Zehn Jahre Haft für tödliche Faustschläge in Wiener Park

Schöffensenat billigte 33-Jährigem keine Notwehr zu © APA/HERBERT NEUBAUER

Am Landesgericht ist am Dienstag eine tätliche Auseinandersetzung im Wilhelmsdorfer Park in Wien-Meidling verhandelt worden, die einen 67-jährigen Mann das Leben gekostet hat. Ein 33-Jähriger wurde wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§ 86 StGB) zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Zudem wurde er aufgrund einer ihm bescheinigten Gefährlichkeit im Sinn des § 21 Absatz 2 StGB in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen.

Der Angeklagte hatte sich vor einem Schöffensenat mit Notwehr verantwortet. Er meldete gegen das Urteil Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, die Entscheidung ist damit nicht rechtskräftig. Während der Urteilsverkündung protestierte er gegen seine anklagekonforme Verurteilung: „Das ist lächerlich, bitte!“ Ein Justizwachebeamer ermahnte ihn darauf, ruhig zu sein.

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Zu der Auseinandersetzung war es am 23. August 2023 gekommen, nachdem der Angeklagte von einer Gruppe – drei Männer und eine Frau – angestänkert wurde, weil er auf einer Parkbank im Liegen rauchte. Nach einem ersten Wortgefecht kam es zu Tätlichkeiten, wobei der Angeklagte von der Gruppe umringt, zu Boden gerissen, geschlagen und getreten wurde – dies und die folgenden Szenen sind auf einem Handy-Video dokumentiert, das ein unbeteiligter Zeuge angefertigt hatte und das in der Verhandlung zentrales Beweismittel war.

Auf dem Video ist zu sehen, wie die Gruppe von dem Mann nach einiger Zeit wieder ablässt und sich entfernt. Der 33-Jährige rappelt sich auf und geht dann – offenbar schimpfend und weiter auf Konfrontationskurs – auf den 67-Jährigen und dessen Ehefrau zu. Der 67-Jährige tritt in Richtung des 33-Jährigen, trifft ihn aber nicht, die Frau schlägt mit ihrer Handtasche auf den 33-Jährigen ein. Darauf versetzt der 33-Jährige dem 67-Jährigen zwei Faustschläge ins Gesicht. Nach dem zweiten fällt der Mann rücklings um und kracht mit dem Hinterkopf auf den Asphalt.

Der 67-Jährige erlitt infolge des ungebremsten Sturzes schwere Hirnverletzungen: Neben einem Berstungsbruch des Schädeldachs traten Blutungen zwischen den Hirnhäuten und Prellungen des Gehirngewebes auf, die in weiterer Folge zum sogenannten Locked-In-Syndrom führten. Der Mann war bei vollem Bewusstsein vollständig gelähmt. Am 18. Oktober starb er in einem Spital an einer dadurch aufgetretenen Dekompensation des Herz-Kreiskaufsystems, wobei Vorerkrankungen – ein überstandener Herzinfarkt, Bluthochdruck, Diabetes und Adipositas – das Ableben beschleunigten, wie Gerichtsmediziner Nikolaus Klupp ausführte. Die Faustschläge seien jedenfalls kausal für den Tod gewesen, betonte Klupp.

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„Es war ein Angriff auf meine Person“, sagte der Angeklagte. Er selbst habe die Polizei gerufen, nachdem es zu der Streiterei mit der Gruppe gekommen sei. Nachdem sich die Polizeibeamten entfernt hätten, seien die anderen „richtig“ auf ihn losgegangen, verwies der 33-Jährige auf das Video: „Die haben von allen Seiten auf mich eingeschlagen. Ich wollte nie zuschlagen.“ Er sei „nicht davon ausgegangen, dass ich mit 60 Kilo Körpergewicht in der Lage bin, einen bewusstlos zu schlagen“.

In der Urteilsbegründung hielt die Vorsitzende des Schöffensenats fest, es handle sich um einen „überaus tragischen Fall“. Notwehr sei aber „zweifellos nicht gegeben“. Der Angriff gegen den Angeklagten sei bereits beendet gewesen, als dieser dem 67-Jährigen mit der Faust ins Gesicht schlug. Die Todesfolgen waren für das Gericht „aufgrund des wuchtigen Schlags vorhersehbar“. Die Richterin sprach von „sinnloser Gewalt“.

Die Witwe des 67-Jährigen, die sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen hatte, bekam 10.000 Euro Trauerschmerzengeld zugesprochen. Die Unterbringung des mehrfach vorbestraften 33-Jährigen im Maßnahmenvollzug fußte auf einem Gutachten des Gerichtspsychiaters Siegfried Schranz.

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