Wahrnehmung, Betroffenheit und Ergriffenheit sind unterschiedlich ausgeprägt, wenn ein Nahestehender eines psychisch Erkrankten verstirbt. Das beobachtet man in den oö. Landespflege- und Betreuungszentren (LPBZ), wo Menschen mit psychosozialem Unterstützungsbedarf leben, immer wieder.
Wichtig ist, dass jeder Bewohner, der es braucht, in seiner Trauer in einem liebevollen Umfeld aufgefangen wird. In den LPBZ gibt es dabei unterschiedliche Methoden und Rituale.
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Wird jemand aus der Mitte der familiären Gemeinschaft in einem LPBZ gerissen, erhalten die Bewohner beim Tod eines ihnen nahestehenden Bewohners Unterstützung unterschiedlichster Art – von den betreuenden Mitarbeitern, aber auch von anderen Bewohnern.
„Abschiednehmen und Trauern sind in den LPBZ Teil des Lebens wie anderswo auch. Unsere Mitarbeiter haben ein feines Sensorium dafür, wie sich jemand rund um den Tod eines nahe stehenden Mitbewohners fühlt“, sagt LPBZ-Geschäftsführerin Priv.-Doz. Anna Maria Dieplinger.
„Menschen mit psychischen Erkrankungen trauern genauso unterschiedlich wie Menschen ohne psychische Erkrankung, nämlich von intensiv bis gar nicht, wenn jemand aus dem Umfeld verstirbt“, sagt Pflegedirektorin Nicole Lengauer aus dem LPBZ Schloss Haus in Wartberg ob der Aist.
In Einzelfällen kommt es vor, dass ob des Todes eines Bewohners bei dem einen oder anderen Hinterbliebenen kein vollumfängliches Begreifen gegeben ist. Das kann dann der Fall sein, wenn jemand sehr schnell vergisst, eben auch dahingehend, dass ein Mitbewohner verstorben ist.
Je länger Bewohner einander gekannt haben, je intensiver der Bezug zueinander war, umso stärker ist meist die Trauer ausgeprägt. Diese Bewohner brauchen in der Folge viele Gespräche und Trost von den betreuenden Mitarbeitern.
„Meist gibt es eine Bezugsperson, mit der die Bewohner darüber sprechen. Manchmal auch mit mehreren. Wenn man merkt, dass die Trauer belastet, der oder die aber nicht darüber spricht, wird Kontakt gesucht. Es wird gefragt, ob man darüber sprechen oder auch einfach nur in den Arm genommen werden will. Auch ein Erinnern an lustige Begebenheiten mit dem Verstorbenen kann erleichternd wirken. Zudem wird die Seelsorge hinzugezogen“, berichtet Pflegedirektorin Lengauer von schweren Stunden.
Da die Bewohner teils wie in einer Familie leben, wird auch im Vorfeld darüber gesprochen, wenn es einem der Mitbewohner schon sehr schlecht geht. „Viele wollen dazu aber gar keine Details erfahren oder sich mit dem Thema gar nicht beschäftigen, da sie sich mit dem eigenen Sterben nicht auseinandersetzen wollen. Wir hatten aber auch schon Bewohner, die sich verabschieden wollten“, weiß Lengauer aus ihrer Erfahrung.
Unterstützung durch die Mitarbeiter
Auch im LPBZ Schloss Gschwendt in Neuhofen an der Krems finden die meisten Bewohner, die ihre Trauer und Betroffenheit ausdrücken wollen, Unterstützung bei den Mitarbeitern ihres Wohnbereichs. „Unsere Betreuer hören den Trauernden aktiv zu und geben ihnen die Möglichkeit, ihre Emotionen auszudrücken“ berichtet Simone Wurm, die Leiterin der Tagesstruktur im LPBZ Schloss Gschwendt.
„Bedingt durch die verschiedenen Trauerphasen, dazu zählen etwa die Verdrängung des Todes eines Nahestehenden oder die Wut darüber und zum Ende die Akzeptanz desselben, können auch die Emotionen und Reaktionen unterschiedlich ausfallen. Im LPBZ Schloss Gschwendt wurde daher vor mehreren Jahren ein Schulprojekt namens ‚Trauerkoffer‘ umgesetzt. Unsere Bewohner finden in diesem Koffer diverse Hilfsmittel vor – Kerzen, Stoffpuppen, Ausdruckskärtchen mit diversen Mimiken, Gebete usw. -, mit denen sie ihre Trauer auch ohne Worte ausdrücken können. Auch die Verabschiedung in unserer hauseigenen Kapelle, bietet einen geschützten Rahmen, wo sie sich ohne Worte verabschieden und trauern können“, so Wurm.
„Stirbt einer dieser Freunde, ist für den, der überbleibt, der Halt der Mitbewohner wichtig. Diesen Halt in verbalisierter Form zu hören, ist ein wesentliches Element, um dem Trauernden das Gefühl von Sicherheit und Verständnis zu geben“ weiß Wurm.
„Zeitnahe nach dem Tod eines Bewohners laden wir Mitbewohner und Mitarbeiter zu einer Andacht in die Hauskapelle ein. Gibt es noch Angehörige, laden wir auch sie ein“, erzählt Beatrix Mitterhauser, stv. Leiterin des psychosozialen Dienstes im LPBZ Christkindl in Garsten.
Begleitung zum Begräbnis
„Ist das Begräbnis im ursprünglichen Heimatort des Verstorbenen und sind Mitbewohner eingeladen, nehmen jene mit dem engsten Bezug zum Verstorbenen – so es ihre psychische Verfassung und ein möglicher zusätzlicher Pflegebedarf erlauben – gemeinsam mit einem Mitarbeiter am Begräbnis teil“, sagt Mitterhauser. Und jährlich rund um Allerheiligen findet in der Hauskapelle ein Gedenkgottesdienst für alle im abgelaufenen Jahr verstorbenen Christkindl-Bewohner statt.
In allen LPBZ wird nach dem Tod eines Bewohners ein Bild zum Andenken an den Verstorbenen aufgestellt und in Gedenkfeiern an ihn erinnert. Auch gibt es Erinnerungsbücher, in denen mit kurzen Worten der Bewohner beschrieben wird. Ebenfalls gibt es die Möglichkeit den Facharzt des Hauses, um ein Gespräch zu bitten, um mit einer außenstehenden Person über den Verlust zu sprechen.
„Der Vorteil der Gemeinschaft in einem LPBZ ist, dass niemand alleine ist, dass immer jemand da ist, wenn jemand gebraucht wird, engmaschige Gespräche möglich sind oder es verstärkte therapeutische Zuwendung gibt, wenn dies nötig ist. Damit können Krisen abgefangen werden, und Trauer ist leichter bewältigbar als wäre jemand mit psychischer Erkrankung irgendwo alleine“, zeigt Dieplinger die Stärken dieser aktiv betreuten Gemeinschaften auf.