In der Steiermark waren am Sonntag nicht nur die Aufräumarbeiten nach dem schweren Sturm im Laufen. Die Einsatzkräfte kämpfen in den nördlichen Landesteilen auch gegen Wassermassen. In Teilen der Gemeinde St. Barbara im Mürztal (Bezirk Bruck-Mürzzuschlag) sind Vorbereitungen zu einer möglichen Evakuierung angelaufen: Bewohner aus Mitterdorf und Wartberg könnten laut dem Bezirksrettungskommando vorübergehend in einer Schule untergebracht werden.
Aufgrund der schweren Regenfälle sind am Sonntag sowohl der Thörlbach als auch die Mürz über die Ufer getreten und haben zu Überschwemmungen in den Gemeinden Thörl, St. Barbara im Mürztal sowie Kapfenberg (alle Bezirk Bruck-Mürzzuschlag) geführt. Aufgrund der Überflutungsgefahr wurde im Mürztal entlang der Mürz bereits eine Cell Broadcast (AT Alert) – Hochwasserwarnung ausgelöst.
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In der Gemeinde St. Barbara im Mürztal werden aus Sicherheitsgründen eine Evakuierung von bis zu 100 Bewohnerinnen und Bewohnern aus Mitterdorf und Wartberg vorbereitet, teilte das Bezirksrettungskommando Bruck-Mürzzuschlag mit.
Sie könnten in der Mittelschule von Mitterdorf untergebracht werden. Das Rote Kreuz hat einen Betreuungseinsatz mit Krisenintervention- und Sanitätspersonal organisiert. „Es ist alles vorbereitet. Nun warten wir, ob die Pegelstände weiter steigen oder doch noch zurückgehen“, sagte Christoph Strahlhofer von der Bezirksstelle Bruck-Mürzzuschlag gegenüber der APA.
In Kapfenberg tritt seit Mittag ebenfalls die Mürz im Bereich der Altstadt (Lindenplatz) über die Ufer. Man rechnet mit einem 30-jährlichem Hochwasserereignis. Der vorläufige Höhepunkt des Hochwassers soll laut dem Sprecher der Stadtkommunikation Kapfenberg am frühen Abend erreicht sein. „Von einer Evakuierung geht man zum jetzigen Zeitpunkt nicht aus“, sagte Andreas Trippolt, auf Anfrage der APA.
Vonseiten der Stadt wurden die Bürger jedoch aufgefordert nach Möglichkeit zuhause zu bleiben uns sich von Gewässern fernzuhalten. Aufgrund des Sturms wurde auch empfohlen, sich von Wäldern fernzuhalten. Die Gasversorgung im Stadtteil Winkl wurde aus Sicherheitsgründen abgedreht, da die Rohrbrücke über den Thörlbach gefährdet war. Das Tierheim Kapfenberg wurde vorausschauend evakuiert, wie Trippolt weiter ausführte.
Auch für die Region Mariazell (Bezirk Bruck-Mürzzuschlag) wurde bereits um 16.00 Uhr eine Cell Broadcast-Hochwasserwarnung wegen der Gefahr von lokalen Überschwemmungen und Vermurungen ausgegeben. Die Zivilschutzwarnung für die Marktgemeinde Thörl wurde indessen am Sonntagnachmittag aufgehoben. In Thörl war es bereits im Juli nach heftigen Regenfällen der Thörlbach über die Ufer getreten, was ebenfalls zu Überflutungen und Zivilschutzalarm geführt hatte.
Zivilschutzalarm in Thörl
Im obersteirischen Thörl ist Sonntagfrüh aufgrund der heftigen Regenfälle, Überschwemmungen und drohenden Vermurungen der Zivilschutzalarm ausgelöst worden. Dies sagte Harald Eitner, Leiter des Katastrophenschutzes des Landes, am Sonntag bei einem Lagebericht mit Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) in Graz. Drexler warnte vor unnötigen Wegen im Freien, insbesondere in Waldgebieten, an Uferbereichen und auf Bergen. Rund 20.000 steirische Haushalte waren ohne Strom.
