Nach tödlicher Beißattacke: Hundehaltegesetz wird evaluiert

4000 Bissvorfälle im Jahr — Experten fordern strengere Regeln

Nach der tödlichen Beißattacke eines American Staffordshire Terriers auf eine 60-jährige Joggerin in Naarn (Bezirk Perg) herrscht nicht nur große Betroffenheit, sondern auch Kritik. Und zwar am Oö. Hundehaltegesetz, das keine Listenhunde (wie etwa in Wien) definiert. Tierschutz-Landesrat Michael Lindner (SPÖ) hat daher am Dienstag eine Evaluierung in Auftrag gegeben.

Mit Fachleuten sollen Gesetz und Vollzug kritisch durchleuchtet werden. Wie auch Vertreter aller anderen Parteien zeigte sich LH Thomas Stelzer (ÖVP) tief betroffen vom Vorfall. Er gab zu bedenken, dass Vorschläge für ein strengeres Hundehaltegesetz in den letzten Jahren stets sehr emotionale Debatten ausgelöst haben, die zusätzlich noch von uneinheitlichen Expertenmeinungen begleitet waren.

Für ihn sei aber klar: „Der Schutz des menschlichen Lebens muss immer an oberster Stelle stehen und nicht nur dann, wenn sich wieder so ein schrecklicher Vorfall ereignet hat. Die Menschen brauchen mehr Schutz vor Hundeattacken, das muss über allem stehen.“

Experten fordern immer wieder strengere Regeln bei der Haltung von so genannten Kampfhunden. Das Kuratorium für Verkehrssicherheit spricht von österreichweit bis zu 4000 Bissopfern jährlich und drängt auf strengere Regeln in allen Bundesländern.

„Der Hundehalter ist die Schwachstelle“

Gerald Koller, Bundesausbildner für Polizeidiensthunde, hat bereits 2019 vorgeschlagen, den Zugang zu so genannten Listenhunden zu erschweren. Damals waren ebenfalls die Wogen hochgegangen, nachdem ein Pitbull in Feldkirchen einen 12-Jährigen schwer verletzt hatte. Koller erneuerte gegenüber dem VOLKSBLATT seine Forderung.

„Es gibt Rassen mit niedriger Reizschwelle und erhöhtem Agressionspotenzial“, so der Experte. Daher gelte es eine Liste der gefährlichen Rassen einzuführen. Wichtig sei dann, bereits im Vorfeld Schulungen für die künftigen Halter durchzuführen und Aufklärungsarbeit zu leisten. Der spätere Besitzer müsse sich mit dem Wesen des Tieres, das er sich anschaffen will, auseinandersetzen.

Denn: „Die Schwachstelle ist der Hundebesitzer.“ Dass die verpflichtenden Sachkundenachweise oft erst verspätet eingereicht werden, sieht der Hundetrainer kritisch. Eigentlich sollte in den Kursen auch die Frage geklärt werden, welches Tier zu einem passt. „Oft haben sich die Kursteilnehmer aber schon einen Hund angeschafft“, sagt er. Sind die Halter mit den Nachweisen säumig, gehöre dies stärker sanktioniert, so der Experte.

Fahrlässige Tötung

Bei sieben von zehn Vorfällen hat laut Statistik ein bekannter Hund — von Eltern, Großeltern, Freunden, etc. — zugebissen. Im aktuellen Fall war es eine Frau aus der Nachbarschaft. Gegen die Besitzerin (37) wird wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Der vierjährige Elmo, der die Joggerin angegriffen hatte, hatte sich beim Spazierengehen losgerissen.

Er wurde wie berichtet bereits eingeschläfert. Für die vier weiteren „Staffis“, die einer Zucht angehören sollen, hat die Gemeinde eine Maulkorbpflicht verhängt, auch im Garten. Die verletzte Besitzerin liegt weiter im Spital.

Die mobile Version verlassen