„KI wird Menschen nicht ersetzen“

Künstliche Intelligenz kann vieles, überflüssig wird der Mensch aber nicht

Schüler und Studenten nutzen zunehmend KI wie ChatGPT bei der Erstellung von Haus- oder Seminararbeiten.

VOLKSBLATT: Welchen Mehrwert bieten Künstliche Intelligenzen?

BODENHOFER: Das Fachgebiet der Künstlichen Intelligenz (KI) umfasst verschiedenste Methoden und Algorithmen. Der Mehrwert besteht darin, dass sie uns schwierige Aufgaben erleichtert, wie beispielsweise das Digitalisieren von Belegen. Sie hilft uns dabei, kognitive Aufgaben besser und schneller zu erledigen.

Ein Beispiel: Die Stanford University entwickelte ein System, das Hautkrebs und andere dermatologische Krankheiten feststellen kann. Dieses System arbeitet genauer als ein Mensch, da es auf 129.400 klinische Bilder von Hautkrankheiten zugreifen kann — deutlich mehr, als ein Arzt je zu Gesicht bekommen würde.

Wie sehr denken Sie, wird KI die Arbeitswelt verändern? Werden manche Berufe überflüssig?

Die KI ist ein Booster für die Digitalisierung und an den aktuellen Transformationsprozessen beteiligt. Zum Beispiel im Kundendienst und Vertrieb werden Aufgaben künftig immer mehr durch KI-Systeme erledigt. Ich sehe zwar keine Berufe, die dadurch ganz verschwinden werden, aber die Tätigkeiten mancher Berufsgruppen werden sich verändern.

Wenn es um KI geht, kommt oft die Frage auf, ob sie den Menschen ersetzen kann. Wie sehen Sie das?

Die KI wird sicher die Berufswelt verändern. Transformationen hat es immer gegeben, z. B. mit der Industrialisierung oder der Digitalisierung. Veränderung ist die Konstante der Menschheit.

Eine KI, die so intelligent wie ein Mensch ist und selbstständig neue Aufgabenstellungen lösen kann, gibt es derzeit noch nicht, sie wird den Menschen daher in absehbarer Zeit auch nicht ersetzen.

Könnte KI künftig auch in Österreich eine Rolle in der Politik oder bei rechtlichen Themen spielen?

Ich rechne nicht damit, dass KI-Systeme in Österreich Urteile sprechen werden. Die Systeme sind noch nicht gut genug, um so etwas Komplexes zu machen. Außerdem wird der Mensch die Macht über sich – hoffentlich – nicht abgeben wollen. Ich glaube aber schon, dass KI-Systeme hilfreich sein werden, treffgenauer in Rechtsdatenbanken suchen zu können. Es ist genauso wie in der Medizin: KI als Unterstützung, nicht als Ersatz des Menschen. In der Politik wird aktuell sehr lebhaft über Regeln für den Einsatz von KI-Systemen diskutiert.

Wie ChatGPT die Bildung nachhaltig verändert

VOLKSBLATT: Worauf sollte man bei der Nutzung von ChatGPT achten?

BODENHOFER: ChatGPT wirkt, als ob man mit einem Menschen sprechen würde. Das System ist jedoch nicht fehlerfrei. ChatGPT produziert auch falsche Antworten und es ist nicht transparent, woher die Informationen ursprünglich kommen. Man kann die Quellen nicht überprüfen, was in Bezug auf Falschmeldungen ein Problem ist.

Der Mensch soll also einer KI auch nicht blind vertrauen, so wie er auch anderen Personen nicht blind vertraut.

Manche Professoren befürchteten, dass durch ChatGPT Seminararbeiten überflüssig würden, weil Studierende sie nicht mehr selbst schreiben müssten. Zu Recht?

ChatGPT wird die Art und Weise, wie wir Text produzieren, verändern. Es wird einfacher, Hausübungen von einer KI wie ChatGPT erstellen zu lassen. Ich rechne daher damit, dass sich die Bedeutung von Hausübungen wandeln wird.

Sie werden der Übung dienen und weniger der Leistungsüberprüfung. Parallel dazu wird das Erlernen von Fähigkeiten, die man mit KI-Systemen nicht erledigen kann, wichtiger werden. Man sollte Auszubildenden daher beibringen, wie sie Aufgaben mit Systemen erledigen können, anstatt ihnen ihre Benützung zu verbieten.

Was Abschlussarbeiten angeht, ist ChatGPT derzeit nicht in der Lage, diese in vollem Umfang zu erstellen. Ich rechne aber damit, dass diese Systeme noch viel besser werden. Wenn es so weit ist, muss es im akademischen Bereich eine Software geben, die erkennt, ob Texte automatisch erstellt worden sind, analog zur derzeitigen Plagiatsprüfung. OpenAI, die Firma, die ChatGPT entwickelt hat, arbeitet schon daran.

Mit dem Professor für Künstliche Intelligenz der FH Hagenberg ULRICH BODENHOFER sprach Katharina Waldmann

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