer bei objektiven und selbstberichteten Messungen zu Gleichgewicht und zu Symptomen von Müdigkeit, posttraumatischem Stress und Depression“, schreiben die Wissenschafter. Trotzdem sei es wichtig anzuerkennen, dass die Symptome real seien und die Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigten.

Bildgebung erkennt keine Unterschiede

In der zweiten Studie beschreibt eine Gruppe um Carlo Pierpaoli vom National Institute of Biomedical Imaging and Bioengineering Erkenntnisse von Hirnuntersuchungen per Magnetresonanztomografie (MRT).

Sie verglichen die Hirn-Scans von Betroffenen des Havanna-Syndroms mit denen einer Kontrollgruppe. Das Team um Pierpaoli stellte „keine signifikanten Unterschiede bei bildgebenden Messungen der Gehirnstruktur oder -funktion“ fest.

Dies schließe aber nicht aus, dass zum Zeitpunkt der Symptome „ein schädliches Ereignis mit Auswirkungen auf das Gehirn“ stattgefunden haben könnte, sagte Pierpaoli. Denkbar sei, dass ein solches Ereignis keine langfristigen Veränderungen in den Hirn-Scans verursacht habe.

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