Home Invasion-Prozess mit langjährigen Haftstrafen beendet

Verfahren gegen Schützen wegen gerechtfertiger Notwehr eingestellt © APA/MONATSREVUE.AT/THOMAS LENGER/MONATSREVUE.AT/THOMAS LENGER

Mit langjährigen Haftstrafen ist am Wiener Landesgericht der Prozess gegen vier Männer zu Ende gegangen, die am 7. Februar 2024 in Würnitz in der Gemeinde Harmannsdorf (Bezirk Korneuburg) eine brutale Home Invasion verübt hatten. Der Haupttäter, ein mehrfach vorbestrafter 40-jähriger Rumäne, fasste 16 Jahre aus. Ein 24-jähriger Landsmann, mit dem der Haupttäter Anfang November 2023 auch einen Supermarkt in Wien überfallen hatte, erhielt zehn Jahre.

Jeweils achteinhalb Jahre setzte es für zwei Männer im Alter von 45 und 47, die bis zur Home Invasion als Krankenpfleger wochenweise pflegebedürftige Personen in Österreich betreut hatten. Der 40-Jährige hatte sie für den „brutalen, hinterhältigen Raubüberfall“ angeheuert, wie die Staatsanwältin das Verbrechen in Würnitz nannte. Beute hatten die Angeklagten dabei keine gemacht – der Hausbesitzer machte nämlich von einem Revolver Gebrauch, den er in seinem Nachtkästchen verwahrt hatte, und schoss auf die Einbrecher. Er verletzte einen von ihnen schwer.

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Seine Frau war von dem Lärm wach geworden, den die aus Rumänien stammenden Eindringlinge machten, als sie sich gegen 1.00 Uhr gewaltsam mit einem Schraubenzieher Zutritt in das Einfamilienhaus verschafften, nachdem sie die Bewegungsmelder des alarmgesicherten Gebäudes abgeklebt hatten. Sie verließ das Schlafzimmer und stieß auf vier mit Sturmmasken maskierte Männer.

„Die sind sofort auf mich los, wortlos, mit einer Eisenstange. Ich bin ausgewichen, es hat mich nur an der rechten Seite am Kopf erwischt“, schilderte die mittlerweile 51-jährige Frau einem Schöffensenat. Dann sei sie zu Boden gebracht und geschlagen worden: „Ich hatte Angst, der bringt mich um. Er hat mir den Mund zugehalten. Ich hab‘ ihn gebissen. Es war wie ein Albtraum.“ Ihre Zähne hätten sich von den Schlägen gelockert, „das Blut ist geströmt, ich hab‘ gedacht, es ist aus“.

Von den Schreien der 51-Jährigen wurde ihr Mann wach. Der 71-Jährige schnappte sich seinen Revolver und gab zunächst zwei Warnschüsse ab. Dann lief er ins Erdgeschoß, wo er ein Getümmel wahrnahm. Ein Mann sei auf seiner Frau gelegen, erinnerte sich der Ehemann im Zeugenstand: „Sie war ganz benommen und hat geblutet.“ Darauf habe er auf den Mann gezielt und abgedrückt: „Natürlich wollte ich sie retten.“ Das Projektil traf den 47 Jahre alten Einbrecher, dem im Unterschied zu seinen Komplizen nicht die Flucht gelang, am Gesäß. Er brach im Garten zusammen, wo er von der eintreffenden Polizei festgenommen wurde. Den anderen drei Männern gelang zunächst die Flucht.

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Zwei konnten in weiterer Folge mit Europäischem Haftbefehl in Rumänien gefasst werden. Der vierte Angeklagte wurde festgenommen, als er Monate später über die Grenze in Nickelsdorf wieder nach Österreich einreisen wollte. Er hatte hierzulande bis dahin regelmäßig – ebenso wie ein weiterer Angeklagter – als Krankenpfleger wochenweise pflegebedürftige Senioren und Seniorinnen betreut.

Die beiden waren laut Anklage vom mutmaßlichen Haupttäter, einem in Österreich, Deutschland und Italien einschlägig vorbestraften Kriminellen, angeheuert worden. Der 40-Jährige hatte unter anderem im Juli 2016 bei einer Home Invasion in Wien zwei Frauen gefesselt und für diesen Überfall vier Jahre im Gefängnis verbüßt. Auf die Idee, das Ehepaar in Würnitz auszurauben, kam er, weil seine damalige Freundin mit der Schwiegertochter des Ehepaars befreundet war und bei einem gemeinsamen Urlaub in Malta aus deren Schilderungen den Eindruck gewonnen hatte, der 71-Jährige wäre ein vermögender Mann.

Für den 71-jährigen Hausbesitzer hatte der Schusswaffengebrauch übrigens keine strafrechtlichen Folgen. Die Staatsanwaltschaft Korneuburg billigte ihm gerechtfertigte Notwehr zu. Ein ursprünglich gegen ihn geführtes Ermittlungsverfahren wurde Ende Mai eingestellt.

Der Hauptangeklagte hatte vor der Straftat in Würnitz gemeinsam mit dem jüngsten Angeklagten bereits einen Supermarkt in Wien-Donaustadt überfallen, in dem seine Ex-Freundin als Mitarbeiterin beschäftigt war. Anfang November 2023 drangen sie nachts ins Geschäft ein, überwältigten und fesselten einen jungen Security-Mitarbeiter und verlangten von ihm die Bekanntgabe des Codes zum Tresor. Der gefesselte Mann wusste diesen nicht, worauf er mit einem Vorschlaghammer traktiert wurde. Die Täter machten sogar Anstalten ihn auszuziehen und demütigten ihn, wie das Opfer als Zeuge berichtete. Mit hochprozentigen Alkoholika im Wert von knapp 1.000 Euro suchten sie schließlich das Weite.

„Hier ist wirklich großes Unrecht verwirklicht worden. Das bedarf einer strengen Sanktion des Staates. Ihnen soll vor Augen geführt werden, was Sie angerichtet haben“, hielt der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung fest. Der 40-Jährige meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, der 24-Jährige erbat Bedenkzeit. Der 45- und der 47-Jährige akzeptierten dagegen die über sie verhängten Strafen, diese Urteile sind bereits rechtskräftig.