Hitler-Geburtshaus wird Ort für Menschenrechtsschulungen der Polizei

Im Hitler-Geburtshaus in Braunau sollen künftig Menschenrechtsschulungen für die Polizei abgehalten werden. Das Haus, dessen Nutzung kontrovers diskutiert wird, soll ab Herbst 2023 umgestaltet und zur Polizeistation werden. Ein Abriss oder die Schaffung einer Mahnstätte kamen für die Mitglieder einer Expertenkommission zum Haus nicht in Frage, wie sie im Journalistengespräch betonten. In einer Umfrage hatte sich kürzlich eine Mehrheit gegen eine Polizeistation ausgesprochen.

Ausgehend von einer neuen Initiative, die einen weiteren Diskurs über die Nutzung des Hitler-Geburtshauses anstrebt, befragte das market-Institut im März 1.000 Österreicher. 53 Prozent befürworteten die Schaffung einer Einrichtung, die sich thematisch mit dem Themen Nationalsozialismus, Gedenken, Antifaschismus, Toleranz und Frieden auseinandersetzt, 23 Prozent wollten einen Abriss, nur sechs Prozent den Einzug der Exekutive.

In der Umfrage sei nicht nach menschenrechtlicher Nutzung gefragt worden, meinte Historiker und Kommissionsmitglied Oliver Rathkolb, dem die Fragestellung zu knapp formuliert war. Beheimate man eine Bildungseinrichtung zum Thema Nationalsozialismus im Haus, sei das ein „Spielen mit dem Mythos Hitler“, meinte er. Adolf Hitler würde dann im Zentrum stehen, man könne den Nationalsozialismus aber nicht auf ihn reduzieren, verweist er auf die gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Ein Abriss sei indes ein „No Go“. Das würde international als Verweigerung Österreichs, sich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen, aufgefasst werden. Ein Abriss sei laut Mathias Vogl, dem Chef der Sektion III (Recht) im Innenministerium wegen des Enteignungsgesetzes auch nicht möglich.

Es gehe darum, mit einer Neugestaltung den Wiedererkennungswert und die Attraktivität des Hauses als Tourismusort für Neonazis zu brechen, so Rathkolb. Gleichzeitig komme eine demokratiepolitisch zentrale Ausbildungsstätte für die zweite Republik in das Geburtshaus, sprach der Historiker von einer „doppelten Herangehensweise“. Vor allem oberösterreichische Polizisten sollen in Zukunft dort zum Thema Menschenrechte geschult werden, das Haus aber der Exekutive in ganz Österreich als Schulungszentrum offenstehen.

Die Expertenkommission zum Umgang mit dem Hitler-Geburtshaus hatte sich in einem 2016 fertiggestellten Bericht für eine sozial-karitative oder behördlich-administrative Nutzung ausgesprochen. Ihr gehörten u.a. auch der ehemalige Justizminister und Vizekanzler Clemens Jabloner und der ehemalige Chef der Sektion IV, Hermann Feiner, an, die ebenfalls am Gespräch teilnahmen. Man stehe vollinhaltlich zu und hinter diesem breiten wissenschaftlichen Konsens zur geplanten Weiternutzung des Gebäudes, hieß es aus dem Innenministerium.

Das Haus steht seit dem Auszug der Lebenshilfe im Jahr 2011 leer. Nachdem man sich mit der langjährigen Eigentümerin nicht einigen konnte, wurde sie enteignet. Seit 2016 gehört das Haus der Republik. Die Neugestaltung des Hauses hatte sich pandemiebedingt verzögert. Heute geht man von Gesamtkosten von 20 Millionen Euro aus. Dass zu Beginn von geringeren Werten – anfangs fünf Millionen Euro – gesprochen wurde, begründete Peter Skorsch, der im Innenministerium für die operative Umsetzung der Vorhaben verantwortlich ist, damit, dass zunächst kein konkretes Bauprojekt feststand und außerdem Nettokosten genannt wurden. Auch der Krieg in der Ukraine hätte zu einer Erhöhung der Baukosten geführt.

2025 soll der Umbau fertig sein, 2026 die Polizeistation und das Bezirkspolizeikommando einziehen. Der Mahnstein mit der Aufschrift „Für Frieden, Freiheit und Demokratie – Nie wieder Faschismus – Millionen Tote mahnen“ verbleibt nach einem Beschluss der Stadt Braunau und entgegen der Empfehlung der Expertengruppe allerdings unverändert vor dem Haus.

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