Alleingang der Länder bei Bodenstrategie

Uneinigkeit verzögert den Beschluss einer Bodenstrategie © APA/THEMENBILD/BARBARA GINDL

Einstimmig haben die Bundesländer am Donnerstag in Linz laut eigenen Angaben die von der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) erarbeitete Österreichische Bodenstrategie beschlossen. Oberösterreichs Raumordnungslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) hatte u.a. alle Ressortkollegen aus den Bundesländern zur „Tagung“ geladen. Das Büro von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) stellte klar, dass „heute keine Sitzung der ÖROK stattfand und es wurden auch keine Beschlüsse gefasst“.

Die bisher nicht zustande gekommene Bodenstrategie sei eine Strategie der ÖROK, in der Länder, Gemeinden und die Bundesregierung vertreten sind. Für alle Beschlüsse gilt Einstimmigkeit. Doch daran scheiterte es bisher, denn das verbindliche Ziel, den Bodenverbrauch bis 2030 auf 2,5 Hektar pro Tag zu beschränken, lehnen Länder sowie der Gemeindebund ab.

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Nun haben offenbar die Länder den Alleingang ohne besagte 2,5 Hektar-Vorgabe beschritten. Sie argumentieren damit, dass „die ÖROK ein Verein ist, der keine verfassungsmäßige Kompetenzen besitzt“, diese hätten die Länder, die für die Umsetzung der Raumordnung zuständig seien, so Achleitner. Daher hätten alle neun Bundesländer nun die Österreichische Bodenstrategie im Sinne einer nachhaltigen Raumordnungspolitik beschlossen. Diese sei von „Vernunft und Pragmatismus“ und nicht von „ideologischen Luftschlössern“ geprägt, meinte Achleitner. Denn „eine absolute Zahl schützt noch keinen Hektar Boden“, ergänzte Niederösterreichs Landeshauptmannstellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) in der Pressekonferenz nach der Linzer Tagung. Alle Länder würden nun mit der Umsetzung der Strategie beginnen, die dem Motto „Boden schützen und Zukunft ermöglichen“ folge. Sprich es müsse eine Interessensabwägung zwischen dem Schutz von Naturräumen und wirtschaftlicher Entwicklung geben.

Die Bodenschutzstrategie enthält vier generelle Ziele: Schutz von Frei- und Grünland, Unterbindung der Zersiedelung, effiziente Innenentwicklung, um geeignete Baulandbestände im Siedlungsgebiet bestmöglich zu nutzen sowie Intensivierung der Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit. In dem für die ÖROK erarbeiteten Fachpapier waren konkrete Zahlen nicht enthalten, das bereits 2002 in der Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes festgehaltene 2,5-Hektar-Ziel wurde vergangenes Jahr noch von den Grünen hineinreklamiert, da es auch einen messbaren Indikator geben müsse.

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP), der 2023 noch meinte, die Bodenstrategie könne „nur erfolgreich sein, wenn alle beteiligten Akteure, der Bund, die Länder, die Gemeinden, der Städte- und der Gemeindebund, dahinterstehen“, kommentierte am Donnerstag den Länderbeschluss dann so: „Es ist erfreulich, dass jetzt überparteilicher Konsens bei den für die Raumordnung zuständigen Akteuren für die erste Österreichische Bodenstrategie herrscht. Dieser Beschluss mit einem konkreten Maßnahmenkatalog zur Umsetzung, ist ein wichtiger Meilenstein für den sorgsamen Umgang mit unserem wertvollen Boden.“

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„Mit Fake News vor den Medien“ feiere sich Achleitner für „den Beschluss eines zahnlosen Papiertigers“, kritisierte die Grüne Generalsekretärin Olga Voglauer. Niemandem würden „Sonntagsreden und Lippenbekenntnisse“ etwas bringen. Und WWF-Bodenschutzsprecher Simon Pories meinte: „Das heutige Treffen hat einmal mehr gezeigt, warum Österreich den grassierenden Flächenfraß seit Jahren nicht in den Griff bekommt. Ohne ein echtes Bekenntnis der Politik zu konkreten Maßnahmen und einer fixen Obergrenze für den Bodenverbrauch werden Zersiedelung und Naturzerstörung ungebremst weitergehen.“

Auch Greenpeace nahm den oberösterreichischen Raumordnungslandesrat in einem Statement in die Kritik. Dieser torpediere Bodenschutzmaßnahmen seit Monaten und blockiere weiterhin einen konkreten Grenzwert beim Bodenverbrauch. Rein rechtlich könne er aber „als Landesrat keinen Beschluss für die Bodenstrategie fällen und dabei das Organ der Österreichischen Raumordnungskonferenz umgehen“, sagte Greenpeace-Bodenschutzsprecherin Melanie Ebner.

Die NEOS Oberösterreich sprachen von „einem historisch schlechten Tag“ für den Bodenschutz. „Die rücksichtslosen Betonierer in den Bundesländern haben sich durchgesetzt“, so Klubobmann Felix Eypeltauer. Eine Strategie ohne konkretes Ziel und Grenzen sei nicht effektiv, meinte die stellvertretende NEOS-Landessprecherin Nationalratsabgeordnete Karin Doppelbauer. Als Beleg dafür führten die NEOS die Novelle des oberösterreichischen Raumordnungsgesetz von 2020 an, die bisher keine Verbesserung gebracht habe. Der Anteil der in Anspruch genommenen Flächen betrug laut ÖROK-Monitoring in Oberösterreich 2022 mit 8,8 Prozent den zweithöchsten Wert im Bundesländervergleich. 57 Prozent dieser Flächen seien laut Eypeltauer versiegelt. Achleitner betonte damals hingegen, es sei „eines der schärfsten Gesetze der Republik zur Eindämmung des Flächenverbrauchs und für den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen“.

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