Ökumenische Sommerakademie setzt sich mit dem Frieden auseinander

Tagung im Stift Kremsmünster läuft noch bis Freitag

ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz © Diözese Linz / Kienberger

Ob und wie in kriegerischen Konflikten Frieden gestiftet werden kann, ist Thema der diesjährigen Ökumenischen Sommerakademie im Kaisersaal des Stifts Kremsmünster, die am Mittwochnachmittag eröffnet wurde und bis Freitag läuft. Die aktuellen Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten haben diese Fragen auch in Europa besonders aktuell werden lassen.

Am ersten Tag referierten nach Eröffnungsworten von Landeshauptmann Thomas Stelzer, Bischof Manfred Scheuer, Superintendentialkuratorin Renate Bauinger und dem Rektor der Katholischen Privat-Universität (KU) Linz, Christoph Niemand, ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz und Historiker Hannes Leidinger vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien.

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Der Journalist und Autor Wehrschütz, der schon von vielen Kriegsschauplätzen der Welt, zuletzt aus der Ukraine berichtete, spannte in seinem Vortrag „Krieg und Frieden zwischen Heraklit, Kant und Tolstoi“ einen weiten Bogen.

„Wir leben in einer Zeit, wo alles im Augenblick passieren soll, wo jede Antwort und jede Entscheidung – egal, wie groß ihre Tragweite ist – immer sofort sein muss, speziell in der digitalen Welt. In einem Höllentempo treiben wir uns gegenseitig voran. In der Sommerakademie wird gezeigt und vorgelebt, dass es für gute und nachhaltige Lösungen eben auch das Nachdenken braucht, das Sich-Auseinandersetzen, das Eingehen-Aufeinander“, so Landeshauptmann Thomas Stelzer.

Ursehnsucht in Frieden und Freiheit zu leben

„Gerade jetzt, wo der Krieg an die Haustüren Europas gerückt ist, ist das Thema präsent und wichtig. Daher ist die Ursehnsucht des Menschen, in Frieden und Freiheit leben zu können, eine großartige, aber wohl eine niemals ganz erfüllbare. Frieden zu stiften sei Stelzer zufolge immer eine Kollektivleistung – und doch brauche es dazu immer den Beitrag jedes Einzelnen“, so Stelzer.

Bischof Manfred Scheuer nahm auf Immanuel Kant, der bereits 1795 eine konkrete Vision einer Welt- und Friedensordnung geschaffen hat – „Zum ewigen Frieden“. Dabei stellte Kant klar, dass der Frieden kein natürlicher Zustand für den Menschen sei und deshalb gestiftet werden müsse. Kants „Zum ewigen Frieden“ habe wesentlich die Charta der Vereinten Nationen beeinflusst. Die Grundsätze, basierend auf seinen Grundannahmen zur Menschennatur, seien nach wie vor aktuell, erklärte Scheuer.

„Wen haben wir im Blick, wenn wir Krieg und Frieden betrachten? Welche Interessen, welches Leid kommt da zur Sprache?“, stellte Scheuer als Fragen in den Raum und schilderte Eindrücke seiner Reise nach Syrien im September 2023 mit der Initiative Christlicher Orient.

„Größte Herausforderung ist die Haltung oder Absage: There is no future. Gerade die Kinder sind ,displaced‘, psychologisch und auch spirituell. Die Kinder sind mit Angst aufgewachsen im Bombenlärm, in der Krise, im Krieg und auf der Flucht. Sie sind alleine gelassen, im Stich gelassen. Wer sagt den Kindern, die Angst haben: Es wird wieder gut?“ Scheuer zufolge hätten wir den Kindertraum vom Frieden in uns: „Das Wunder, dass doch wieder heil werde, was in die Brüche gegangen ist oder was kaputt gemacht wurde.“

Das Verzeihen habe eine schöpferische Macht analog zur schöpferischen Macht Gottes: „Die Vergebung zerbricht die Ursachenkette dadurch, dass der, der – aus Liebe – ‚vergibt‘, die Verantwortung auf sich nimmt für die Folgen dessen, was du tatest. Sie bedeutet daher immer Opfer.

Den Frieden nicht aus dem Blick verlieren

Superintendentialkuratorin Renate Bauinger unterstrich: „Wie über Frieden reden, in Zeiten von Krieg? Über den Frieden sprechen heißt, über etwas sprechen, das es nicht gibt. Solange der Mensch auf dieser Erde lebt, hat er sich der Gewalt und dem Krieg verschrieben. Kriege lösen ein Gefühl der Ohnmacht aus, doch am Ende sollten wir den Frieden nicht aus dem Blick verlieren“, appellierte Bauinger.

In einer Welt, die von Konflikten geprägt ist, sei es wichtiger denn je, sich für den Frieden einzusetzen. „Die Kirchen spielen dabei eine bedeutende Rolle, indem sie Werte wie Nächstenliebe, Vergebung und Versöhnung fördern. Durch ihre Botschaften und Aktivitäten tragen sie dazu bei, Brücken zwischen Menschen zu bauen und Konflikte zu überwinden“, so Bauinger.

Für dauerhaften Frieden hilft jeder einzelne Schritt zur Gerechtigkeit

Christoph Niemand, Rektor der Katholischen Privat-Universität Linz: „Das Werk der Gerechtigkeit ist der Friede.“ Wenn man Frieden stiften will, müsse man – in kleinen Schritten – mehr für Gerechtigkeit sorgen auf allen Ebenen, so Niemand. „Es gibt viele Wege zum Frieden, aber für dauerhaften Frieden hilft immer jeder einzelne Schritt zur Gerechtigkeit“, zeigte sich Niemand überzeugt.

Programmfolder unter www.dioezese-linz.at/oekumenische-sommerakademie-kremsmuenster

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