Regen, Sturm und Schnee halten wie erwartet Österreich in Atem. Brennpunkte lagen am Samstag vor allem in Niederösterreich, wo vor allem am Kamp ein 100-jährliches Hochwasser erwartet wird und wo zahlreiche Einsätze vonnöten waren. „Die hydrologischen Prognosen verdichten und verschärfen sich“, teilte LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) mit. Auch in Oberösterreich, vor allem im Raum Steyr, war die Lage seit Freitagabend prekär. Auch der Sturm machte Probleme.
Nach einer Lagebesprechung des Staatlichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagements (SKKM) im Innenministerium meldete sich Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zu Wort. „Nahezu alle Bundesländer sind von den heftigen Regenfällen und teils auch von Schneefall der vergangenen Tage betroffen. Besonders in Niederösterreich spitzt sich die Lage weiter zu. Der Höhepunkt ist noch nicht erreicht, und die kommenden Tage werden für die betroffene Bevölkerung und die Einsatzkräfte noch äußerst schwierig und herausfordernd sein“, meinte der Kanzler. Feuerwehren, Zivilschutz, Polizei und Bundesheer stünden „in höchster Alarmbereitschaft, um überall dort zu helfen, wo ihre Unterstützung dringend benötigt wird.“ Nehammer dankte allen Einsatzkräften sowie den Verantwortlichen für das Krisenmanagement in den Ländern und Gemeinden: „Die Situation wird mit größter Professionalität und hoher Expertise beurteilt und bewältigt. Wir können uns auf das Engagement und die Kompetenz aller Beteiligten voll und ganz verlassen.“
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Auch Verkehrs- und Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), die statt des Aufsteirerns in Graz – witterungsbedingt abgesagt – die ASFINAG Verkehrsmanagement und Überwachungszentrale Plabutsch besuchte, dankte den dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern „stellvertretend für alle Einsatzkräfte in ganz Österreich“. Gewessler weiter: „Es ist wirklich harte Arbeit und ein ständiges gefordert Sein. Von den Lebensretterinnen und Lebensrettern bei Polizei, Rettung und Feuerwehr, bis zu den vielen tausenden Freiwilligen, die mithelfen, wo sie gebraucht werden.“ Sie appellierte an die Bevölkerung besonders acht zu geben.
In Niederösterreich wurden Evakuierungen vorbereitet, betroffene Gemeinden sollten zum Katastrophengebiet erklärt werden. Im Waldviertel wird mit einem bis zu 100-jährlichen Hochwasser gerechnet, „am Kamp punktuell auch darüber hinaus“, so der Landesvize. An der Donau wird laut aktuellen Prognosen ein 20- bis 30-jährliches Hochwasser erwartet. An den südlichen Zubringerflüssen sei ein 30-jährliches derartiges Ereignis und örtlich darüber möglich, informierte Pernkopf in einer Aussendung.
Seit Donnerstag sind den Angaben zufolge bereits rund 50 bis 150 Millimeter – laut Geosphere Austria punktuell auch noch mehr – an Niederschlägen verzeichnet worden. Für die nächsten 48 Stunden wurden weitere Summen von bis zu 230 Millimeter vorhergesagt. „Dementsprechend ist auch mit einem raschen und deutlichen Anstieg der Wasserführung in sämtlichen Gewässern zu rechnen. Dazu kommen orkanartige Windböen“, sagte der Landesvize. Er kündigte an, dass die „betroffenen Gemeinden in den Bezirken Zwettl, Horn, Krems und Tulln (…) entsprechend zum Katastrophengebiet erklärt werden.“ Am Freitagabend kam es bereits in einigen Gemeinden zu ersten Evakuierungen. Betroffen waren Gartensiedlungen bzw. Zweitwohnsitze. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ergänzte: „Gerade im Waldviertel erwarten wir Herausforderungen in historischer Dimension.“
Von Freitagabend bis Samstagfrüh verzeichneten die NÖ Feuerwehren 160 Einsätze, großteils aufgrund von Sturm. In mehreren Bezirken stürzten Bäume um, betroffen waren laut ÖAMTC u.a. die Westautobahn (A1) zwischen Amstetten West und Oed sowie die Wiener Außenring Autobahn (A21) bei Hochstraß (Bezirk Baden). Gesperrt war die B28 zwischen Puchenstuben (Bezirk Scheibbs) und Lassingrotte in Annaberg (Bezirk Lilienfeld). Wegen Überflutung nicht befahrbar war die B35 zwischen Hadersdorf und dem Ortsteil Weinstraße Richtung Krems. Die Ausweichroute führt über Langenlois. Auch die Verbindung über die Kampbrücke nach Diendorf wurde wegen Hochwassers gesperrt, ebenso ein Abschnitt der B1 bei Melk. Zudem werde am Nachmittag die B3 zwischen Krems und Weißenkirchen gesperrt, teilte eine ÖAMTC-Sprecherin mit.
