Frauen in der Stadt von morgen

Vbgm. Hajart lud zur Diskussion über gendergerechte Stadtplanung

V. l.: Mobilitätsexpertin Claudia Falkinger, Frauenreferentin LH-Stv. Christine Haberlander und Vbgm. und Moderator Martin Hajart
V. l.: Mobilitätsexpertin Claudia Falkinger, Frauenreferentin LH-Stv. Christine Haberlander und Vbgm. und Moderator Martin Hajart © Lea-Sophie Kraus

Frauen in Linz legen 30 Prozent ihrer Wege zu Fuß zurück, Männer 22. Der Drahtesel wird von Frauen für acht Prozent ihrer Wege bestiegen, Männer nutzen ihn für 14 Prozent. Mit den Öffis überwinden Frauen 23 Prozent ihrer Distanzen, Männer 18. Freilich werden die Damen von den Herren mit dem Auto in Sachen Nutzung überholt: Hier stehen männliche 46 Prozent weiblichen 39 Prozent gegenüber.

Allein das Beispiel Verkehr — Ergebnisse einer Verkehrserhebung des Landes OÖ — zeigt, dass es geschlechterbedingt unterschiedliche Bedürfnisse gibt, die etwa in eine Stadtplanung einfließen sollten. Diese wurden am Donnerstag im Rahmen einer Veranstaltung auf Initiative des Linzer Vbgm. Martin Hajart (ÖVP) und in Kooperation mit der Academia superior unter dem provokanten Titel „Sex and the City. So viel Frau steckt in unserer Stadt“ im OK Mediendeck diskutiert

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Aus der interessanten Gesprächsrunde, an der u. a. Frauenreferentin LH-Stv. Christine Haberlander (ÖVP) teilnahm, konnten sich nicht nur die anwesenden Linzer Stadtplaner sehr konstruktive Ideen und Tipps mitnehmen. In Linz gebe es definitiv noch Nachholbedarf in Sachen gendergerechte Planung, bestätigte die Architektin Petra Stiermayr, die derzeit ein neues Innenstadtkonzept der Landeshauptstadt erarbeitet.

Bewegungsmuster

Die Unterschiede in den Bedürfnissen unter den Geschlechtern würden sich nicht aus biologischen, sondern vielmehr aus sozialen Gründen ergeben, erklärten die Expertinnen am Podium, die Raumplanerin Eva Kail aus Wien, eine der Pionierinnen in Sachen gendergerechte Stadtplanung, und Claudia Falkinger, Co-Founderin und Geschäftsführerin des Mobilitäts-Startups „Punkt vor Strich“: Zum Beispiel, weil Frauen immer noch „den größten Teil der Care-Arbeit, also Familien- und Sorge-Arbeit, übernehmen“.

Daraus würden sich eben unterschiedliche Bewegungsmuster ergeben. Das Thema Sicherheit — etwa, wenn es darum gehe, sich in der Nacht durch eine Stadt zu bewegen — sei eines, das nicht nur unterschiedliche Bedürfnisse zeige, sondern von Frauen und Männern auch subjektiv unterschiedlich wahrgenommen werde.

Auch bei Spielplätzen, der Gestaltung von Plätzen oder Parks könne man noch einiges tun: Mädchen würden laut Kail mit zunehmendem Alter von Spielplätzen verschwinden, weil Infrastruktur wie Ballkäfige mehr männlichen Bedürfnissen nachkommen würden. Mit einer Öffnung, Sitzgelegenheiten, vielfältigeren Angeboten fänden auch Mädchen wieder Platz. Es sei eben zu sehen, so Kail, dass die „historische Stadtplanung von weißen, autofahrenden Männern der Mittelschicht“ stammt.

„Viele blinde Flecken“

Haberlander ortet „viele blinde Flecken“, wo Ungleichbehandlung nicht bewusst sei. Einig waren sich die Diskutantinnen deshalb darüber, dass eine der wesentlichen Grundlagen für Verbesserungen die Schaffung von Bewusstsein für die Situation verschiedenster betroffener Gruppen sei. Das könne man durch gezieltes Einnehmen unterschiedlichster Perspektiven erreichen und müsse schon in den Bereichen Innovation und Forschung beginnen. „Je genauer man über eine Zielgruppe Bescheid weiß, desto besser kann man Mittel einsetzen“, so Kail.

Um die Perspektive von Frauen verstärkt professionell einzubringen, wirbt Haberlander mit rund 150 Programmen des Landes höchst engagiert dafür, dass Mädchen Ausbildungen im MINT-Bereich absolvieren. Zum Einbeziehen von Frauen gehöre es auch, etwa Straßen nach Frauen zu benennen, so Haberlander: „Sichtbarmachen führt zu mehr Mut, sich etwas zu trauen.“

Von Melanie Wagenhofer

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