Aufgrund der zu erwartenden Überflutungen und Vermurungen wurde den Bewohnern der Gemeinde Thörl (Bezirk Bruck-Mürzzuschlag) empfohlen, Tiefgaragen und Keller zu meiden, Wertgegenstände in höhere Stockwerke zu bringen und unnötige Autofahrten zu vermeiden.
Auch im Bereich der Mürz rechnete Eitner am Sonntagvormittag mit einem 30-jährlichen Hochwasserstand (HQ30), für den Bereich der Salza, die den Siedlungsraum Wildalpen durchzieht, wurde ein 20-jährlicher Hochwasserstand denkbar. „Wirkliche Entspannung wird es erst am Dienstag geben, dann sollte der Regen nachlassen“, so Eitner.
Kurz nach 13 hat die Landeswarnzentrale Steiermark zudem via „Cell Broadcast“ (AT-Alert) eine Warnung an die Bevölkerung in den Bezirken Voitsberg, Graz-Umgebung, Weiz und Hartberg-Fürstenfeld verschickt. Da zu erwarten sei, „dass der Sturm bis in die späten Abendstunden mit Spitzen bis 100 km/h anhält“, wurde vor dem Aufenthalt in Wäldern, Parks oder Alleen gewarnt. Bei Ausfall des Mobilfunknetzes möge man sich in Notfällen an das nächstgelegene Feuerwehr-Rüsthaus wenden.
„Die Kombination aus erheblichen Regenfällen, sehr viel Schnee und ziemlich dramatischen Sturmböen hat für eine außerordentlich bedrohliche und gefährliche Situation gesorgt. Und die Lage bleibt weiterhin angespannt“, schilderte LH Drexler am kurzfristig angesetzten Pressegespräch am Sonntagvormittag in der Landeswarnzentrale Steiermark.
Mehr als 500 Trafostationen und mehr als 25.000 Haushalte nicht am Netz
In der Nacht auf Sonntag haben die Windböen an Stärke zugenommen und sich nahezu auf alle Regionen in der Steiermark ausgebreitet. Vorrangige Probleme bereiteten umgestürzte Bäume und Strommasten, die auch die Stromversorgung beeinträchtigten: „Es sind eigentlich alle Teile der Steiermark betroffen, mit geringerem Schadensausmaß im Ennstal“, so Harnik-Lauris.
Laut dem Sprecher der Energie Steiermark waren in der Nacht auf Sonntag mehr als 500 Trafostationen und mehr als 25.000 Haushalte nicht am Netz. Sonntagabend waren es etwas mehr als 110 Trafostationen und somit noch an die 2.500 Haushalte ohne Strom. „Wir haben alle unsere Einsatztrupps vor Ort, wo es möglich ist. Die Erreichbarkeit mancher Schadensorte ist teilweise nicht gegeben beziehungsweise es ist zu gefährlich“, schilderte Harnik die Situation. Die bisherigen Schäden an der Strominfrastruktur dürften laut Harnik Millionenhöhe erreichen.
Christian Leitgeb, stellvertretender Landesfeuerwehrkommandant, bezifferte die Zahl der eingesetzten Feuerkräfte am Sonntagvormittag mit 3.000. Ihre rund 280 Wehren waren bei 350 Einsätzen vor Ort. Am Vormittag hätten sich aber auch 200 Einsatzkräfte (vier KHD-Züge) aus den Feuerwehrbereichen Feldbach, Deutschlandsberg, Judenburg und Leibnitz auf den Weg nach Tulln gemacht.
LH Drexler appellierte an die Bevölkerung, Waldgebiete nicht zu betreten und sich nicht in der Nähe von Ufern aufzuhalten. „Bitte lassen Sie Vorsicht walten“, so Drexler. Durch Regen, Schnee, dadurch aufgeweichte Böden und insbesondere den extrem starken Wind bestehe erhebliche Gefahr. Es wurde auch ersucht, nicht unbedingt nötige Wege zu vermeiden. Aufgrund der großen Lawinengefahr wird auch von Touren im Gebirge ebenfalls dringend abgeraten.