Im Sterngartl liegt die Zukunft in Erneuerbaren Energie-Gemeinschaften

In der Mühlviertler LEADER-Region wurden mit dem im Vorjahr gestarteten Projekt erst 0,7 Prozent des Potenzials erreicht

In der vergangenen LEADER-Förderperiode – 2014 bis 2023 – konnten in der Region Sterngartl-Gusental 70 Projekte mit dem Fokus auf Innovation, Kooperation, Nachhaltigkeit und Regionalität umgesetzt. Rund fünf Mio. Euro an Gesamtkosten wurden von Gemeinden, Vereinen und Betrieben in regionale Projekte investiert, knapp drei Mio. Euro an Förderung kamen von EU, Bund und Land OÖ dazu, so eine aktuelle Bilanz.

Regionale Leuchtturmprojekte sind die Mountainbike-Region Sterngartl Gusental, Kooperationen mit Südböhmen und das Projekt über die Erneuerbaren Energien.

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Die Region Sterngartl-Gusental reicht vom Norden der Landeshauptstadt Linz bis zur Grenze nach Tschechien. Auf einer Fläche von rund 453 km² erstrecken sich 17 Gemeinden mit 53.800 Einwohnern. Fast 40 Prozent der Region besteht aus Waldgebiet, was für eine hervorragende Lebensqualität sorgt und die Region auch als touristische Destination mit jährlich rund 240.000 Nächtigungen attraktiv macht.

Vorzeigeprojekt „EEG“ im Sterngartl-Gusental

Ein Vorzeigeprojekt ist das 2023 gestartete Projekt „Erneuerbare Energien Sterngartl-Gusental“. Gemeindeübergreifend wird seit dem Vorjahr die Entstehung sogenannter „Erneuerbare Energie-Gemeinschaften“ (EEG) unterstützt und Know-how in die Region gebracht.

„Mit diesen Überlegungen, EEG-Gründungen zu unterstützen, lagen wir goldrichtig. Sowohl zeitlich als auch inhaltlich“, betont LEADER-Obmann Martin Tanzer. Die Projektleiter Herman Reingruber und Andreas Drack sind sich einig: „Die LEADER-Region begleitet mit umfassenden Maßnahmen und Tools, wie etwa dem digitalen Werkzeugkoffer, den Gründungsprozess und steht auch im Nachgang beratend zur Seite, zum Beispiel in Form von ARGE-Treffen.“

Das ist wichtig für die Weitergabe relevanter Informationen wie Gesetzesnovellen, steuerliche Veränderungen und vielem mehr. Damit wird sichergestellt, dass gründungsinteressierte Personen, EEG-Gründer und auch Mitglieder von bestehenden EEG die jeweils für sie essenziellen Informationen kennen und zudem der Austausch gefördert wird.

Bgm. Martin Tanzer und Obmann-Stellvertreter Bgm. Thomas Wolfesberger ziehen am gleichen Strang: „Kooperieren statt konkurrieren, mit unseren Experten Klarheit in das komplexe Thema Erneuerbare Energie-Gemeinschaften und relevante News unter die Leute bringen. Genau deshalb sind regelmäßige Treffen so wichtig.“

Wer an der Teilnahme oder Gründung einer lokalen Energie-Gemeinschaft und somit gemeinsamen Stromproduktion interessiert ist, soll möglichst einfach über alle relevanten Schritte informiert und zudem mit anderen Interessierten vernetzt werden, so Geschäftsführerin Martina Birngruber.

550.000 kWh Strom wurden bereits ausgetauscht

Folgende Zwischenziele wurden beim LEADER-Projekt „EEG Sterngartl-Gusental“ bereits erreicht: Drei regionale und fünf lokale EEG sind in Betrieb, ebenso sechs Gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen (GEA), zudem gibt es 21 Interessenten für weitere EEG-Gründungen. Acht GEA sind in Gründungsvorbereitung.

In den schon gegründeten Erneuerbaren Energie-Gemeinschaften sind rund 400 Verbraucher und 150 Erzeuger aktiv. 550.000 kWh Strom wurden bereits in wenigen Monaten ausgetauscht.

