Tausend Fragen im Kampf gegen den Krebs: Sozialarbeiter helfen

Nicht nur die medizinische Therapie ist für die Patienten belastend, auch der Alltag wird völlig auf den Kopf gestellt

Lisa Reitbauer erkrankte 2016 im Maturajahr an Leukämie, heute ist sie eine selbstbewusste junge Frau.
Lisa Reitbauer erkrankte 2016 im Maturajahr an Leukämie, heute ist sie eine selbstbewusste junge Frau. © Land OÖ/Sternberger

Rund 10.000 Patienten erhalten jährlich in Oberösterreich die Diagnose Krebs. Etwa 8.000 davon erwartet aufgrund des bösartigen Tumors eine langwierige medizinische Therapie, rund 1.800 von ihnen sind im Erwerbsleben. Gleichzeitig mit der Diagnose stellt sich nicht nur ihr Leben, sondern auch das ihrer Angehörigen auf den Kopf. Im Laufe der Therapie stellen sich neben den medizinischen viele andere Fragen, wie etwa: Verliere ich meine Arbeit, wenn ich länger im Krankenstand bin? Wie kann ich meine Familie weiterhin ernähren? Wer kümmert sich um die Kinder? …

Genau darauf wissen die Klinischen Sozialarbeiter im Krankenhaus – in Oberösterreich gibt es 72 Dienstposten – Antworten. Ihre Aufgabe ist es, in der ersten Phase den Familien zur Seite zu stehen und individuelle Hilfestellung zu leisten. „Sie sind die erste Anlaufstelle für die Sorgen und Nöte der Erkrankten. Denn bekannt ist, dass Existenzängste und andere Belastungen sich negativ auf die Genesung auswirken“, hebt Gesundheitsreferentin LH-Stv. Christine Haberlander die Bedeutung dieser Mitarbeiter hervor.

Leukämie-Diagnose im Maturajahr

Lisa Reitbauer, die 2016 im Maturajahr an einer akuten Myeloischen Leukämie erkrankt war, findet das Angebot der Sozialarbeiter im Spital sehr gut. „Es gibt viele Dinge, die man nicht weiß. Etwa welche Vergünstigungen an den Behindertenpass geknüpft sind.“ Die Niederösterreicherin erhielt bei den Elisabethinen in Linz eine Stammzellentherapie, die Spende kam von ihrem Vater.

Nach einem Jahr stieg die heute 26-Jährige im zweiten Semester wieder ein und absolvierte die Matura. „Ich habe für meine neuen Klassenkameraden gleich eine Power-Point-Präsentation gemacht, damit die wichtigsten Fragen rund um meine Krankheit geklärt waren“, schildert die junge Frau im Gespräch mit dem VOLKSBLATT. Auch mit den früheren Klassenkollegen war sie im Kontakt, einige Kontakte gingen aber verloren.

„Mein Glück war, dass ich nach der Matura bei den Eltern im Betrieb zu arbeiten anfangen konnte, denn ich war anfangs noch nicht fit genug“, sagt die selbstbewusste junge Frau: „Ich habe nicht lange mit der Krankheit gehadert und für mich war nach dem dreimonatigen Spitalsaufenthalt klar, dass ich den Krebs hinter mir lasse.“

Einkommensverlust beträgt im Schnitt ein Viertel

Für Österreich gibt es zu wenige Daten, aber Studien aus Deutschland belegen, dass 40 Prozent der Krebskranken während der Therapie und meist noch drei Jahre danach eine Verschlechterung der Lebenssituation haben. Der Einkommensverlust beträgt 25 bis 28 Prozent, die zusätzlichen Therapieausgaben belaufen sich auf 100 bis 500 Euro im Monat, erläutert Martina Hundertpfund, Sozialarbeiterin im Ordensklinikum Linz. Ein Drittel hätte nach der Erkrankung keinen Job mehr, viele müssten ihre Arbeitszeit reduzieren, weil sie noch oder nicht mehr so belastbar seien. Hundertpfund bringt auch ins Treffen, was es für Selbstständige oder etwa einen erkrankten Bauern heißt, „nicht mehr in den Stall oder auf das Feld gehen zu können“.

Monika Kern, Leiterin der Abteilung für Klinische Sozialarbeit am Linzer Kepler Uniklinikum (KUK), schildert, welche Herausforderungen Familien zu stemmen haben, wenn ein Kind an Krebs erkrankt ist. Pro Jahr erhalten in Oberösterreich etwa 120 Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren diese Diagnose. „Die ganz Kleinen unter drei Jahren benötigen ihre Bezugsperson am dringendsten, Vorschulkinder haben schon eine gewisse Wahrnehmung über die Schwere der Erkrankung und Jugendliche wollen mitentscheiden“, so Kern. Im damaligen AKH, heute KUK, wurde bereits 1986 mit der Sozialarbeit für Kinder begonnen, heute gibt es sechs Mitarbeiter. Im Ordensklinikum Linz wurde 2017 mit den Sozialarbeitern gestartet.

„Zwölf bis 30 Prozent der erwachsenen Krebspatienten nützen das Angebot“, weiß Univ.-Doz. Ansgar Weltermann, Leiter des Tumorzentrums OÖ. „Manchen reicht eine grundsätzliche Beratung, andere Fragen auch noch einige Jahre nach der Akuterkrankung wegen bestimmten Dingen nach“, so Hundertpfund.

Von Michaela Ecklbauer

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