Toter Bub in Tirol: Tatverdächtiger Vater bleibt in U-Haft

Zu der vorgeworfenen Tat war es im August 2022 gekommen © APA/GEORG KÖCHLER/ZOOM TIROL/GEORG KÖCHLER/ZOOM TIROL

Im Fall jenes sechsjährigen Buben, der Ende August 2022 tot in der Kitzbüheler Ache in St. Johann in Tirol aufgefunden worden war, ist der Enthaftungsantrag der Verteidigung des 39-jährigen tatverdächtigen Vaters am Freitag vom zuständigen Haftrichter am Landesgericht Innsbruck abgewiesen worden. Der dringende Tatverdacht war weiterhin gegeben, der Mann muss damit in Untersuchungshaft bleiben, in der er sich bereits ein Jahr lang befindet.

„Auch unter Berücksichtigung der aktuellen Ermittlungsergebnisse geht der Haftrichter vom Vorliegen eines dringenden Tatverdachtes aus“, teilte das Landesgericht Innsbruck in einer Aussendung mit und erklärte, dass sich dieser wie bisher auch auf das Vortäuschen einer Straftat beziehe. Es liege jedenfalls nach wie vor der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr vor. In zwei Monaten finde eine erneute Haftprüfung statt. Unklar blieb vorerst weiter, wann es zu einer möglichen Anklage kommt.

Der Anwalt des 39-jährigen Deutschen, Albert Heiss, kündigte indes an, gegen die Entscheidung eine Beschwerde beim Oberlandesgericht Innsbruck (OLG) einzubringen, hieß es gegenüber der APA. Kommende Woche werde dies vonstatten gehen. „Für uns ist diese Entscheidung nicht nachvollziehbar und wir werden deshalb alle Rechtsmittel ausschöpfen, um den beschuldigten Vater aus der Untersuchungshaft zu bekommen“, betonte Heiss. Er kritisierte unter anderem, dass die „bereits jetzt überdurchschnittlich lange Untersuchungshaft, mit deren wirtschaftlichen und psychischen Folgen für den Betroffenen und für seine Familie“ offensichtlich nicht in die Entscheidung eingeflossen sei.

Am Donnerstag war der erfahrene Rechtsverteidiger in einer Pressekonferenz in einem Innsbrucker Hotel in die mediale Offensive gegangen. Er berichtete nicht nur von dem gestellten Enthaftungsantrag, sondern kritisierte – zusammen mit dem Rechtsbeistand der Mutter, Mathias Kapferer – die Ermittlungsarbeit von Polizei bzw. Landeskriminalamt sowie Staatsanwaltschaft massiv. Bei den Ermittlungen und der Tatortarbeit sei es „zu Pannen und Fehlern“ gekommen. Dies würden in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten sowie auch offizielle Gutachten belegen. „Es sind massive Fehler passiert. Es wurde zudem nicht ergebnisoffen ermittelt“, sagte Heiss. Der dringende Tatverdacht gegen seinen Mandanten, dessen Sohn umgebracht zu haben, sei „nicht mehr haltbar“.

Zum einen ortete Heiss etwa „mangelhafte und laienhafte“ Spurenauswertung am Tatort, einer Promenade neben der Kitzbüheler Ache. Zum anderen seien bei der Auswertung der Handydaten seines Mandanten „erhebliche Fehler“ passiert. Zwei „unabhängige Gutachten“ würden zudem belegen, dass aus medizinischer Sicht eine Fremdverletzung wahrscheinlicher sei als eine Eigenverletzung. Auch DNA-Spuren brachten die Anwälte ins Spiel. Es habe zwei DNA-Treffer auf einen Unbekannten in einem Mistkübel bzw. auf Zigarettenstumpen nahe dem Tatort gegeben. Die Ermittler würden diese aus welchen Gründen auch immer zurückhalten. Zudem würden DNA-Spuren einer unbekannten männlichen Person auf den Glasscherben, dem Overall des Buben sowie auf dem Flaschenhals existieren.

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Anwalt Heiss sah eine Verletzung der Unschuldsvermutung und teils mediale Vorverurteilung. Die Staatsanwaltschaft habe zudem ihre Pflicht zu einer objektiven Verfahrensführung bzw. das Objektivitätsgebot verletzt.

Ganz anders sah dies indes die Staatsanwaltschaft Innsbruck, die sich noch vor der Pressekonferenz per Aussendung zu Wort gemeldet hatte. „Aufgabe der Staatsanwaltschaft ist es, alles objektiv und sachlich zu beurteilen und dabei die Rechte aller Verfahrensbeteiligten und auch die Unschuldsvermutung zu wahren“, hieß es dort etwa. Die Anklagebehörde lasse sich dabei „nicht von sachfremden, persönlich Motiven leiten, sondern ist ausschließlich dem Gesetz verpflichtet und orientiert sich an den vorliegenden Fakten.“ „Das wird regelmäßig vom Gericht geprüft – im konkreten Fall auch vom Obersten Gerichtshof, der die Rechtmäßigkeit der Untersuchungshaft bestätigt hat.“

Ursprünglich war man in dem Fall, der auch international Schlagzeilen machte, von einem Raubüberfall auf den Vater ausgegangen. Der Mann soll in der Nacht auf einer Promenade neben der Ache von einem Unbekannten mit einer Flasche bewusstlos geschlagen und beraubt worden sein. Danach soll der Sechsjährige selbstständig aus dem Kinderwagen gestiegen, in die Ache gestürzt und dort ertrunken sein. Doch nach monatelangen, intensiven Ermittlungen, bei denen sich keine heiße Spur nach dem angeblichen Räuber herauskristallisierte, geriet der 39-Jährige ins Visier und wurde schließlich am 27. Februar 2023 festgenommen. Er soll den Buben getötet und den Raubüberfall vorgetäuscht haben. Konkrete Ermittlungsergebnisse sollen ihn schwer belasten.

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