Ist das Glück ein Vogerl, Herr Rauchensteiner?

Der Linzer Glücksforscher Manfred Rauchensteiner erklärt, warum man sich innere freudvolle Stimmung nicht kaufen kann

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VOLKSBLATT: Herr Rauchensteiner, versteht jeder unter Glück etwas anderes?

RAUCHENSTEINER: Wenn man mehrere Personen fragt, kann es sehr leicht sein, dass es so erscheint. Viele beschreiben dabei Umstände oder Situationen, die in ihnen dieses Gefühl bereits einmal ausgelöst haben – das sind jedoch meist nur „Glückskicks“, die ausgelöst wurden. Glück ist generell ein Überbegriff für ein sehr angenehmes Körpergefühl – das ist bei jedem Menschen gleich!

Wann würden Sie sagen, dass jemand glücklich ist?

Glücklichsein findet tatsächlich immer dann statt, wenn es dir gerade „gut geht“ – erkennen tut man es, wenn man die Aufmerksamkeit auf die Vorderseite des Oberkörpers lenkt. Fühlt es sich leicht und weit an in der Brustgegend, dann geht es dir gerade gut. Ist das Gefühl eher eng, unruhig oder druckvoll, geht es dir schlecht.

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Was kann jeder selbst dazu beitragen?

Eine ganze Menge! Glücklichsein ist eine Entscheidung – es hängt ganz stark davon ab, wie du auf das Leben (Umstände, Personen …) reagierst und welche Aufmerksamkeit und Beurteilungen du wählst.

Ist Glück eine Frage des Alters?

Da gibt es keine festen Regeln. Tatsache ist, dass Kinder von Haus aus während eines Tages viel öfter glücklich, unbeschwert, ausgelassen und lachend anzutreffen sind, ohne großartigen Anlass – bis es ihnen immer mehr „abgewöhnt“ wird. Oft wirst du als Kind ermahnt, nicht so rumzutollen, so ausgelassen und übermütig zu sein – man wird eher erzogen, ruhig, still, brav, ordentlich und fleißig zu sein. Im Alter müssen sich viele Erwachsene bemühen, wieder ausgelassen und freudig zu sein.

Welche Rolle spielen Geld/Einkommen?

Geld spielt nur bis zu einem gewissen Maß an „Überlebenssicherung“ eine wesentliche Rolle – sprich: Dass du nicht verhungerst und nicht erfrierst. Eine innere friedliche, freudvolle Stimmung kannst du dir nicht kaufen. Das Anhäufen von Dingen hat meist nur eine sehr kurze Wirkung.

Sind Menschen in einer Partnerschaft und mit Kindern eher glücklich als Singles?

Da Glücklichsein immer nur eine momentane Empfindung im Körper ist, kann man das nicht festmachen. Absolut alles in deinem Leben hat die Möglichkeit, dich glücklich oder unglücklich zu machen. Je nach deinen momentanen Bedürfnissen und Vorstellungen. Oft bist du froh, eine Beziehung zu haben, dann wieder nicht. Oft bist du froh, Single zu sein, dann wieder nicht. Oft bedeuten Kinder das größte Glück, dann wieder die größten Sorgen.

Welchen Einfluss hat ein sozial intaktes Umfeld?

Das hat einen enorm großen Einfluss auf die Befindlichkeit! Die Menschen, mit denen du dich umgibst, viel Zeit verbringst, haben oft einen erheblichen Zugriff auf deine Befindlichkeit. Menschen, auf die du dich verlassen kannst, die dir Halt geben, dich fördern und unterstützen, sich liebevoll mit dir verhalten, sind immer förderlich. Sogenannte negative Menschen gilt es zu meiden, da die Gefahr, dass sie dich runterziehen, sehr groß ist.

Sind die Österreicher im Vergleich zu anderen Ländern eher glückliche Menschen?

Grundsätzlich ist die Regel, dass Menschen, je erfüllter ihre Lebensumstände in Wirklichkeit sind, desto psychisch unglücklicher sind. Oft vergessen wir, wie unglaublich gut es uns hier im Vergleich zu 90 Prozent der Menschheit geht. Die Dankbarkeit für alles, was wir haben, in welchem tatsächlichen Luxus und Überfluss wir leben, gehört zu den besten Glücksgefühlen, die du dir erzeugen kannst.

Sie wollen Menschen aus ihrer Alltagslethargie aufwecken. Was meinen Sie damit?

Ich habe meine Erfüllung darin gefunden, Menschen an ihre unglaubliche Mächtigkeit und ihre Fähigkeiten zu erinnern! Die Möglichkeiten, die eigene Befindlichkeit in meine Eigenverantwortung zu legen. Aus all den erlernten Glaubensmustern und Vorstellungen auszusteigen. Das Wesen Mensch ist eine wunderbare Erfahrung. Ein Verständnis über unsere Spezies, mit all unseren Wahrnehmungskanälen, ist daher sehr hilfreich. Wir sind nicht unser Verstand, unser Körper, unsere Gedanken … wir sind viel mehr! Wir sind das reine Bewusstsein, indem dieses Leben stattfindet und können es nach unseren Vorstellungen gestalten. Die Außenwelt hat mit den inneren Befindlichkeiten kaum etwas zu tun.

Was macht für Sie einen glücklichen Menschen aus?

Ein glücklicher Mensch ist ein ewig Suchender und Beobachtender. Jemand, der es schafft, für seine Befindlichkeit immer mehr Verantwortung zu übernehmen. Ich möchte immer mehr entscheiden, wie es mir geht – möglichst unabhängig davon, was in meinem Leben passiert, oder wie andere Menschen sich gerade verhalten. Denn das Leben ist immer gerade so, wie es ist. Egal, ob mir das passt, oder nicht. Ein glücklicher Mensch ist sich dessen bewusst und reagiert auch meist bewusst! Ein glücklicher Mensch weiß, dass er immer eine (große) Wahl an Möglichkeiten hat, auf das Leben zu reagieren und wählt bewusst. Auf Situationen mit Ärger, Trauer, Angst, Ohnmacht, Wut zu reagieren, ist nur eine Möglichkeit! Gelassenheit, friedlich und freudvoll eine andere. Mein Motto dazu: „Und wenn dir etwas gerade keine Freude bereitet, bleibe wenigstens friedlich!“

In Bhutan gibt es einen Glücksminister. Sollte dieses Ministerium auch in Österreich eingeführt werden?

Ich hatte bereits das Vergnügen, Dr. Ha Vinh Tho persönlich bei einem Kongress kennenzulernen. Und ja, es ist ein sehr netter Gedanke und die machen das echt prima. Sie erkundigen sich immer beim Volk, was die Menschen gerade am meisten brauchen, um glücklich leben zu können. Grundsätzlich wäre das die ursprüngliche Aufgabe aller Politiker hierzulande. Sie haben es nur fast alle vergessen!

Die Fragen an Manfred Rauchensteiner stellte Heinz Wernitznig

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