„Forensic Nurses“ unterstützen Opfer von Gewaltdelikten

Am Linzer Kepler Universitätsklinikum sind jetzt die ersten drei Spezialistinnen im Einsatz

Forensic Nurses sind wichtiges Bindeglied zwischen der Gesundheitsversorgung und den Institutionen der Rechtsdurchsetzung.
Forensic Nurses sind wichtiges Bindeglied zwischen der Gesundheitsversorgung und den Institutionen der Rechtsdurchsetzung. © Gecko Studio - stock.adobe.com

Drei Mitarbeiterinnen des Linzer Kepler Universitätsklinikums (KUK) gehören zu den ersten Absolventinnen der Ausbildung „Forensic Nursing-Opferschutzberatung“ der Universität Innsbruck. Am ersten und bisher einzigen Kurs dieser Art in Österreich nahmen insgesamt 18 Personen teil – darunter ein Mann.

„Forensic Nurses“ erfassen in Absprache mit Medizinerinnen und Medizinern forensische Beweise, reflektieren kritisch zwischen unfallbedingten, selbstzugefügten oder von anderen beigebrachten Traumata als Prävention vor allem bei häuslicher Gewalt und sichern beziehungsweise dokumentieren Beweismittel auf für Gerichte verwertbare Weise.

„Die Absolventen waren zuvor schon in diesem Bereich tätig und konnten sich so noch weiter spezialisieren, erklärt Michael Stemberger, Lehrgangsleiter am Ausbildungszentrum West der azw Innsbruck. „Die Experten und Expertinnen aus der Rechtskunde, aus der medizinischen Wissenschaft, aus dem Opferschutz und aus der Pflegewissenschaft konnten uns nicht nur theoretisches, sondern auch praktisches Wissen vertiefend übermitteln“, erklärt Monika Kern, Leiterin des Gewaltopfer-Betreuungsteams am KUK, die den Kurs selbst absolviert hat.

Die neu gewonnene Expertise bringen sie und ihre Kolleginnen nun in Linz in ihre Arbeit ein und sensibilisieren auch ihr Umfeld für die Thematik Opferschutz. „Eva Kathrine Wiredu ist Pflegerin (DGKP) und steht an vorderster Front in der 24/7 Betreuung in der Trauma/Unfallambulanz, wo sehr viele Opfer mit körperlicher Gewalterfahrung zu uns kommen. Andrea Hofer ist Hebamme und betreut Frauen in der Gynäkologischen Ambulanz, welchen sexuelle Gewalt widerfahren ist“, so Kern.

Die Spezialistinnen sind darauf sensibilisiert, Symptome und Risikokonstellationen zu erkennen und Opfer von Gewaltdelikten umfassend zu betreuen und zu beraten, doch auch die Dokumentation von Beweismitteln gehört zu ihren Aufgaben.

Maßnahmen zur ganzheitlichen Versorgung und auch Rechtsgrundlagen gehören zum Ausbildungsinhalt. Darüber hinaus verfügen die Krankenschwestern über umfassende Kenntnisse im Opferschutz, der Gefährlichkeitseinschätzung sowie den Grundlagen der forensischen Toxikologie. Sie stellen somit ein wichtiges Bindeglied zwischen der Gesundheitsversorgung und der Rechtsdurchsetzung dar.

Hinschauen statt wegschauen

„Ich finde ,Forensic Nursing’ und allgemein der Opferschutz gehören in die Aus- und Weiterbildung aller Gesundheitsberufe, denn alle sollen ,hinschauen statt wegschauen’“, betont Kern. Denn die Betroffenen seien in einer prekären Situation, schämen sich und ziehen sich zurück. Wenn niemand helfe, kommen sie nicht aus ihrer schwierigen Lage.

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In den USA bereits etabliert

Die Sicherung und Dokumentation von Spuren durch Pflegende, um so Opfern zu helfen und die Polizei bei der Aufklärung von Gewaltverbrechen zu unterstützen, wird „Forensic Nursing“ genannt. In den USA und Kanada ist diese Disziplin seit den 1990er-Jahren fest im Gesundheitssystem verankert und wird bei vermuteter oder bestätigter sexueller und häuslicher Gewalt, Kindesmissbrauch, Misshandlung von Betagten und Schutzbedürftigen eingesetzt.

Von Wolfgang Schobesberger

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