Oberösterreichische Spitäler oft erste Anlaufstelle für Gewaltopfer

Nicht alle Patienten trauen sich zuzugeben, Opfer zu sein — Pilotprojekt in Vöcklabruck zur Sensibilisierung von Krankenhausmitarbeitern

V. l.: Diplomsozialarbeiterin Claudia Hoyer-Treml, Gesundheitsreferentin LH-Stv. Christine Haberlander und OÖG-Geschäftsführer Franz Harnoncourt
V. l.: Diplomsozialarbeiterin Claudia Hoyer-Treml, Gesundheitsreferentin LH-Stv. Christine Haberlander und OÖG-Geschäftsführer Franz Harnoncourt © Land OÖ/Kauder

„Die Gewalt gegen Frauen ist eine der hässlichsten Seiten unserer Gesellschaft“, betonte Gesundheitsreferentin LH-Stv. Christine Haberlander bei einem Pressegespräch am Montag in Linz. So musste die Polizei im ersten Halbjahr 2023 bereits 1374 Betretungs- und Annäherungsverbote aussprechen. Oft sind aber die Spitäler die ersten Anlaufstellen für Gewalt- opfer.

Anlässlich der UN-Kampagne „Orange the World“, die vom 25. November bis 10. Dezember 16 Tage lang auf die Thematik „Gewalt gegen Frauen“ aufmerksam macht, soll auf niederschwellige Anlaufstellen für Gewaltopfer hingewiesen werden.

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„Es ist wichtig, dass Betroffene in den oberösterreichischen Spitälern kompetent und gut betreut werden und die Täterverfolgung durch die professionelle Sicherstellung von Spuren gewährleistet ist“, so Haberlander.

Allein in den Krankenhäusern der OÖ Gesundheits- holding (OÖG) wurden heuer bereits 460 erwachsene Opfer von Gewalt betreut, 80 Prozent davon sind Frauen. Im Vorjahr waren es rund 500 Betroffene. „Zuwächse gebe es bei Kindern, älteren Menschen in Pflegeeinrichtungen, aber auch bei Personen aus der LGBTQ-Gemeinschaft“, schildert Claudia Hoyer-Tremel, Leiterin des Netzwerks Gewalt-, Kinder- und Opferschutz in der OÖ Gesundheitsholding.

Pilotprojekt am Klinikum in Vöcklabruck

Aus Scham oder Angst vor ihren Peinigern räumen aber nicht alle Patienten ein, Gewalt erfahren zu haben. „Je offensiver das Thema angesprochen wird, desto eher trauen sich die Menschen dann, zumindest zu nicken“, weiß Hoyer-Tremel. Daher läuft derzeit am Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck ein Pilotprojekt. Menschen, die mit Verletzungen in eine Spitalsambulanz kommen, sollen dort standardmäßig auch gefragt werden: „,Gibt es jemanden, der nicht wissen darf, dass Sie hier sind?‘, ,Gibt es jemanden, vor dem Sie Angst haben?‘, und ,Gibt es jemanden, der Ihnen Gewalt antut?’“, erläutert Hoyer-Tremel.

Online-Training für Mitarbeiter

„Neben dem großen Engagement und der Empathie unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen auch entsprechende Schulungen für eine bestmögliche, ganzheitliche Versorgung und Betreuung von Gewaltopfern“, sagt Franz Harnoncourt, Vorsitzender der OÖG-Geschäftsführung. In einem eigenen Online-Training lernen sie den bestmöglichen Umgang mit gewaltbetroffenen Patienten nach der Prämisse: Erkennen, Ansprechen, Versorgen, Spuren sichern.

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