Die 17 Gemeinden der Region benötigten zum Projektstart mindestens 5.300 MWh Strom in 485 Liegenschaften. Demgegenüber sind im Projektgebiet errichtete bzw. geplante Photovoltaik-Anlagen in Gemeindebesitz mit zusammen 1.700 MWh Jahresproduktion an 71 Standorten verfügbar.

Eine Analyse des Experten legt dar: Etwa ein Fünftel des öffentlichen Bedarfs der 17 Gemeinden, also rund 1000 MWh, könnten bereits jetzt direkt über EEGs ausgetauscht werden. Bei den 21.800 Haushalten der Region ist ein Strombedarf von etwa 118.000 MWh zu erwarten, 30.000 MWh könnten aus regionalem Sonnenstrom direkt genutzt werden. Entsprechend dem Mühlviertler Ressourcenplan wurde ein aktueller Gesamtbedarf von 285.000 MWh an elektrischer Energie abgeschätzt.

Erst 0,7 Prozent des Potenzials erreicht

Wenn das regionale Austauschpotenzial alleine für Sonnenstrom im Bereich von 80.000 MWh liegt, wurden mit den bestehenden Initiativen erst 0,7 Prozent des Potenzials erreicht. „Da ist noch viel zu tun, gleichzeitig zeigen diese Kennzahlen ganz klar auf, wohin die Reise auch künftig gehen soll und wird“, ist Drack überzeugt.

Zusätzlicher Windstrom (besonders nachts und im Winter) kann das regionale Versorgungspotenzial auf die Hälfte des Bedarfes heben, dieser Mix ist in einer EEG bereits Realität. Bei etwa 10 Cent langfristigen Stromkosten in EEGs kann so eine jährliche Wertschöpfung von über 18 Mio. Euro in der Region bleiben.

Wege zu einem klimaneutralen 2040

Durch E-Mobilität und Wärmepumpen wird sich der gesamte Energieverbrauch bis 2040 um mehr als ein Drittel verringern (von aktuell 1.435 GWh auf 900 GWh). Fossile Energieträger werden im Wesentlichen durch Strom aus Erneuerbaren Energieträgern und zu einem kleinen Anteil aus E-Fuels ersetzt. Der Stromverbrauch wird sich von aktuell 285 GWh auf etwa 560 GWh im Jahr 2040 verdoppeln.

Derzeit werden durch PV, Wind, Biogas und Kleinwasserkraft ca. 100 GWh an erneuerbarem Strom in der Region erzeugt. Der Zuwachs bei der Stromerzeugung kann vorwiegend durch den Ausbau von Photovoltaik erfolgen. 2040 kann durch einen weiteren Ausbau insbesondere von PV der Stromverbrauch in der Höhe von 560 GWh abgedeckt werden.

Es wird weiterhin von einem hohen Anteil an Dachflächenanlagen (38 Prozent der zusätzlichen PV-Produktion) bzw. im Gebäudeumfeld (10 Prozent der Produktion, z.B. Zäune, Fassaden) ausgegangen.

Rund ein Drittel PV-Freiflächenanlagen nötig

Freiflächenanlagen würden demnach rund ein Drittel beitragen. Je nach Anlagengröße müssten im Mittel in jeder Gemeinde zwei bis drei PV-Freiflächenanlagen gebaut werden, so Drack. Das ist ein geringer Anteil der vorhandenen Bodenflächen.

Zusatznutzung wie Agri-Photovoltaik, mit der weiter eine landwirtschaftliche Produktion möglich ist, oder Förderung der Biodiversität sind gute Wege, um das Risiko der hohen Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu minimieren und zudem enorme zusätzliche Wertschöpfung in der Region entstehen zu lassen. Das umfasst alle Bereiche vom Bau neuer Anlagen, der Energiegewinnung und Betriebsführung bis hin zur regionalen Nutzung und Vermarktung.

Für kleine Anlagen ist reines Einspeisen des Stroms nicht mehr kostendeckend, EEG können aber ein Boost zum Erhalt der Wirtschaftlichkeit von PV-Anlagen und zum Anreiz für den weiteren erforderlichen Zubau werden.

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