Keine Pause machte der Regen auch in Oberösterreich und Salzburg. Die Landesfeuerwehrkommandos haben bis Samstagvormittag etliche kleinere Einsätze zu bewältigen gehabt, bisher sei man glimpflich davongekommen, so die einhellige Meinung aus beiden Bundesländern. Bäume von den Straßen entfernen, überflutete Keller auspumpen, Hochwasserschutz aufbauen und in Salzburg auch Fahrzeuge aus dem Schnee befreien lauteten die Aufgaben.
Der hydrografische Dienst in OÖ meldete steigende Wasserstände an Inn und Donau sowie Enns. Vorwarngrenzen in Mauthausen und Schärding sollten Samstagnachmittag, in Linz Sonntagfrüh überschritten werden. Hochwasserschutzvorrichtungen wurden aufgebaut. Lokale Überflutungen an kleinen und mittleren Gewässern seien überall möglich, hieß es. Die Enns in Steyr hatte die Vorwarngrenze bereits überschritten und stieg noch an. Die Stadt rief dazu auf, Uferbereiche zu meiden, Autos aus den potenziellen Überflutungsgebieten zu entfernen, Kellerfenster zu schließen und Ablaufrinnen zu säubern. Sandsäcke für den Notfall liegen bei den Kommunalbetrieben der Stadt bereit. In Linz wurde der Traunradweg unterhalb der Traunbrücke Ebelsberg vorsorglich gesperrt, ebenso die Fußgängerunterführung Freistädter Straße/Linzer Straße.
In der Bundeshauptstadt hat die Berufsfeuerwehr Wien „durchwegs viel zu tun, aber bisher keine größeren Einsätze“, wie ihr Sprecher Gerald Schimpf der APA sagte. Unter anderem ging es um Folgen von stürmischen Windböen – abgebrochene Äste oder umgestürzte Baugitter mussten weggeräumt werden – sowie um Wasser, das in Keller eingetreten war und abgepumpt werden musste oder über undichte Dächer in Gebäude eingedrungen war und Wasserschäden verursacht hatte. Im Verlauf des Samstags waren für Wien starke Regenfälle vorhergesagt. Auch mit Sturmböen war weiter zu rechnen. Im Schlosspark Schönbrunn wurde daher bereits der Bereich um die Gloriette gesperrt – der Eingang Tirolerhof bleibt bis auf Weiteres aus Sicherheitsgründen geschlossen. Bei der Berufsrettung Wien gab es laut deren Sprecher Daniel Melcher bisher keine wetterbedingt Verletzten zu behandeln.
Sturm machte den Einsatzkräften in der Steiermark zu schaffen: In Teilen der Ost- und Obersteiermark und des östlichen Grazer Umlands war die Stromversorgung beeinträchtigt. Umgestürzte Bäume waren die Ursache. In der Früh waren mehr als 4.000 Haushalte ohne Strom, mehr als 70 Trafostationen waren außer Betrieb, teilten die Energienetze Steiermark am Samstag mit. Umgestürzte Bäume blockierten aber auch Straßen und sorgten für vermehrte Einsätze der Feuerwehr.
In Tirol und in Vorarlberg stiegen die Pegel der Flüsse und Bäche von Freitag auf Samstag durchschnittlich nur geringfügig oder gar nicht an. Grund war, dass die teils heftigen Niederschläge bereits in höheren Lagen als Schnee „zwischengespeichert“ sind und die Tallagen entlasten. Dennoch könnte es laut Geosphere Austria auch im Tiroler Unterland am Samstag wegen lokaler Niederschläge zu kleinräumigen Überflutungen von Grün- und Ackerflächen kommen. Für die Berglagen sind weiterhin Muren- oder Hangrutschungen als Auswirkungen der Wetterlage möglich, so die Experten.
Die Regenmengen der vergangenen Tage haben nach Angaben der Geosphere Austria in einigen Regionen bereits die Werte eines durchschnittlichen Septembers teils deutlich übertroffen. Im oberösterreichischen Weyer (Bezirk Steyr-Land) sind demnach bereits rund 170 Liter pro Quadratmeter von Donnerstag bis Samstagvormittag gefallen, in einem durchschnittlichen September sind es rund 140 Liter pro Quadratmeter. Auch die Schneemengen und die Windspitzen waren durchaus bemerkenswert.
Das Wetter führte erneut zu Veranstaltungsabsagen. Neben dem Aufsteirern in Graz betraf dies auch weitere Begegnungen in der zweithöchsten Fußballliga: Die Spiele des FAC gegen Liefering sowie vom SV Horn gegen die Vienna wurden verschoben. Das Match in Floridsdorf hätte am Samstagnachmittag, jenes in Horn am Sonntagvormittag stattfinden sollen. Bereits am Freitag waren zwei Partien der 2. Liga (St. Pölten – Admira, Rapid II – Amstetten) sowie das Samstag-Bundesligaspiel zwischen Red Bull Salzburg und Austria Klagenfurt abgesagt worden. Auch in den unteren Ligen ruht dieses Wochenende über weite Strecken der Ball, vor allem im Osten des Landes. In allen Regionalligen gibt es Spielabsagen, in der Wiener Stadtliga wurden sämtliche Matches abgesagt.