13 Jahre Haft nach Überfall auf Heimbewohnerin in Wien

Beschuldigter will bei Tat „nicht bei Sinnen gewesen“ sein © APA/BARBARA BUCHEGGER

Wegen des brutalen Überfalls und der Vergewaltigung einer 92-jährigen Frau in einem Wiener Pensionistenheim ist am Mittwoch ein 28-Jähriger von einem Schöffengericht zu 13 Jahren Haft verurteilt worden. Der Algerier drang am 10. Oktober vergangenen Jahres in die Wohneinheit der betagten Frau, ging auf das Opfer los und fixierte die Seniorin am Bett. In weiterer Folge kam es zu Missbrauchshandlungen. Der Mann bekannte sich schuldig.

Der Schuldspruch wegen schweren Raubes, Vergewaltigung, Freiheitsentziehung, Sachbeschädigung, schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch, Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs und Urkundenunterdrückung ist nicht rechtskräftig. Sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwältin meldeten Strafberufung an.

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Der Mann kam laut Anklägerin im September 2023 über die Türkei nach Österreich. Am 2. Oktober beantragte er Asyl, zwei Tage später begann er mit den ersten Einbruchsdiebstählen. Zunächst war er im Flüchtlingsheim in Traiskirchen untergebracht, danach größtenteils in Linz.

Am 10. Oktober ging er in Wien-Wieden an dem Pensionistenheim vorbei und sah die Frau, die drei goldene Ringe und eine Uhr trug, was den 28-Jährigen dazu brachte, ihr die Schmuckstücke zu rauben. „Ich dachte, es ist ein Einkaufszentrum. Da sind die Leute rein- und rausgegangen.“ Er ging der Frau bis zu ihrer Wohneinheit im sechsten Stock nach und drang mit in das Zimmer ein. Zunächst wollte er ihr die Uhr entreißen. Weil diese aber einen doppelten Verschluss hatte, riss er brutal an der Hand der 92-Jährigen. Immer wieder legte er laut Staatsanwältin den Finger auf seinen Mund, um ihr klar zu machen, dass sie leise zu sein hatte.

Nachdem er ihr die Schmuckstücke vom Körper gerissen hatte, ging er auf das Opfer los, drohte mit einem Küchenmesser und fixierte die Seniorin am Bett. Als er sich der Frau brutal näherte, rief plötzlich der Sohn der Pensionistin an, was den 28-Jährigen scheinbar so wütend machte, dass er mit dem Messer die Telefonleitung durchschnitt. Nach dem sexuellen Übergriff durchwühlte der Mann dann das Zimmer nach Wertgegenständen. Er fand noch 80 Euro, die er an sich nahm. Danach drehte er den Wasserhahn im Waschbecken auf, damit man die Schreie der Frau, die seit sechs Jahren dort lebte, nicht hören konnte, nahm ihren Schlüssel und sperrte sie ein.

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Am Gang sei er laut Anklägerin noch von Zeugen gesehen worden, die er sogar freundlich grüßte. Danach ging er noch „ganz gemütlich“ in das Kaffeehaus des Pensionistenheimes und trank Kaffee, berichtete die Staatsanwältin.

Für die Pensionistin war laut Anklägerin „das schöne Leben vorbei“, neben ihren körperlichen Verletzungen trug die Frau vor allem seelische Schmerzen davon. Sie wurde von Betreuerinnen „blutend, zittrig, aufgewühlt und weinerlich“ vorgefunden. Sie habe sich „nie wieder von dem Vorfall erholt“, sagte die Staatsanwältin. Ein Aufenthalt in ihrer Wohnung sei für die gehbehinderte Frau, die auf einen Rollator angewiesen war, nicht mehr möglich gewesen. Drei Monate nach der Tat verstarb die mittlerweile 93-Jährige an den Folgen einer Lungenentzündung. Auch wenn der Tod der Frau der brutalen Tat kausal nicht zuzuordnen sei, habe der Übergriff aber eine posttraumatische Belastungsstörung zur Folge, die als schwere Körperverletzung zu werten ist, sagte die Staatsanwältin.

Gerichtspsychiater Peter Hofmann hat diesbezüglich ein Gutachten nach dem Tod der Frau erstellt. Die posttraumatische Belastungsstörung sei „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ gegeben und eine „kausale Reaktion“ gewesen. „Ohne Tat hätte es die Reaktion nicht gegeben“, sagte Hofmann. Auch die Folge, dass die Frau nicht mehr in der Wohnung leben und allein sein konnte, würde dies aufzeigen. „Sie hatte Todesangst“, meinte der Gutachter. Hofmann attestierte dem Beschuldigten „eine hohe kriminelle Energie“.

Eine am Tatort entdeckte DNA-Spur ergab dann am 23. Oktober einen Treffer. Die Spur passte zu einem Häftling in Oberösterreich, der seit 18. Oktober dort wegen Autoeinbrüchen in Untersuchungshaft sitzt. Bei ihm wurden auch die Schmuckstücke der Pensionistin entdeckt. Der Algerier wurde dann nach Wien überstellt.

Der bisher unbescholtene 28-Jährige gab die ihm zur Last gelegten Taten zu. Zum Vorwurf der Vergewaltigung meinte er: „Ich habe die Tat begangen, aber ich war nicht bei Verstand.“ Er gab vor, durch Drogenkonsum – angeblich nahm er Benzodiazepine – beeinträchtigt gewesen zu sein. „Ich schwöre, ich war nicht bei Sinnen“, meinte er.